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Neuronal-organisationale Synapse


Modellbildung


Basiswissen


Eine reale Organisation aus Menschen und Technik soll mit Hilfe von Methoden künstlicher neuronaler Netze leistungsfähiger gemacht werden. Dazu wird hier die Idee kurz vorgestellt, dass man auch für menschliche Organisationen eine Synapse mit Plastizität modellieren kann.

Synapsen im Netzwerk der Neuronen


Synapsen nennt man die Kontaktstellen zwischen zwei Neuronen, das heißt Nervenzellen. Jedes einzelne Neuron einer Gehirnzelle hat in der Regel eine sehr große Anzahl von Synapsen, über die Signale von anderen Neuronen kommen. Biologische Neuronen verarbeiten diese eingehenden Signale dann und verdichten sie zu einem einzigen ausgehenden Signal, einem elektrischen Impuls. Bemerkenswert ist hier, dass ein ähnlicher Arbeitsmodus auch auf viele Büroarbeiter zutrifft. Dieser Impuls verlässt das Neuron über eine einzige dicke Nervenbahn, das Axon. Das Axon kann sich dann beliebig verzweigen und das Signal an andere Neuronen verteilen. Am Ende der verzweigten Axoneendigungen befinden sich dann wiederzum Synapsen als Kontaktstellen zu den Zielneuronen. Diese grundsätzliche Architektur passt sowohl auf biologische Nervennetze wie auch ein künstliches neuronales Netz. Dass ein ähnlicher Arbeitsmodus auch auf zum Beispiel Büroarbeiter in einem Unternehmen passen kann ist weiter ausgeführt im Artikel neuronal-organisationales Neuron ↗

Die Funktion einer Synapse: Signalkanäle wichten


In künstlichen neuronalen Netzen ganz sicher und in biologischen Nervennetzen möglicherweise: an den Synapsen finden Prozesse statt, die über längere Zeiten die Wahrscheinlichkeiten einzelner eingehender Signalkanäle ändern, dass ein ankommendes Signal auch an das Zielneuron übergeben wird. Diese Veränderung findet für jede Synapse einzeln statt sodass es letztendlich zu einer sich ständig ändernden Wichtung einzelner Eingangskanäle im Vergleich mit anderen Eingangskanälen kommt. In künstlichen neuronalen Netzen wird diese Wichtung kontrolliert von Lernalgorithmen, zum Beispiel einem als Backpropagation bezeichneten Verfahren. Darüber werden langfristig solche Informationskanäle stärker gewichtet, die auch stärker zu guten Lösungen einer Aufgabe beigetragen haben. Umgekehrt werden Kanäle mit einem schlechten Einfluss auf ein Ergebnis in der Wichtung heruntergestuft. Von grundlegender Bedeutung für das Funktionieren eines solchen Prozesses ist es, dass eine mathematische Verbindung hergestellt werden kann zwischen der Güte einer Aufgabenerfüllung und dem Einfluss eines einzelnen eingehenden Informationskanals auf dieses Ergebnis. Siehe mehr dazu unter Backpropagation ↗

Analogien zu synaptischen Strukturen in Organisationen


Um nun diese wichtende Funktion der Synapsen von biologischen oder künstlichen neuronalen Netzen zu übertragen auf menschliche Organisationen wie Unternehmen, Behörden oder Militärstrukturen muss man zunächst die Analogien für Neuronen, eingehende Signalkanäle (Dendriten) und ausgehende Signalkanäle (Axone) festlegen. Als typisches Neuron kann man zum Beispiel eine Büroarbeiterin wählen. Eingehende Signalkanäle sind dann zum Beispiel Emails, Gespräche mit anderen Personen, Fachzeitschriften, verschiedene Internetseiten, Sitzungen, Vermerke, Briefsendungen, soziale Medien und vieles mehr. Ausganskanäle können im Prinzip dieselben Kommunikationsmittel sein. Als Synapse kann man dann jede Stelle definieren, an denen eingehende Signale oder Informationen in die Nähe der Wahrnehmung der Büromitarbeiterin kommen, ohne aber dass die Inhalte tatsächliche die Aufmerksamkeit der Büroarbeiterin in Anspruch nehmen. Beispiele sind:


Die Wichtung von Synapsen in einem Büro


Die Synapsen sind also immer wieder benutzte Endpunkte von eingehenden Informationskanälen. Eine Wichtung kann zum Beispiel dadurch stattfinden, dass man die Informationen näher an der eigenen Aufmerksamkeit, das heißt leichter erreichbar platziert: ein Zettel, der alleine auf einem fast leeren Tisch liegt hat eine größere Wahrscheinlichkeit, gelesen zu werden, als ein Zettel mitten in einem hohen Stapel unerledigter Aufgaben. Legt man sich einen neu eingetroffenen Brief bereits geöffnet auf die Computertastatur hat diese Synapse eine sehr hohe Wichtung. Verschiebt man den Brief dann aber ungelesen in einen Eingangskorb mit vielen anderen Briefen, wird die Wichtung dadurch deutlich herabgesetzt. Hier stehen einige weitere Beispiele für eine synaptische Wichtung eingehender Informationen:


Wichtung über Gleichtaktung


Wenn die Leitung einer Abteilung die Einführung eines neuen Computersystems aktiv diskutiert, wird ein schriftlicher Vermerk eines Mitarbeiters der IT-Abteilung wahrscheinlich sehr viel stärker wahrgenommen werden als zu anderen Zeitpunkten. Wie stark zwei organisationale Neuronen miteinander verbunden sind, könnte auch darüber kodiert werden, dass sie zu ähnlichen Zeiten zu ähnlichen Themen kommunizieren[2]. Im Endergebnis wäre ein solcher Mechanismus ein Baustein für eine kollektive Aufmerksamkeit ↗

Das große Desiderat: der organisationale Lernalgorithmus


In der Zeit von etwa 1985 bis gut 2010 wurden eine Reihe von Visionen veröffentlicht, die menschliche Gesellschaften als Ganzes oder Teile davon in Analogie zu biologischen Nervennetzen deuteten. Viele Ideen wurde unter dem Stichwort Global Brain ausgearbeitet. Doch bot keines der Modelle einen konkreten Algorithmus an, nach dem organisationale Neuronen und Synapsen zu lernfähigen Systemen werden. Wesentlich dafür wäre, dass man a) für die gesamte neuronale Organisation wiederkehrende Aufgaben definiert, deren Erfüllungsgrad man als Zahl angeben kann und b) eine mindestens statistische Korrelation finden kann, über die dieser Erfüllungsgrad und die momentane Wichtung einer jeden einzelnen Synapse in der Organsation zusammenhängen. Nur wenn man einen solche Zusammenhang finden kann, kann man das gesamte Netzwerk aus organisationalen Neuronen im Sinne eines neuronalen Netzes optimieren. Lies dazu unter neuronal-organisationale Aufgabe ↗

Fußnoten