A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω
Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Wellenwanne

Lehrmittel

Basiswissen


Eine Wellenwanne[1] (Englisch: ripple tank) ist eine flache meist rechteckige Wanne mit durschichtigem Boden. In der Physik wird sie benutzt, um typische Phänomene rund um Wasserwellen anschaulich zu machen. Hier stehen Tipps für einen Eigenbau sowie den Betrieb.

Wellenwannen kommerzieller Lehrmittel-Hersteller


Wellenwannen gehören zum Standardprogramm von Anbietern für Physik-Lehrmittel. Teure Modell kosten über 2000 Euro[1], billigere Modelle gibt es ab etwa 700 Euro[2]. Kurz aufgelistet sind hier einige Qualitätsmerkmale, nach denen sich die einzelnen Modelle unterscheiden können.


Vor allem die Verhinderung von Reflexionen von Wellen am Rand des Beckens bietet einen großen praktischen Vorteil. Die erzeugten Wellenmuster sind so besser in ihrer reinen Form ohne Überlagerung durch reflektierte Wellen zu erkennen.

Aufbau einer typischen Wellenwanne



Eine DIY-Wellenwanne (Lernwerkstatt)


Nicht immer ist es nötig, eine teure Wellenwanne zu kaufen. Viele der grundlegenden Phänomene lassen sich aber bereits gut mit etwas Baumarktmaterial (DIY = do it yourself) nachstellen und rechnerisch betrachten.



Das Video zeigt, wie man ein kleines Fenster als Wellenwanne verwenden kann. Viele Phänomene lassen sich so schon mit wenig Geld betrachten.

Der Erfolg hängt nicht von den exakten Maßen der Fenster-Wellenwanne ab. Aber die folgenden Angaben der von uns verwendeten Wanne zeigen beispielhaft, mit welchen Werten es funktionieren kann:


Das Abdichten der Wellenwanne


Ein ausrangiertes Glasfenster mit Rahme ist eine einfache und gleichzeitig auch große Wellenwanne. Sollte das Glas nicht dicht mit Rahmen verbunden sein, hat sich Silikon für's Bad als Dichtungsmittel für einen Holzrahmen bewährt. Das Silikon kann einfach mit einer Kartuschen-Presse aufgetragen werden. Weniger geeignet für einen Holzrahmen war hingegen eine Abdichtung mit einer Heißklebepistole und Schmelzklebstoff.

Das Aufbocken


Mit Hilfe von Konservendosen[7] kann die Fenster-Wanne aufgebockt werden. Das heißt, sie liegt dann waagrecht ausgerichtet in einer Höhe von wenigen Dezimetern parallel über einer Tischfläche. Mit Holzkeilen zwischen Fensterrahmen und oberster Dose kann die Wanne horizontal in die Waage gebracht werden. Die Holzkeile wirken also wie Nivellierfüße.

Das Wasser


Gute Ergebnisse lassen sich schon mit Wassertiefen von 3 bis 5 Millimetern erzeugen. Da die Oberflächenspannung des Wassers die Wellen mit beeinflusst, kann man einen Tropfen Spülmittel ins Wasser geben und damit die Oberflächenspannung herabsetzen. Hat man keinen Ablassschlauch, kann man das wenige Wasser später mit einem Schwamm oder Tuch aufsaugen und aus der Wanne entfernen.

Die Lichtquelle


Die Idee der Lichtquelle ist es, dass sie Schattenbilder der Wellenmuster entweder auf die Tischoberlfäche oder an die Decke des Raumes wirft. Im ersten Fall kommt die Lichtquelle von oberhalb des Wassers, im zweiten Fall von unterhalb. Sehr viel einfacher umzusetzen ist die Bauweise mit einer Lichtquelle von oben. Sehr scharfe Schatten ohne nennenswerte Größenverzerrung gibt die Sonne. Dazu nimmt man die Wellenwanne am besten bei einem sehr hohen Sonnenstand in Betrieb. In Innenräumen kann man künstliche Lichtquellen verwenden:


Die Erzeugung von Wellen


Die Wellen können mit Fingern (Kreiswellen), quergelegten Holzstäben (Wellenfront) oder auch durch Rütteln und Klopfen am Rahmen (Clapotis) erzeugt werden.

