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Neuronale Organisation


Unternehmen


Definition


Unternehmen, Behörden, Militär: als neuronal wird hier eine Organisation verstanden, in der Mechanismen und Strukturen neuronalen Lernens im Sinne künstlicher neuronaler Netze oder biologischer Nervenstrukturen und/oder Gehirne wirksam sind. Dabei dürfen nicht nur oberflächlich einige Analogien vorhanden sein. Vor allem kommt es darauf an, dass sich die Strukturen automatisch am Grad der Zielerfüllung gemessen optimieren.

Einführung


Organisationen müssen einen bestimmten Zweck erfüllen. Wie gut der Zweck erfüllt wird, hängt unter anderem ab von der Qualität der Informationsverarbeitung. Die Informationsverarbeitung wird dabei oft arbeitsteilig von mehreren Untereinheiten der Organisation durchgeführt. Die Gesamtqualität hängt dann von zwei Aspekten der internen Informationsverarbeitung ab: a) von welcher Qualität ist die Informationsverarbeitung einer einzelnen Unterheinheit und b) wie wird geregelt, welche Untereinheit wann welche Information erhält. Wenn dieser zweite Aspekt, die Steuerung interner Informationsflüsse, im zeitlichen Mittel durch eine Rückkopplung mit dem Grad der Zielerfüllung optimiert wird, soll hier von einer neuronalen Organisation gesprochen werden.

Ideengeschichtlicher Hintergrund


Seit den frühen 1980er Jahren wurde das entstehende weltweite Computernetzwerk, später Internet genannt, mit neuronalen Netzen verglichen. Man spricht heute von der Global Brain Metapher. Meist reichte die Analogie aber kaum über den Befund hinaus, dass sowohl in menschlichen Kommunikationsnetzen als auch im Gehirn viele Zellen beziehungsweise Menschen mit einer großen Anzahl von Kommunikationskanälen untereinander verbunden. Um von einer neuronalen Organisation - auf weltweiter Ebene einem Global Brain - sprechen zu können, sollte die Modellbildung aber detaillierter sein und möglichst auch empirisch überprüfbar gemacht werden. Siehe als ein Beispiel Kybiont ↗

Analogie Evolution als treibende Kraft?


Wale, Pinguine und Fische habe sehr unterschiedliche Vorfahren. Trotzdem haben sie alle drei sehr ähnliche stromlienförmige Körper ausgebildet. Der Grund war ein ständiger darwinistischer Selektionsdruck hin zu Körpern, die im Wasser auch bei hohen Geschwindigkeiten wenig Widerstand bieten. Nur so können die Tiere Beute fangen ohne zur Beute für noch größere Jäger zu werden. Wenn durch die Kräfte der Selektion ursprünglich ganz verschiedenen Vorfahren ähnliche Merkmale ausbilden spricht man von einer analogen Evolution. Nun wirken zum Beispiel auch auf Unternehmen einerseits und höher entwickelte Tiere mit Gehirnen andererseits sehr ähnliche Selektionsdrücke: beide müssen aus einer große Menge einlaufender Sinnesdaten die momentan relevanten herausfiltern, also ihre Aufmerksamkeit steuern. Beide müssen Erinnerungen ablegen, abrufen und gegebenfalls auch wieder löschen könnne. Und beide müssen aus Erfahrungen lernen können. Man kann vermuten, dass diese sehr ähnlichen Anforderungen auch ähnliche Lösungen hervorbringt. Das ist die Kernidee dazu, menschgemachte Organisationen in Analogie zu neuronalen Strukturen von Tieren zu betrachten[6]. Siehe auch Analogie (Biologie) ↗

Modelle aus der Biologie und Software


Ein Neuron ist eine Nervenzelle. Neuronen können über Axone, Dendriten und Synapsen sowie auch Hormone Signale untereinander austauschen. In biologischen Organismen sind Neuronen oft so verschaltet, dass sie als Kollektiv lernen können. Es sind viele mögliche Mechanismen auf zellulärer und molekularer Ebene bekannt, die theoretisch zu Lerneffekten führen können. Welche Bedeutung diese Mechanismen aber tatsächlich in biologischen Systemen haben, ist weitgehend unklar. Anders sieht es mit der Abstraktion dieser Mechanismen in Softwaremodellen aus: schon vergleichsweise leicht programmierbare Routinen können bereits praktische Probleme lösen. Neben Lernalgorithmen wird an künstlichen neuronalen Netzen auch deren Architektur untersucht. Architektur heißt hier, in welcher Art die Neuronen miteinander verbunden werden und in welche Richtungen die Signale fließen. Hier soll die Idee skizziert werden, bekannte Mechanismen von künstlichen neuronalen Netzen gezielt auf menschliche Organisation zu übertragen und empirisch testbar zu machen. Siehe auch neuronales Netz ↗

Neuronal-organisationales Neuron


Als organisationales Neuron wird hier eine Funktion verstanden, die aus verschiedenen zufließenden Signalen oder Informationen, dem Input, einziges ausgehendes Signal oder Informationspaket, den Output macht. Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Neuron auf einen bestimmten Signal- oder Informationseingang hin als Reaktion einen Output erzeugt oder die Intensität des Ausgangs kann während des Lernvorganges kontrolliert verändert werden. Ein Zahlenwert, der diese Wahrscheinlichkeit verändern kann und während des Lernvorganges veränderbar ist heißt hier neuronaler Bias. Innerhalb einer realen Organisation kann ein solches Neuron ein kommunizierender Mensch, eine Software, eine Hardwarekomponente oder jede Kombination von diesen sein. Jedes Neuron hat als Ausgang für den Output genau ein Axon. Mehr unter neuronal-organisationales Neuron ↗

