Neuronal-organisationale Aufmerksamkeit
Modellbildung
© 2016
- 2025
Basiswissen|
Gedanklicher Hintergrund: neuronale Unternehmen|
Was ist Aufmerksamkeit allgemein?|
Sinn einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit|
Zeitliche Fokussierung|
Intellektuelle Greifbarkeit|
Mechanismen einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit|
Fußnoten|
Basiswissen|
Gedanklicher Hintergrund: neuronale Unternehmen|
Was ist Aufmerksamkeit allgemein?|
Sinn einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit|
Zeitliche Fokussierung|
Intellektuelle Greifbarkeit|
Mechanismen einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit|
Fußnoten
Basiswissen
Unfälle auf einem Betriebsgelände, ein „Shitstorm“ gegen die eigene Behörde oder einer unerwartete Rohstoffknappheit für ein Industrieunternehmen: Firmen und Behörden müssen kurzfristig ihre Aufmerksamkeit auf zeitlich drängende Themen richten können. Dabei können ähnliche Strategien nützlich sein, wie sie auch individuelle Menschen anwenden. Das ist hier kurz vorgestellt.
Gedanklicher Hintergrund: neuronale Unternehmen
Unter dem Stichwort neuronale Organisation wird die Idee beleuchtet, dass menschliche Organisationen ähnliche Strukturen und Abläufe ausbilden wie biologische Individuen.
Mehr dazu unter neuronale Organisation ↗
Was ist Aufmerksamkeit allgemein?
Als Aufmerksamkeit bezeichnet man in der Psychologie die kurzfristige Hinwendung psychischer Ressourcen auf ein Thema. Die Steuerung von Aufmerksamkeit läuft oft unbewusst, es sind unbewusste Prozesse, die entscheiden, womit sich unser Bewusstsein momentan beschäftigt. Lies mehr dazu unter Aufmerksamkeit ↗
Sinn einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit
Zeitliche Fokussierung
Nehmen wir als Beispiel ein Unternehmen, das Rohstoffe für einen bestimmten Industrieprozess in Deutschland aus dem Ausland importiert. Nehmen wir weiter an, es gibt nur wenige ausländische Lieferanten. Das gilt zum Beispiel für Uran. Innerhalb des Unternehmens gibt es Abteilungen zum Beispiel für Geologie, Technologieeinschätzung, internationales Recht, Öffentlichkeitsarbeit, Lobbyarbeit, Logistik und das Personalwesen. Auf jede einzelne dieser Abteilungen strömen zu jedem Zeitpunkt mehr Themen ein, als sie sinnvoll bearbeiten kann. So könnte sich die geologische Abteilung zum Beispiel mit einer Bewertung von Uranlagerstätten laufender Vertragspartner oder zukünftiger Lagerstätten in der Arktis und Antarktis, der Wiederaufbereitung alter Halden von Uranbergwerken oder vielleicht sogar mit einem Uranbergbau auf anderen Himmelskörpern beschäftigen. Mit welchen dieser Themen sie sich vorrangig beschäftigen sollte, kann sich als offener Prozess mit der Kommunikation mit anderen Abteilungen herausbilden. So ist es denkbar, dass aus der Abteilung für Lobbyarbeit vermehrt Indizien kommen, dass ein bestimmtes großes Förderland demnächst aus politischen Gründen unattraktiv wird. Es würde dann Sinn machen, dass mehrere Abteilungen gleichzeitig und gebündelt an diesem Szenario arbeiten und ihr Wissen dazu bündeln.
Intellektuelle Greifbarkeit
Man kennt den Effekt vielleicht aus eigenen Bemühungen beim Erlernen neuer und zunächst schwerer Fertigkeiten. Wenn eine Schülerin aus der Klasse 8 zum ersten Mal mit Parabeln in Berührung kommt, dann hilft es wenig, wenn man ihr in schneller Abfolge ständig wechselnde Sichtweisen auf das Thema gibt. Man kann Parabeln als die Lösungsmenge quadratischer Gleichungen, als Graph einer quadratischen Funktion oder ganz ohne Zahlen auch als einen geometrischen Ort auffassen. Alle diese Denkkonzepte sind in sich interessant und gut. Es würde Neulinge im Thema aber stark verwirren, wenn ein Lehrer ständig zwischen diesen Darstellungen wechselt. Im Kopf müssen sich erst stabil einige Lehrsätze, Rechenroutinen oder Erinnerungsbilder ausbilden, bevor man von diesen ausgehend behutsam nach und nach verschiedene Perspektiven auf das Große Bild einbringt.
