Interferenz
Physik
Grundidee
Eine Interferenz ist eine ungestörte Überlagerung von Wellen, wobei die Wellen eine konstante Phasenverschiebung haben[8]: Zwei Wellentäler ergeben ein besonders tiefes Tal, zwei Berge einen besonders hohen Berg. Treffen Berg und Tal aufeinander, löschen sie sich gegenseitig aus. Dazwischen gibt es Übergänge. Das gesamte Phänomen nennt man Interferenz, nämlich die ungestörte[2] Überlagerung von zwei oder mehr Wellen[1].
Das Urphänomen: die Interferenz von Wasserwellen
- Man stelle sich zwei große Wellen im Ozean vor.
- Die eine kommt von links, die andere von rechts.
- Wenn sie sich aufeinander zu bewegen, werden sie sich irgendwann treffen.
- Bei einer ungestörten Überlagerung werden sich die Wellenberge addieren.
- Dort wird der Wellenberg dann besonders hoch.
- Auch die Wellentäler werden sich addieren.
- Dort wird das Wellental besonders tief.
- Wo ein Tal auf einen Berg trifft, löscht sich die Welle momentan aus.
- Nach der kurzfristigen Überlagerung wandern die Wellen voneinander weg.
- Sie haben sich durch die gegenseitige Begegnung dabei nicht verändert.
- Sie haben nach dem Treffen die gleiche Richtung und Wellenlänge wie vorher.
- Auch die Geschwindigkeiten der beteiligten Wellen verändern sich nicht.
- Siehe auch Wasserwelle ↗
Mathematisch: die Wellengleichung
- Man kann jede einzelne Welle für sich mathematisch beschreiben:
- Die Wellengleichung gibt für jeden Zeitpunkt und Ort die Auslenkung an.
- Die Gleichung sagt für jeden Ort, wann genau die Welle welche Höhe hat.
- Bei einer Überlagerung von Wellen, kann man die Funktionswerte einfach addieren.
- Das meint formal gesehen eine (ungestörte) Überlagerung.
- Diese Eigenschaft bezeichnet man auch als Superposition ↗
Typische Interferenzmuster
Lässt man räumlich oder flächig ausgedehnte Wellensysteme miteinander interferieren können aus den einfach vorstellbare Überlagerung der Wellen durchaus recht komplizierte Muster entstehen. Für Beugungs- und Doppelspaltexperimenten in einem Labor typisch sind Bänder aus hellen und dunklen Streifen auf einem Schirm. Auf der Meeresoberfläche und am Strand kann man hingegen oft Muster aus Rauten oder Parallelogrammen beobachten. Siehe mehr unter Interferenzmuster ↗
Interferenz, Licht und Optik
- Man kann Licht dazu bringen, dass es mit sich selbst interferiert.
- Der Prozess ist an sich recht alltäglich, wird aber kaum bewusst.
- So findet bei jeder Spiegelung tatsächlich Interferenz statt.
- Es gibt spezielle Versuche, die Interferenz deutlich machen.
- Ein solcher Versuch ist das Doppelspaltexperiment ↗
Interferenz von Materiewellen
- Protonen, Elektronen oder auch große Moleküle sind Beispiele für Materie ↗
- Seit den 1920er Jahren weiß man, dass auch Materie Welleneigenschaften hat.
- Das klassische Experiment zum Nachweis von Interferenz ist das Doppelspaltexperiment ↗
- Auch Interferenz zeigt zum Beispiel das Doppelspaltexperiment mit Elektronen ↗
- Das gilt als Belegt, dass auch Materie wellenartig sein kann.
- Siehe mehr unter Materiewelle ↗
Interferenz und Monsterwellen
- Es gibt sehr große Wellen, die im Meer "aus dem Nichts" entstehen.
- Sie können so hoch sein, dass sie selbst große Schiffe versenken.
- Es gibt verschiedene Theorien, wie diese Monsterwellen entstehen.
- Die Interferenz von Wasserwellen spielt dabei eine große Rolle.
- Siehe mehr dazu unter Monsterwelle ↗
Zur Geschichte der Interferenz
- Die erste Beschreibung von Interferenz an Licht stammt von Francesco Maria Grimaldi.
