Kausalkette
Physik
Definition
Ein Ereignis löst eindeutig ein Folgereignis aus. Dieses löst wieder eine eindeutige Folge aus und so weiter. Kennt man die Kausalgesetze, dann kann man aus dem ersten Ereignis alle weiteren Ereignisse vorhersagen (Laplacescher Dämon). Das ist hier kurz skizziert.
Ein klassisches Beispiel: das Zünden einer Sprengladung
Ein elektrischer Kondensator ist über Zündschnüre mit einer Zündladung verbunden, die wiederum in einer größeren Menge Sprengstoff liegt. Wird der Kondensator schlagartig entladen, fließt ein starker Strom durch die Kabel. Das hat zur Folge, dass in der Zündladung ein Draht extrem heiß wird. Das wiederum löst den Brand der Zündpatrone aus, die wiederum den Sprengstoff zur Zündung bringt. Diese Abfolge von Ursachen und Wirkungen ist ein typisches Beispiel für eine Kausalkette.
Das Problem des Lebendigen
Schon früh in der Philosophie wurde der Gedanke geäußert, dass der Mensch letztendlich nur eine Mechanik ist, die, einmal in Gang gesetzt, letztendlich wie ein mechanisches Spielzeug abläuft[1]. Sie besteht aus einer unübersichtlich großen Anzahl von Kausalketten, die aber letztendlich alle strikt deterministisch, das heißt vorherbestimmt ablaufen. Der Philosoph Arthur Schopenhauer brachte es knapp auf den Punkt mit seinem berühmten Satz: die Motivation ist die Kausalität von Innen. Dieser Vorstellung einer bloß mechanischen Ablaufens auch lebender Wesen steht aber entgegen, dass wir uns als frei handelnde Wesen empfinden, die einen wirksamen Willen haben. Das bis heute ungelöste Problem frei handelnder Wesen in einer strikt kausal gedachten Welt nennt man in der Philosophie auch das Geist-Materie-Problem ↗
Lebewesen als eine andere Art von Kausalkette?
Der deutsch-amerikanische Logiker Gotthard Günther (1900 bis 1984) entwickelte eine eigene Logik, die der Besonderheit lebender Wesen in Verbindung mit einer strikt gedachten Kausalität gerecht werden soll. Günther selbst schrieb dazu: „An dieser Stelle soll hervorgehoben werden, dass es eigentlich nicht richtig ist, von zwei Kausalketten zu sprechen – eine entsprungen im unbelebten Objekt und die andere im Lebendigen – und zwar deshalb, weil alle lebendigen Systeme ursprünglich aus eben der Umwelt aufgetaucht sind, von der sie sich dann selbst abgeschirmt haben. In der Tat gibt es nur eine Kausalkette, entsprungen aus und sich ausbreitend durch die Umwelt und zurückreflektiert in diese Umwelt durch das Medium des lebenden Systems. Das Gesetz der Determinierung drückt sich dabei jedoch in zwei unterschiedlichen Modalitäten aus. Wir müssen zwischen irreflexiver und reflexiver Kausalität unterscheiden. Damit meinen wir, dass die Kausalkette auf ihrem Weg durch ein lebendes System eine radikale Veränderung ihres Charakters erfährt.[3]“ Günther unterscheidet damit zwischen toter Materie und Leben ↗
Fußnoten
- [1] Julien Offray de la Mettrie: Die Maschine Mensch. 1748.
- [2] Arthur Schopenhauer: Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde. 1847.
- [3] Gotthard Günther: Erkennen und Wollen. Eine gekürzte Fassung von Cognition and Volition. Erstmals veröffentlicht in: Cybernetics Technique in Brain Research and the Educational Process. 1971 Fall Conference of American Society for Cybernetics, Washington D.C. Dt. Übersetzung durch die PKL-Group. Vollständige Fassung in Das Bewusstsein der Maschinen. AGIS, Baden-Baden 2002