Auch ohne elektronisch einstellbare Frequenz kann man Effekte wie Reflexion, Beugung, Brechung, die Messung der Wellengeschwindigkeit und manche Formen von Interferenz gut sichtbar machen. Schwer sichtbar zu machen ist das typische Interferenzmuster bei einem Doppelspaltexperiment.

Ein Absorptionsrand


Manche Anbieter[2] kommerzieller Wellenwannen bieten Ränder an, an denen die Wellen weitgehend absorbiert werden. Damit werden die Reflexionen an den Rändern unterdrückt. Für selbst gebaute Wellenwannen wird sogenannter retikulierter Schaumstoff empfohlen. Bei diesem porösen Schaumstoff sind die Hohlräume untereinander verbunden.[9] Auch bei vielen Meter großen Wellenbecken zu Forschungszwecken scheint die Verhinderung ungewollter Reflexion ein wichtiges Thema zu sein.[10][11][12]

Tipps zum Betrieb



Typische Phänomene


Mit einer Wellenwanne können viele klassische Phänomene von Wasserwellen bequem beobachtet werden. Dieselben Phänomene spielen unter anderem auch in der sogenannten Wellenoptik eine Rolle. Deshalb wird die Wellenwanne oft auch zusammen mit de Optik genutzt. Hier stehen einige Beispiele.

Ungestörte Überlagerung


Als ungestörte Überlagerung oder Superposition bezeichnet man die Addition sich gegenseitig durchdringender Wellen dann, wenn sich dabei die momentanen Höhen und Tiefen der Wellen mathematisch exakt addieren und damit die Höhe oder Tiefe der aus beiden Ursprungswellen entstandenen neuen Welle ergeben. Nachdem sich beide Wellen durchdrungen haben, sieht jede der Wellen wieder genauso aus wie vorher. Es gibt keine Änderung der Wellenform oder der Wellengeschwindigkeit. Bei flachen langsamen Wellen trifft die Annahme einer ungestörten Überlagerung oft gut zu. Siehe mehr unter ungestörte Überlagerung ↗

Dämpfung von Wasserwellen


Eine einmal ausgesendete Welle wird sich im Laufe der Zeit mehr oder minder schnell abschwächen. Spätestens nach zwei oder drei Reflexionen sieht man auch bei guter Beleuchtung keinen Wellenschatten mehr. Diesen Effekt bezeichnet man als Dämpfung. Man kann nun verschiedene Einflussgrößen auf die Dämpfung untersuchen:


Ein interessantes Stichwort in diesem Zusammenhang ist der Begriff der Viskosität oder Zähigkeit.[23] Honig ist zäher als Wasser und Wasser ist Zäher als zum Beispiel Spiritus. Man könnte vermuten, dass zähere Flüssigkeiten stärker gedämpft werden als weniger zähe. Siehe zu diesem Gedanken auch das Becher-Schüttel-Experiment [zur Viskosität] ↗

Reflexion von Wasserwellen


Man tippt mit dem Finger irgendwo einige Zentimeter entfernt vom Rand der Wanne kurz ins Wasser. Man kann dann sehen, wie die Wellen am Rand der Wanne zurückgeworfen, das heißt reflektiert werden.



Das Video zeigt, wie eine gerade Wellenfront unter Beibehaltung des Reflexionsgesetzes an einer Seite der Wellenwanne zurückgeworfen wird.

Bei der Reflexion folgen die Wellen dem Gesetz Einfallswinkel-gleich-Ausfallswinkel, dem Reflexionsgesetz. Das Verhalten kann unter anderem mit dem Huygensschen Prinzip erklärt werden. Siehe mehr unter Wellenwanne (Reflexionsgesetz) ↗

Absorption von Wellen


Kann man einen Rand der Wellenwanne so gestalten, dass die Wellen dort deutlich schwächer oder gar nicht mehr sichtbar geschluckt, das heißt absorbiert werden? Das ist tatsächlich gar nicht so einfach[9]. Für industrielle oder wissenschaftliche Wellenbecken mit vielen Metern Größe ist das ein wichtiges Thema[10][11][12]. Vorschläge dazu sind die Verwendung von offenzelligem Schaum[9] oder Glaswolle. Eine wichtige Rolle soll auch die Neigung des Wannenrandes spielen.[10] Die Grundidee ist es, das Wasser verzögert festzuahlten (etwa in den Poren von Stoffen) und anschließend nur langsam wieder freizugeben. Eine andere Sicht ist es, die Energie der Wellen in einem Stoff in Reibung zu verwandeln. Siehe auch Absorption ↗