- Grimaldi war Jesuit, Physiker und Astronom im italienischen Bologna. Er lebte von 1618 bis 1663.
- Auf seinen Beobachtungen zu Lichteffekten an Spalten bauten Huygens und Newton auf.
- Originalbuch: Physicomathesis de lumine, coloribus, et iride, aliisque annexis, Bologna 1665
- Mehr zur Person unter Francesco Maria Grimaldi ↗
Interferenz und Beugung
In der Physik werden die Worte Interferenz und Beugung (Diffraktion) oft getrennt behandelt. Von Interferenz ist zum Beispiel beim Doppelspaltexperiment die Rede. Von Beugung hingegen spricht man, wenn Licht seine Richtung in Nähe von Materie ändert. Tatsächlich beruhen beide Phänomene auf demselben Prinzip.[4] Der Unterschied ist fließend. Bei wenigen (kohärenten) Quellen einer Erregung (etwa zwei Spalten beim Doppelspaltexperiment) spricht man eher von Interferenz[5], der Gesamteffekt von sehr vielen Erregungsquellen hingegen wird oft als Beugung beschrieben.[6] Siehe auch Beugung ↗
Interferenz und Superposition
Eine irgendwie geartete, ungestörte Überlagerung von Wellen nennt man eine Superposition. Dabei können sich langsame kleine Wellen zum Beispiel mit schnellen großen Wellen einer ganz anderen Frequenz überlagern. Wenn die sich überlagernden Wellen ab aber diesselbe Geschwindigkeit und Frequenz haben, dann haben sie keine sogenannte Phasenverschiebung. Das ist ein besonderer Fall der Superposition, nämlich die Interferenz. Siehe auch unter Superposition ↗
Fußnoten
- [1] Eine anschauliche Erklärung in einem Lexikon aus dem Jahr 1909: "Interferénz (lat.), die gegenseitige Einwirkung zusammentreffender Wellen. Begegnen sich z. B. auf einer Wasserfläche zwei gleiche Wellensysteme, so wirken sie bei ihrer Durchkreuzung derart aufeinander ein, daß an allen Stellen, wo die Wellenberge des einen Systems mit den Wellenbergen des andern zusammentreffen, das Wasser zu doppelter Höhe erhoben, an den Stellen, wo zwei Wellentäler zusammenkommen, zu doppelter Tiefe hinabgedrückt und dort, wo je ein Wellenberg mit einem Wellental zusammenfällt, auf sein ursprüngliches Niveau, das es im Ruhezustand einnahm, zurückgeführt wird. An diesen letztern Stellen heben sich also die beiden Wellenbewegungen gegenseitig auf, an jenen dagegen unterstützen und verstärken sie sich. Ebenso wie zwei Wasserwellen wirken auch zwei Schallwellen oder zwei Lichtwellen auseinander, indem sie sich an den Stellen, wo sie mit entgegengesetzten Schwingungsrichtungen zusammentreffen, gegenseitig vernichten, so daß zwei Schallwellen daselbst Stille, zwei Lichtwellen Dunkelheit hervorbringen. Gehen die beiden Wellenbewegungen von ihren Mittelpunkten gleichzeitig aus (sind die Schwingungen kohärent), so liegen die Punkte, in denen Verstärkung eintritt, so, daß die von den Mittelpunkten nach ihnen hingehenden Strahlen gleiche Wege oder solche Wege zurückzulegen haben, die um eine Anzahl ganzer Wellenlängen verschieden sind; Vernichtung dagegen findet in jenen Punkten statt, wo die Strahlen mit einem Wegunterschied von einer halben Wellenlänge oder überhaupt einer ungeraden Anzahl halber Wellenlängen eintreffen. Namentlich in der Lehre vom Licht spielt die I. eine wichtige Rolle und gibt Anlaß zu zierlichen Erscheinungen, in denen die Stellen gegenseitiger Verstärkung und Vernichtung als abwechselnd helle und dunkle Streifen oder Ringe gesehen werden. Zum Zusammenbringen der Strahlen können zwei schwach geneigte Spiegel dienen (Fresnels Spiegel), oder zwei dicke Glasplatten (Fizeaus Doppelplatten), oder schwache Prismen (Interferenzprisma, Doppelprisma), oder die Hälften einer Linse (Billets Halblinsen) etc. Durch I. erklären sich auch die Farben dünner Blättchen (z. B. Seifenblasen, Ölschichten auf Wasser, Luftschichten zwischen zwei Glasplatten; s. Newtonsche Farbenringe) etc. Alle diese Erscheinungen können naturgemäß benutzt werden zur Bestimmung der Lichtwellenlängen. Speziell zur Messung mittels Newtonscher Ringe dient das Gyreidometer." In: Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 884. Online: http://www.zeno.org/nid/20006824102