Neuronal-organisationales Axon


Das Axon ist der Ausgang eines Neurons: eine Neuron kann Signale oder Information ausschließlich über ein Axon versenden. Jedes Neuron hat genau ein Axon. Dieses Axon kann sich außerhalb des Neurons in beliebig viele Zweige, die sogenannten Dendriten, aufteilen. Jedes von Senden Neuron wegweisende Endstück eines Axons heißt hier Dendrit. Ein Lautsprecher oder eine E-Mail-Verteiler wäre ein Axon in diesem Sinne. Siehe auch neuronal-organisationales Neuron ↗

Neuronal-organisationale Synapse


Jede potentiell signal- oder informationsleitende Verbindung zwischen einem Dendriten (Endteil eines Axons) und einem Neuron heißt hier Synapse. Die Durchlässigkeit einer Synapse für Signale oder Informationen kann während des Lernvorganges eines neuronalen Netzes kontrolliert verändert werden. Die Zahl, die diese Durchlässigkeit kodiert heißt hier synaptische Wichtung. Ein Kommunikationskanal für E-Mails auf den ein Filter angewandt werden kann wäre ein Beispiel für eine organisationale Synapse. Mehr unter neuronal-organisationale Synapse ↗

Neuronal-organisationale Aufgabe


Die neuronale Organisation benötigt Aufgabenstellungen, die wiederholt als Input gegeben werden können. Wie gut eine Aufgabenstellung erfüllt wurde muss als reelle Zahl angegeben werden können. Dieser Erfüllungsgrad muss statistisch gesprochen mindestens intervallskaliert sein: zwischen verschiedenen Zahlen muss sinnvoll ein Abstand definiert sein. Die Aufgabenstellung können immer gleich sein, idealerweise erfolgen sie aber mit leichten Variationen. Die Variationen müssen schwach genug sein, dass eine statisische Korrelation zwischen dem Grad der Erfüllung einerseits und den synaptischen Wichtungen sowie dem neuronalen Bias andererseits erkannt werden kann. Mehr unter neuronal-organisationale Aufgabe ↗

Neuronal-organisationaler Input


Eine dauerhaft festgelegte Gruppe von Neuronen kann über definierte Synapsen Signale oder Informationen zugespielt bekommen. Das ist der neuronale Input. Der Input kann ein beliebiges Datenformat haben: Bilder, Texte, Zahlen, Filme etc. Für diesen Input wird von der Gesamtheit des Netzes ein Output erzeugt. Mehr unter neuronal-organisationaler Input ↗

Neuronal-organisationaler Output


Der neuronale Output besteht aus Signalen oder Informationen die von einer bestimmten Gruppe von Neuronen über ihre Axone abgegeben werden. Der Output kann wie der Input ein beliebiges Datenformat haben. Dem Output als Ganzem muss eindeutig eine Zahl zwischen 0 und 1 als Grad der Erfüllung der Aufgabenstellung zugeordnet werden können. Mehr unter neuronal-organisationaler Output ↗

Neuronal-organisationale Backpropagation


Nach jeder Bearbeitung einer konkreten Aufgabe wird der Erfüllungsgrad als Zahlenwert zwischen 0 und 1 gemessen. Nach einer festen funktionalen Vorschrift legt dieser Erfüllungsgrad für jede einzelne Synapse die Wichtungen für den nächsten Durchgang einer Aufgabenerfüllt fest. Genauso wird auch der neuronale Bias für den nächsten Durchgang festgelegt. Ein Algorithmus (von mehreren möglichen), der die Wichtungen und den Bias bestimmt, heißt bei künstlichen neuronalen Backpropagation. Ein entsprechender Algorithmus muss dann auch für eine reale neuronale Organisation implementiert werden. Mehr unter neuronal-organisationale Backpropagation ↗

Neuronal-organisationale Aufmerksamkeit


Bei individuellen Menschen spricht man in einem psychologischen Sinn von Fokussierung, Aufmerksamkeit oder Konzentration. Es macht Sinn, dass ein Mensch beim Nachdenken über ein geometrisches Problem verschiedene Gehirnkapazitäten auf dieses eine Problem hin bündelt. In ähnlicher Weise kann es auch für Organisationen sinnvoll sein, ihre Aufmerksamkeit zeitlich zu bündeln. Mehr dazu unter neuronal-organisationale Aufmerksamkeit ↗

Neuronal-organisationale Kommunikationsstruktur


Die Kommunikationsstruktur größerer Organisationen folgt oft dem Prinzip, dass innerhalb einer Abteilung sehr viel interne Kommunikation stattfindet, die Kommunikation zwischen den Abteilungen aber sehr eng gefiltert über nur sehr wenige Kanäle, oft die Abteilungsleiter. Eine äußerlich sehr ähnliche Struktur findet man auch im Kortex von menschlichen Gehirnen. Mehr dazu unter neuronal-organisationale Kommunikationsstruktur ↗

Fußnoten