Wellengeschwindigkeit


Die Geschwindigkeit c von Wasserwellen hängt unter anderem von der Tiefe des Wassers ab. Legt man ein Lineal in die Wanne und lässt dann eine Welle parallel zum Lineal entlang laufen, kann man sehr gut die Geschwindigkeit messen.[17]

Bei einer Wassertiefe von vielleicht 3 bis 5 Millimetern kamen wir in ersten groben Abschätzungen auf vielleicht 15 bis 20 cm/s. Je flacher das Wasser ist, desto langsamer werden die Wellen. Man kann die Wellenwanne mit Holzkeilen (Nivellierfüße) so schräg stellen, dass sich die Wassertiefe in Wellenrichtung verändert. Oder man legt dünne Glasplatten in die Wellenwanne und ändert so künstlich die Wassertiefe. Siehe mehr unter Wellengeschwindigkeit ↗

Beugung von Wasserwellen


Beugung heißt für Wasserwellen, dass sie in Gebiete hinein wandern, die an sich in einem geometrischen Schatten liegen müssten. So können Wasserwellen problemlos um kleine Zylinder herumwandern, die man in das Wasser stellt. Schon wenige Zentimeter nach dem Durchlauf um einen Zylinder sieht die Wellenfront so aus wie vorher. Ein anderes Beispiel zeigt ein Einzelspalt. Man legt eine durchgehende Wand als Hindernis in den Weg der Welle. Dann schafft man eine wenige Zentimeter große Öffnung. Die Welle wird durch diese Öffnung hindurch gehen und den gesamten Raum jenseits der Wand durchwandern. Sie scheint nach der Öffnung also auch einen rechten Winkel zu machen. Ein Lichtstrahl würde das nicht tun. Siehe mehr unter Beugung von Wasserwellen ↗

Brechung von Wasserwellen


Als Brechung bezeichnet man die Richtungsänderung einer Welle infolge einer geänderten Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit von Wasserwellen kann unter anderem durch die Änderung der Wassertiefe beeinflusst werden. Je flacher das Wasser, desto langsamer die Wellen. Ideal für einen Wellentank sind dünne Glasscheiben, die man auf den Wannenboden legt. Siehe mehr unter Brechung (Physik) ↗

Interferenz von Wasserwellen


Als Interferenz bezeichnet man die Überlagerung einer Welle mit sich selbst oder mit anderen Wellen. Dabei können charakteristische Muster, die sogenannten Interferenzmuster entstehen. Erzeugt man mit einem langen geraden Stab und mit möglichst konstanter Frequenz mehrere lange Wellenfronten, so interferieren die reflektierten Wellenfronten mit den Fronten aus der ursprünglichen Richtung. Daraus können stehende Wellen[13] oder auch eine sogenannte Clapotis[14] entstehen. Auch mit Hilfe von einem Doppelspalt kann man ein klassisches Interferenzmuster erzeugen.[15]

Doppler-Effekt


Den aktustischen Doppler-Effekt[20] kennt man von Fahrzeugen mit Sirenen: kommt ein solche Fahrzeug auf einen zu, erscheint der Sirenton hoch, entfernt sich das Fahrzeug von uns, klingt der Ton tiefer. Die Ursache dafür ist, dass die empfundene Tonhöhe davon abhängt, wie viele Wellenberge oder Wellentäler pro Sekunde das Ohr erreichen, mit welcher Frequenz die Schwingungen also auf unser Ohr treffen. Das kann man in einer Wellenwanne in zwei Varianten gut nachvollziehen.

Doppler-Effekt I

Die Wellenquelle bewegt sich: man tippt mit den linken Zeigefinger mit gleichmäßigem Rhythmus in das Wasser in der Mitte der Wellenwanne. Am rechten Rand der Wanne hält man den rechten Zeigefinger still ins Wasser. Am rechten Zeigefinger zählt man dann, wie viele Wellenberge in zum Beispiel 5 Sekunden ankommen. Dann bewegt man den linken Finger mit demselben Tipp-Rhythmus wie zuvor auf den rechten Zeigefinger zu. Jetzt kommen auch die Wellenberge schneller hintereinander am rechten Finger an. Das entspräche einer Sirene, die auf einen zukommt. Bewegt man den linken Zeigefinger aber weg vom rechten Zeigefinger, kommen die Wellen am rechten Zeigefinger mit größeren Zwischenzeiträumen nacheinander an. Bei einer Schallquelle wäre der gehörte Ton jetzt höher.