Und genauso könne es auf der Ebene kollektiver Wissensarbeit auch nötig sein, dass man sich zunächst auf einen handhabbaren Rahmen einigt und diesen ausschöpft. Dieser eine handhabbare Rahmen wird in der Wissenssoziologie etwa als Paradigma bezeichnet. Ein solches Paradigma kann zum Beispiel das geozentrische Weltbild sein, die Idee, dass die Erde in der Mitte der Welt liegt. Alle anderen Himmelskörper bewegen sich dann um die Erde. Man hat dieses geozentrische Weltbild in der Antike und im Mittelalter mit viel Aufwand immer weiter verbessert. Immer exakter konnte man auf Jahrzehnte die Bewegung der Planeten am Himmel vorhersagen. Zwei Astronomen aus jener Zeit hätten schwerlich gut einen Gedankenaustausch unterhalten können, wenn sie ständig in alternativen Weltbildern gedacht hätten. Wo Denkkollektive an einem Thema arbeiten, müssen sich die beteiligten Individuen über längere Zeiten auf einen gemeinsamen Deutungsrahmen einigen. Dieser gemeinsame Deutungsrahmen kann dann als ein starrer Konserveratismus erscheinen, der aber dennoch seinen Zweck erfüllen kann:
ZITAT:
"Obwohl ein solcher Konservatismus starr und letztlich zerstörerisch erscheinen mag, hat er kurzfristig den Vorteil, dass jedes geltende begriffliche Rahmenwerk so klar ausgearbeitet werden kann, dass es gut verstanden wird und als ordnendes Prinzip für die Vielzahl der von Wissenschaftlern beobachteten Fakten dienen kann."[2]
"Obwohl ein solcher Konservatismus starr und letztlich zerstörerisch erscheinen mag, hat er kurzfristig den Vorteil, dass jedes geltende begriffliche Rahmenwerk so klar ausgearbeitet werden kann, dass es gut verstanden wird und als ordnendes Prinzip für die Vielzahl der von Wissenschaftlern beobachteten Fakten dienen kann."[2]
Das Zitat stammt aus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aus dem Jahr 1992. Die Autoren haben an fünf Beispielen gezeigt, wie Wissenschaftler über Jahrhunderte hinweg an einem (falschen) Paradigma festhalten konnten. Aber dem Zitat zufolge ermöglichte, dass man als Individuum in einer begrenzten Lebenszeit überhaupt eine Chance hatte, dieses eine Paradigma überhaupt zu verstehen. Aufgabe der organisationalen Steuerung von Aufmerksamkeit ist es dann, die Themen so zu wählen, dass einzelne Individuen eine Chance haben, sich mit ihren begrenzten intellektuellen Ressourcen (Zeit, IQ, Zugriff auf Information etc.) daran beteiligen zu können.
Mechanismen einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit
- Von höheren Hierarchiebenen kommen konkrete Anweisungen zur vorrangigen Bearbeitung bestimmter Themen.
- Im Intranet könnten Informationskanäle passend gewichtet werden neuronal-organisationale Synapse ↗
- Auf informeller Ebene greifen vielleicht Mechanismen zur Erzeugung von einem Echoraum ↗
- Siehe auch kollektive Aufmerksamkeit [soziologisch] ↗
Fußnoten
- [1] Spezifische Erregungsmuster in einem Unternehmen. Spekulative Internetseite zu neuronalen Unternehmen, 2003. Online: https://www.seelengrund.de/2003/HTMLneur/index.htm
- [2] In einem längeren wissenschaftlichen Artikel wurde an fünf Beispielen belegt, wie Wissenschaftler über viele Jahrhunderte hinweg offensichtliche Ungereimtheiten in ihrem gemeinsam akzeptierten Weltbild völlig oder sehr weitgehend ignoriert haben. Die Gemeinde der Wissenschaftler bündelte ihre Aufmerksamkeit auf für sie im Prinzip erklär- oder handhaNeuronal-organisationale Aufmerksamkeit
Modellbildung
Basiswissen
Unfälle auf einem Betriebsgelände, ein „Shitstorm“ gegen die eigene Behörde oder einer unerwarte Rohstoffknappheit für ein Industrieunternehmen: Firmen und Behörden müssen kurzfristig ihre Aufmerksamkeit auf zeitlich drängende Themen richten können. Dabei können ähnliche Strategien nützlich sein, wie sie auch individuelle Menschen anwenden. Das ist hier kurz vorgestellt.
