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Laplacescher Dämon


Philosophie


Basiswissen


Der Laplace-Dämon kennt alle Gesetze der Weltmechanik und er kennt detailliert den jetzigen Zustand der Welt. Damit kann er theoretisch beliebig weit in die Zukunft und beliebig weit in die Vergangenheit blicken. Die Metapher ist ein Klassiker deterministischer Weltsichten.

Wer dachte sich den Dämon aus?


Der Name des Mathematikers Pierre Simon Laplace ist aus der Schulmathematik bekannt. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Er lebte zur Zeit der Französischen Revolution und Napoleons. Laplace ersann die Metapher eines allwissenden Dämons. Siehe auch unter => Pierre-Simon Laplace

Was ist Determinismus?


Wenn alles in der Welt nach festen deterministischen Gesetzen abläuft, dann wären Vergangenheit und Zukunft ganz und gar festgelegt und vorherbestimmt. Ein ausreichend schlauer Dämon könnte dann theoretisch den ganzen Weltablauf berechnen. Heute würde man statt von einem Dämon eher von einem Superrechner sprechen. Diese Weltsicht nennt man auch => Determinismus

Zu welcher Zeit wirkte der Gedanken?


Im 19ten und 20ten Jahrhundert galt der Determinismus fast als sichere Weltanschauung. Freier Wille, religiöse Vorstellungen und Ideen des Geistartigen gerieten unter Druck. Der Determinismus schlug sich in oft pessimistischer Weise in der Literatur nieder. Beispielhaft genannt sei der Autor => H. P. Lovecraft

Wie sieht man den Satz heute?


Aus vielen Gründen sind Zweifel an dem Satz berechtigt. Vor allem aus der Physik, die ursprünglich Anlass zur Metapher gab, mehrten sich Probleme mit zentralen Begriffen wie Materie, Kausalität, Berechnbarkeit und Messbarkeit. Moderne fundamentale Naturgesetze haben meist die Form eines Wahrscheinlichkeitsgesetzes. Lies mehr dazu unter => Naturgesetz

Ist Determiniertheit dasselbe wie Berechenbarkeit?


Nein. Ein Prozess kann strikt determiniert sein ohne dass man ihn aber abkürzend mit Formeln vorausberechnen kann. Ein - von vielen - Beispielen dafür ist die Entwicklung sogenannter Zellularautomaten. Laplace hat den Unterschiede in seiner Metapher nicht ausgearbeitet. Sehr deutlich herausgearbeitet hat diesen Unterschied der englische Mathematiker Sir Roger Penrose in seinem Buch => Computerdenken

Was bedeutet der Laplace-Dämon für die Weltgeschichte?


Wäre der Laplace-Dämon eine auf die Wirklichkeit zutreffende Beschreibung, dann wäre unser Freier Wille eine Illusion und die Weltgeschichte ein starr ablaufender Prozess ohne alternative Verläufe. Bemerkenswerterweise wirkte zur Zeit von Laplace auch der deutsche Denker Karl Marx. Marx ging tatsächlich von einem festgelegten gesetzmäßigen Verlauf der Geschichte aus. Demnach strebt die Geschichte Zwangsläufig einem Endzustand des Kommunismus zu. Auch wenn vielleicht die Zwischenschritte durch Menschen verändert werden können, ist der Endzustand doch vorgezeichnet. Siehe auch => causa finalis

Wie lautet das Originalzitat auf Deutsch?


"Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen. Nichts wäre für sie ungewiss, Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen."

Das Originalzitat auf Französisch


"Une intelligence qui, à un instant donné, connaîtrait toutes les forces dont la nature est animée et la situation respective des êtres qui la composent, si d’ailleurs elle était suffisamment vaste pour soumettre ces données à l’analyse, embrasserait dans la même formule les mouvements des plus grands corps de l’univers et ceux du plus léger atome ; rien ne serait incertain pour elle, et l’avenir, comme le passé, serait présent à ses yeux."

Quelle


◦ [1] Das Originalzitat ist zitiert nach "Oskar Höfling: Physik. Band II Teil 1, Mechanik, Wärme. 15. Auflage. Ferd. Dümmlers Verlag, Bonn 1994, ISBN 3-427-41145-1." Originalquelle: Essai philosophique sur les probabilites aus dem Jahr 1814.