Doppler-Effekt II

Der Beobachter bewegt sich: man tippt mit dem linken Zeigefinger mit gleichmäßigem Rhythmus am linken Rand der Wanne ins Wasser. Den rechten Zeigefinger bewegt man knapp über der Wasseroberfläche langsam von rechts nach links auf den linken Finger zu. Dabei wird der rechte Finger sehr schnell sehr viele Wellenberge überfliegen. Das entspräche einer hohen Frequenz. Bewegt sich der Finger dann aber mit einer ähnlichen Geschwindigkeit, wie sich auch die Wellen haben, vom linken Finger weg, so nimmt die Anzahl der überflogenen Wellenbergeb. Bei Schall wäre der gehörte Ton jetzt tiefer.

Clapotis


Als Clapotis bezeichnet man typische Muster von mehr oder minder stark erregten stehenden Wellen, oft in Hafenbecken. Man erkennt mit dem Auge keine sich im Wasser fortpflanzenden Wellen sondern nur ein Muster aus hoch und runter schwappenden Stellen im Wasser.

Bei größerer Erregeung spritzen dabei auch Wassertropfen in die Höhe. In einer Wellenwanne kann man eine Clapotis mit wenig Übung dadurch erzeugen, dass man rhythmisch an einer Stelle des Rahmen rüttelt oder leicht darauf schlägt. In Filmaufnahmen in Zeitlupe sieht man, wie sich dabei der ganze Rahmen etwas verbiegt und so selbst in Schwingung gerät. Siehe auch Clapotis ↗

Impaktwelle


Als Impaktwelle bezeichnet man Wellen, die als Folge eine Aufpralls eine Körpers mit großer Geschwindigkeit auf einen anderen Körper entstehen. Typische Beispiele sind verheerende Flutwellen oder Erdbebenwellen nach dem Aufschlag eines Asteroiden auf die Erde. Aber auch das Auftreffen von Wassertropfen auf Wasseroberflächen wird als Impakt bezeichnet.[21] Dabei entstehen oft mehrere konzentrische Wellenfronten, die sich als Wellenzug ausbreiten. Die Wellenwanne ist zur Nachstellung dieses Effektes aber wegen der üblicherweise geringen Wassertiefe nur bedingt geeignet. Man muss unterscheiden, ob ein aufschlagender Tropfen eine längere Strecke in das Wasser eindringen kann oder nach schon 5 Millimetern auf den festen Boden trifft. Siehe mehr unter Impaktwelle ↗

Die Lichtschatten


Beleuchtet man die Wellen auf der Wasseroberfläche und fällt das Licht dann auf eine Projektionsfläche wie einen Tisch oder die Zimmerdecke so sieht man ein optisches Abbild des Wellenmusters. Auffällig ist dabei, die Wellenfront nicht nur dunkle Schattenstreifen[18] erzeugen sondern auch dazu parallele sehr helle Streifen. Diesen Effekt kann man bei Sonnenschein auch in flachen Tümpeln oder klaren tiefen Meeresstellen beobachten.[19] Die hellen Streifen entstehen dadurch, dass die Wellenberge wie Sammellinsen wirken. Sie bündeln das einfallende Licht auf einen engeren Bereich, der dann heller erscheint. Die physikalische Ursache dafür wiederum ist die Brechung (Physik) ↗

Vergrößerung und Strahlensatz


Je nach Abstand der Lichtquelle zur Wasseroberfläche und des Abstandes der Wasseroberfläche zur Projektionsfläche (Tisch, Zimmerdecke) kommt es zu einer mehr oder minder starken optischen Vergrößerung der Wellenmuster. Den genauen Betrag der Vergrößerung kann man mit Hilfe des Strahlensatzes ausrechnen. Das wird zum Beispiel bei der Messung der Geschwindigkeit von Wellen interessant, wenn man die zurückgelegte Strecke nicht im Wasser sondern auf der Projektionsfläche misst. Siehe auch Strahlensatz ↗

Fußnoten