Interferenz von Wasserwellen
Physik
Basiswissen
Treffen zwei Wasserwellen genau mit ihren Wellenbergen aufeinander, addieren sich dort die Berge zu einer noch größeren Höhe. Treffen aber ein Berg und ein Tal aufeinander, löschen sich die Wellen dort aus und die Wasserhöhe ist wie bei wellenlosem Wasser. Das ist hier kurz erklärt.
Beispiele für interferierende Wasserwellen
Sowie zwei Wellen sich gegenseitig durchkreuzen oder überholen liegt eine sogenannte Interferenz, Überlagerung[3] oder Superposition[4] vor. Solche Interferenzen sind sowohl in der Natur fast überall zu beobachten, wo es Wasseroberflächen gibt. Auch im Experiment lassen sie sich leicht nachstellen.
Interferenz durch Reflexion
Wenn etwa eine Welle gegen eine senkrechte Wand anläuft und dort reflektiert wird, dann interferiert die reflektierte Welle mit den nachkommenden Wellen:
Hier sieht man gut wie kleine Wasserwellen gegen eine Betonwand anlaufen und mit den nachkommenden Wellen interferieren.
Diese einfache Interferenz einzelner reflektierter Wellenfronten mit nachkommenden Wellenfronten kann man am Strand oft beobachten, wie Wellen auf dem Ufer auflaufen, dann wieder zurück ins Meer gehen und dort mit einer nachkommenden Wellen interferieren. Dabei bildet sich auch eine sogenannte Kreuzsee ↗
Stehende Wellen, Clapotis
Besonders interessant ist die Interferenz von Systemen gleichmäßiger Wellen. So entstehen oft typische Interferenzmuster, etwa als stehende Welle.[2] Stehende Wellen kann man auf recht einfache Weise künstlich in einer sogenannten Wellenwanne (ripple tank) erzeugen.
Stehende Wellen in einem Laborversuch ergeben ästhetische und komplexe Interferenzmuster. Ein ähnliches Phänomen entsteht oft auch in Hafenbecken und heißt dort dann Clapotis.
Kreuzsee als Interferenz
Bei einer sogenannten Kreuzsee treffen sich Wellenfronten aus unterschiedlichen Richtungen. Das kann zum Beispiel passieren, wenn Wellen sehr weit voneinander entfernt durch Wind entstehen und diese Wellen, aus ihrem Entstehungsgebiet heraus laufen, dabei einen schrägen Winkel zueinander haben und dann aufeinander treffen. Dort wo die Wellensystem sich treffen entsteht eine sogenannte Kreuzsee, eine typische Form von Interferenz.[5] Kreuzseen können aber auch entstehen, wenn Wellen an größeren Hindernissen reflektiert werden. Bei höheren Wellen können Kreuzseen für die Seefahrt durchaus sehr gefährlich werden. Siehe mehr unter Kreuzsee ↗
Monsterwellen als Interferenz
Durch Interferenz können auch sogenannte Monsterwellen enstehen, vor allem dann, wenn eine schnellere eine langsamere Welle überholt. Monsterwellen können sozusagen aus dem Nichts auftauchen und sind nach kurzer Lebensdauer auch wieder verschwunden. Für die Seefahrt sind sie eine ernstzunehmende Gefahr. Siehe auch Monsterwelle ↗
Interferenz beim Doppelspaltexperiment
In Schulversuchen wird oft auch die Interferenz von zwei Kreiswellen in Wasserwannen betrachtet. Dabei entstehen Muster wie sie auch bei der Interferenz von Licht entstehen. Diese Ähnlichkeit zwischen Licht- und Wellenphänomen war ein früher Hinweis auf die Wellennatur des Lichts. Siehe mehr dazu unter Doppelspaltexperiment ↗
Die Wellengleichung, mathematisch
Es gibt sogenannte Wellengleichung, die für perfekt sinusförmige Wellen gilt. Diese Wellengleichungen können als vereinfachter Fall für idealisierte Wellen verwendet werden. Beide Varianten der Formel führen zu denselben Ergebnissen
WELLENFORMELN
- f(x,t) = A · sin[2π(t:T - x:λ)]
- f(x,t) = A · sin (kx - ωt)
LEGENDE
- f(x,t) = Auslenkung des Oszillators als Funktion vom Ort x und der Zeit t
- A = maximale Auslenkung, die vorkommt, heißt auch Amplitude ↗
- sin = die normale Sinusfunktion im Bogenmaß ↗
- k = die Kreiswellenzahl ↗
- x = Ort an dem die Welle betrachtet wird
- λ = kleines lambda, die Wellenlänge ↗
- ω = kleines omega, die Kreisfrequenz ↗
- t = Zeitpunkt, zu dem die Welle betrachtet wird
- T = Für einen Oszillator die Periodendauer ↗
- · = Malpunkt, als Malzeichen ↗
- : = Doppelpunkt, als Geteiltzeichen ↗
Hat man eine solche Gleichung für zwei Wellen, kann man die Funktionswerte addieren und erhält dann die Wasserhöhe des Interferenzmusters. Man spricht von einer sogenannten Superposition.[4] Reale Wasserwellen, insbesondere wenn sie steiler werden, haben keine perfekte Sinusform mehr. Die dann verwendeten Gleichungen sind deutlich komplizierter.[1] Zur einfachen Idealisierung als Sinuswelle, siehe den Artikel zur Wellengleichung ↗
Die Bedeutung von Wasserwellen für die Optik?
Schon im 17ten Jahrhundert beschrieb man einen seltsamen Effekt: Hält man einen Stab in einen Lichtstrahl, dann sollte man direkt hinter dem Stab nur dunklen Schatten erwarten. Damals dachte man nämlich, dass sich Licht strahlenartig ausbreitet. Nach dieser Strahlentheorie des Lichts dürfte es aber hinter einem Stab keine Lichteffekte geben. Solche wurden aber beobachtet. Der Italienier Francesco Maria Grimaldi hatte dann eine Lösungsidee: er hatte beobachtet, dass sich Wasserwellen um Hindernisse herum bewegen können. Er schlug deshalb vor, auch Licht als wellenartig zu deuten. Tatsächlich passen die heutigen Gleichungen von Wasserwellen sehr gut auch auf viele (nicht alle) optische Phänomene. Man spricht deshalb heute auch von einer Wellenoptik ↗
Fußnoten
- [1] Wie komplex anlaufende Wellen an steilen Uferbereichen sein können ist - vor allem mathematisch - bescchrieben in: Fritz Büsching: Komplexe Reflexionskoeffizienten für Wasserwellen zur Klassifizierung von Brandungseffekten an Küstenschutzbauwerken. In: Die Küste, 78 (2011), 235-258.
- [2] Bei einer stehenden Welle erkennt man keine im Raum mehr fortlaufenden Wellenfronten. Stattdessen scheint das Wasser an einzelnen Stellen nur auf und ab zu gehen. Siehe mehr unter stehende Welle ↗
- [3] Die Worte Interferenz und Überlagerung werden meist synonym verwendet. Siehe mehr unter Interferenz ↗
- [4] Eine Superposition ist eine besondere Interferenz. Bei einer Superposition addieren sich die Höhen der beteiligten Einzwellen zur Höhe der gemeinsamen Welle. Bei echten Wasserwellen ist das oft nicht der Fall. Siehe mehr unter Superposition ↗
- [5] "Kreuzsee entsteht bei Seegang oder Dünung, die, gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen kommend, sich treffen und dabei Wellen-Interferenzerscheinungen hervorrufen; verursacht gelegentlich sehr steile krappe See." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 655. Siehe auch Kreuzsee ↗