Gedanklicher Hintergrund: neuronale Unternehmen
Unter dem Stichwort neuronale Organisation wird die Idee beleuchtet, dass menschliche Organisationen ähnliche Strukturen und Abläufe ausbilden wie biologische Individuen.
Mehr dazu unter neuronale Organisation ↗
Was ist Aufmerksamkeit allgemein?
Als Aufmerksamkeit bezeichnet man in der Psychologie die kurzristige Hinwendung psychischer Ressourcen auf ein Thema. Die Steuerung von Aufmerksamkeit läuft oft unbewusst, es ist unbewusste Prozesse, die entscheiden, womit sich unser Bewusstsein momentan beschäftigt. Lies mehr dazu unter Aufmerksamkeit ↗
Sinn einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit
Zeitliche Fokussierung
Nehmen wir als Beispiel ein Unternehmen, dass Rohstoffe für einen bestimmten Industrieprozess in Deutschland aus dem Ausland importiert. Nehmen wir weiter an, es gibt nur wenige ausländische Lieferanten. Das gilt zum Beispiel für Uran. Innerhalb des Unternehmens gibt es Abteilungen zum Beispiel für Geologie, Technologieeinschätzung, internationales Recht, Öffentlichkeitsarbeit, Lobbyarbeit, Logistik und das Personalwesen. Auf jede einzelne dieser Abteilungen strömen zu jedem Zeitpunkt mehr Themen ein, als sie sinnvoll bearbeiten kann. So könnte sich die geologische Abteilung zum Beispiel mit einer Bewertung von Uranlagerstätten laufender Vertragspartner oder zukünftiger Lagerstätten in der Arktis und Antarktis, der Wiederaufbereitung alter Halden von Uranbwergwerken oder vielleicht sogar mit einem Uranbergbau auf anderen Himmelskörpern beschäftigen. Mit welchen dieser Themen sie sich vorrangig beschäftigen sollten kann sich als offener Prozess mit der Kommunikation mit anderen Abteilungen herausbilden. So ist es denkbar, dass aus der Abteilung für Lobbyarbeit vermehrt Indizien kommen, dass ein bestimmtes großes Förderland demnächst aus politischen Gründen unattraktiv wird. Es würde dann Sinn machen, dass mehrere Abteilungen gleichzeitig und gebündelt an diesem Szenario arbeiten und ihr Wissen dazu bündeln.
Intellektuelle Greifbarkeit
Man kennt den Effekt vielleicht aus eigenen Bemühungen beim Erlernen neuer und zunächst schwerer Fertigkeiten. Wenn eine Schülein aus der Klasse 8 zum ersten Mal mit Parabeln in Berührung kommt, dann hilft es wenig, wenn man ihr in schneller Abfolge ständig wechselnde Sichtweisen auf das Thema gibt. Man kann Parabeln als die Lösungsmenge quadratischer Gleichungen, als Graph einer quadratischen Funktion oder ganz ohne Zahlen auch als einen geometrischn Ort auffassen. Alle diese Denkkonzepte sind in sich interessant und gut. Es würde Neulinge im Thema aber stark verwirren wenn ein Lehrer ständig zwischen diesen Darstellungen wechselt. Im Kopf müssen sich erst stabil einige Lehrsätze, Rechenroutinen oder Erinnerungsbilder ausbilden, bevor man von diesen ausgehend behutsam nach und nach verschiedene Perspektiven auf das Große Bild einbringt.