- [2] Das Spektrum Lexikon der Physik definiert Interferenz als "Erscheinungen, die bei der ungestörten Überlagerung von zwei oder mehr Wellensystemen zu einem resultierenden Wellenfeld durch Addition der (vektoriellen oder skalaren) Feldgrößen entstehen." Als Beispiele nennt das Lexikon etwa Wasser-, Schall-, Licht und sogenannten De-Broglie-Wellen (Materiewellen). In: Spektrum Lexikon der Physik. Dort der Artikel Interferenz. Abgerufen am 3. September 2024. Die Interferenz ist damit ein Sonderfall (ungestört) einer Überlagerung von Wellen ↗
- [3] Der Physiker Richard Feynman (1918 bis 1988) spricht auch bei der sogenannten partiellen Reflexion von Interferenz: "die Bezeihung zwischen der Dicke einer Glasscheibe und der partiellen Reflexion" stehe für "ein Phänomen, das unter der Bezeichnung 'Interferenz' bekannt ist.' In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort ist der Photo-Multiplier mit Skizze erklärt auf Seite 33. Siehe auch partielle Reflexion ↗
- [4] Feynman sieht keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Interferenz und Beugung: "No-one has ever been able to define the difference between interference and diffraction satisfactorily. It is just a question of usage, and there is no specific, important physical difference between them. The best we can do, roughly speaking, is to say that when there are only a few sources, say two, interfering, then the result is usually called interference, but if there is a large number of them, it seems that the word diffraction is more often used." In: Lectures in Physics, Vol, 1, 1963, pg. 30-1, Addison Wesley Publishing Company Reading, Mass.
- [5] "The difference is one of convenience and convention. If the waves to be superposed originate from a few coherent sources, say, two, the effect is called interference. On the other hand, if the waves to be superposed originate by subdividing a wavefront into infinitesimal coherent wavelets (sources), the effect is called diffraction. That is the difference between the two phenomena is [a matter] of degree only, and basically, they are two limiting cases of superposition effects." In: N. K. VERMA, Physics for Engineers, PHI Learning Pvt. Ltd., Oct 18, 2013, p. 361.
- [6] "In as much as the interference fringes observed by Young were the diffraction pattern of the double slit, this chapter [Fraunhofer diffraction] is, therefore, a continuation of Chapter 8 [Interference]. On the other hand, few opticians would regard the Michelson interferometer as an example of diffraction. Some of the important categories of diffraction relate to the interference that accompanies division of the wavefront, so Feynman's observation to some extent reflects the difficulty that we may have in distinguishing division of amplitude and division of wavefront." In: Tim Freegarde, Introduction to the Physics of Waves, Cambridge University Press, Nov 8, 2012.
- [7] Die Wellenlänge oder Frequenz der interferierenden Wellen musse nicht gleich sein. So bezeichnet zum Beispiel das Spektrum Lexikon der Physik die Schwebung als eine Sonderform von Interferenz: "Schwebungen entstehen durch Interferenz zweier Wellen mit leicht unterschiedlichen Frequenzen". In: der Artikel "Interferenz". Spektrum Lexikon der Physik. Stand 20. September 2024. Siehe auch Schwebung ↗
- [8] Interferenz ist die Superposition von Wellen mit konstanter Phasenverschiebung: „Superposition refers to the principle that when two or more waves meet, their displacements add together. Interference is the specific pattern that results from the superposition of waves with a constant phase relationship.” In: Halliday, Resnick, Walker, Fundamentals of Physics. 10th Edition. 2013. Siehe auch Superposition ↗