Und genau so könne es auf der Ebene kollektiver Wissensarbeit auch nötig sein, dass man sich zunächst auf einen handhabbaren Rahmen einigt und diesen ausschöpft. Dieser eine handhabbare Rahmen wird in der Wissenssoziologie etwa als Paradigma bezeichnet. Ein solches Paradigma kann zum Beispiel das geozentrische Weltbild sein, die Idee, dass die Erde in der Mitte der Welt liegt. Alle anderen Himmelskörper bewegen sich dann um die Erde. Man hat dieses geozentrische Weltbild in der Antike und im Mittelalter mit viel Aufwand immer weiter verbessert. Immer exakter konnte man auf Jahrzehnte die Bewegung der Planeten am Himmel vorhersagen. Zwei Astronomen aus jener Zeit hätten schwerlich gut einen Gedankenaustausch unterhalten können, wenn sie ständig in alternativen Weltbildern gedacht hätten. Wo Denkkollektive an einem Thema arbeiten, müssen sich die beteiligten Individuen über längere Zeiten auf einen gemeinsamen Deutungsrahmen einigen. Dieser gemeinsame Deutungsrahmen kann dann als ein starrer Konserveratismus erscheinen, der aber dennoch seinen Zweck erfüllen kann:
ZITAT:
"Obwohl ein solcher Konservatismus starr und letztlich zerstörerisch erscheinen mag, hat er kurzfristig den Vorteil, dass jedes geltende begriffliche Rahmenwerk so klar ausgearbeitet werden kann, dass es gut verstanden wird und als ordnendes Prinzip für die Vielzahl der von Wissenschaftlern beobachteten Fakten dienen kann." [2]
"Obwohl ein solcher Konservatismus starr und letztlich zerstörerisch erscheinen mag, hat er kurzfristig den Vorteil, dass jedes geltende begriffliche Rahmenwerk so klar ausgearbeitet werden kann, dass es gut verstanden wird und als ordnendes Prinzip für die Vielzahl der von Wissenschaftlern beobachteten Fakten dienen kann." [2]
Das Zitat stammt aus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aus dem Jahr 1992. Die Autoren haben an fünf Beispielen gezeigt, wie Wissenschaftler über Jahrhunderte hinweg an einem (falschen) Paradigma festhalten konnten. Aber dem Zitat zufolge ermöglichte dass man als Individuum in einer begrenzten Lebenszeit überhaupt eine Chance hatte, dieses eine Paradigma überhaupt zu verstehen. Aufgabe der organisationalen Steuerung von Aufmerksamkeit ist es dann, die Themen so zu wählen, dass einzelne Individuen eine Chance haben, sich mit ihren begrenzten intellektuellen Ressourcen (Zeit, IQ, Zugriff auf Information etc.) daran beteiligen zu können.
Mechanismen einer Bündelung organisationaler Aufmerksamkeit
- Von höheren Hierarchiebenen kommen konkrete Anweisungen zur vorrangigen Bearbeitung bestimmter Themen.
- Im Intranet könnten Informationskanäle passend gewichtet werden neuronal-organisationale Synapse ↗
- Auf informeller Ebene greifen vielleicht Mechanismen zur Erzeugung von einem Echoraum ↗
- Siehe auch kollektive Aufmerksamkeit [soziologisch] ↗
Fußnoten
- [1] Spezifische Erregungsmuster in einem Unternehmen. Spekulative Internetseite zu neuronalen Unternehmen, 2003. Online: https://www.seelengrund.de/2003/HTMLneur/index.htm
- [2] In einem längeren wissenschaftlichen Artikel wurde an fünf Beispielen belegt, wie Wissenschaftler über viele Jahrhunderte hinweg offensichtliche Ungereimthheiten in ihrem gemeinsam akzeptierten Weltbild völlig oder sehr weitgehend ignoriert haben. Die Gemeinde der Wissenschaftler bündelte ihre Aufmerksamkeit auf für sie im Prinzip erklär- oder handhbbare Phänomene. Alles andere wurde ausgeblendet. Über den Nutzen eines solchen Konservatismus heißt es dann: "Although such conservatism may seem inflexible and ultimately destructive, it has the short-term asset of allowing each current conceptual framework to be articulated so dearly that it is well understood and can serve as an organizing principle for the multitude of facts that scientists observe." In: Alan Lightman, Owen Gingerich: When do anomalies begin? Science. 1992 Feb 7;255(5045):690-5. doi: 10.1126/science.255.5045.690. PMID: 17756947. Eine ausführliche Darlegung der fünf historischen Beispiele findet man in Anomalie (Wissenssoziologie) ↗
bbare Phänomene. Alles andere wurde augeblendet. Über den Nutzen eines solchen Konservatismus heißt es dann: "Although such conservatism may seem inflexible and ultimately destructive, it has the short-term asset of allowing each current conceptual framework to be articulated so dearly that it is well understood and can serve as an organizing principle for the multitude of facts that scientists observe." In: Alan Lightman, Owen Gingerich: When do anomalies begin? Science. 1992 Feb 7;255(5045):690-5. doi: 10.1126/science.255.5045.690. PMID: 17756947. Eine ausführliche Darlegung der fünf historischen Beispiele findet man in