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Weltbrand


Philosophie


Basiswissen


Als Weltbrand oder auch Weltenbrand, bezeichnet man in der nordischen Mythologie die Zerstörung der Welt mitsamt ihrer Götter[1] durch Verbrennung ihrer Stoffe[3], oft verbunden mit der Idee, dass danach eine neue[6] und vielleicht auch bessere Welt entstehen kann[8]. Ähnliche Vorstellungen kennt auch das christliche Denken[6][8] sowei die griechische Mythologie[3][5]. Dort spricht man dann auch von einer Ekpyrosis[7]. Die Idee, dass einer Erneuerung stets eine Zerstörung vorangehen muss, findet sich auch bei der hinduistischen Vorstellung der Trimurti[11]. Die unauflösbare Verbindung von Zerstörung und Schöpfung[13] wurde schon früh als Motor der Evolution erwogen[14].

Der Weltbrand in der isländischen Edda


Der Weltbrand wird in der nordischen Sage Edda beschrieben[15]. Zwar findet sich das Wort Weltbrand (oder Weltenbrand) nirgend als einzelnes Wort in dem Buch, doch wird ein Weltbrand eindeutig beschrieben:

Alle Wesen müßen die Weltstatt räumen.
Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden die heitern Sterne.
Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe beleckt den Himmel.

Der Übersetzer der Edda, Karl Simrock, beschreibt, wie Surtur den Weltbrand auslöst. Surtur, so Simrock "ist er geheißen, der an der Grenze des Landes sitzt und es beschützt: er hat ein flammendes Schwert und am Ende der Welt wird er kommen und heeren und alle Götter besiegen und die ganze Welt in Flammen verbrennen. So heißt es in der Wöluspa[15]", einem Teil der Edda:

Ins erhobne Horn bläst Heimdall laut;
Odhin murmelt mit Mimirs Haupt.
Yggdrasil zittert, die ragende Esche;
Es rauscht der alte Baum, da der Riese frei wird.

Was ist mit den Asen, was ist mit den Alfen?
All Jötunheim ächzt, die Asen versammeln sich.
Die Zwerge stöhnen vor steinernen Thüren,
Der Bergwege Weiser: wißt ihr was das bedeutet?

Hrym fährt von Osten, es hebt sich die Flut;
Jörmungandr wälzt sich im Jötunmuthe.
Der Wurm schlägt die Brandung, aufschreit
der Adler, Leichen zerreißt er;
Naglfar wird los.

Der Kiel fährt von Osten, Muspels Söhne
kommen Über die See gesegelt, und Logi steuert.
Des Unthiers Abkunft ist all mit dem Wolf;
Auch Bileists Bruder ist ihm verbunden.

Surtur fährt von Süden mit flammendem
Schwert, Von seiner Klinge scheint die Sonne der Götter.
Steinberge stürzen, Riesinnen straucheln,
Zu Hel fahren Helden, der Himmel klafft.

Der Weltbrand als Neuanfang, nach der Edda


Kurz auf die Schilderung des Weltbrandes als Untergang der Welt wird in der Edda jedoch eine Art Wiederauferstehung erzählt. Das Motiv erinnert an die biblische Geschichte der Sintflut:

Da seh ich auftauchen zum andernmale
Aus dem Waßer die Erde und wieder grünen.
Die Fluten fallen, darüber fliegt der Aar,
Der auf dem Felsen nach Fischen weidet.
Die Asen einen sich auf dem Idafelde,
Über den Weltumspanner zu sprechen, den großen.
Uralter Sprüche sind sie da eingedenk,
Von Fimbultyr gefundner Runen.

Da werden sich wieder die wundersamen
Goldenen Bälle im Grase finden,
Die in Urzeiten die Asen hatten,
Der Fürst der Götter und Fiölnirs Geschlecht.

Da werden unbesät die Äcker tragen,
Alles Böse beßert sich, Baldur kehrt wieder.
In Heervaters Himmel wohnen Hödur und Baldur,
Die walweisen Götter.

Der Weltbrand als Evolution von Innen erlebt?


Liest man mehrere Seiten der Edda an einem Stück, so blickt man in eine Welt die von ständigem Kampf geprägt ist. Nur wer sich mit Kraft oder List behaupten kann, hat in dieser Welt bestand. Dabei sind die handelnden Figuren nicht nur Menschen oder menschliche Götter sondern auch tierhafte Geschöpfe wie Schlangen und Wölfe. Eine Kultur, die etwas wie die Edda hervorbringt und sie als wertvoll bewahrt, muss stark von einem ständigen Kampf ums Überleben geprägt gewesen sein. Es gibt auch kein höchstes Wesen, das von der Notwendigkeit des Kampfes ausgenommen ist, sondern der Kampf an sich die ständige Drohung völliger Vernichtung, scheint das oberste Prinzip zu sein. Genau das kommt in der Idee des Weltbrandes zum Ausdruck, wenn es heißt "Alle Wesen müßen die Weltstatt räumen". Anders als in der Bibel, fehlt der Edda die Aussicht auf eine Erlösung von diesem ewigen Kampf[17], sondern von Weltbränden und zwischenzeitlichen Erholungen hin zum Guten unterbrochen, setzt sich die Welt von Krieg, Raub, Mord und Tücke immer wieder neu bis in alle Ewigkeit fort. Die Tiefe Erfahrung des Kampfes als Urtrieb des Lebens deckt sich mit der Idee der ewigen Variation und Selektion von Darwins Evolutionstheorie. In der biologischen Theorie der Evolution der ständige Kampf[18], der zwang, sein eigenes Erbmaterial irgendwie in die nächste Generation zu bringen, ein zentraler Mechanismus für Fortschritt. Katastrophen von überregionalem Ausmaß, man denke an die Vernichtung der Dinosaurier durch einen Meteoriten, spielen dabei eine möglicherweise wichtige Rolle[14]. Von dieser Notwendigkeit, so eine Deutung, gibt es kein Entkommen. Siehe auch Kampf ums Dasein ↗

Der Weltbrand in nicht-nordischen Mythologien


Ähnliche Vorstellungen weltumspannender Vernichtung kennt auch das christliche Denken[6][8] sowei die griechische Mythologie[3][5]. Dort spricht man dann auch von einer Ekpyrosis[7].

Der Weltbrand in der Kosmologie


In der Kosmologie steht der Weltbrand für die Idee eines ständigen Werdens und Vergehens von Welten oder der Welt als Ganzem[12]. Moderne Theorie wie etwa ein ewig sich wiederholendes Wechselspiel von Big Bangs (Urknällen) und Big Crunchen (großen Zermalmungen)[21] kommen dem sehr nahe. Was solchen Theorie - wie aber auch den Schilderungen aus der Edda - fehlt, ist jede Vorstellung von einem höheren Sinn, einem Wozu[22]. Was einem ewigen Wechsel von Urknall und Zermalmung vor allem fehlt ist der Erhalt gemachter Erfahrungen. Wenn im Großen Zermalmen, dem Big Crunch jede Information des zergehenden Universums zerstört wird, wozu war dann seine Existenz überhaupt gut? Dem Weltbrand am nächsten kommt die Idee vom großen Zermalmen, dem Big Crunch ↗

Der Weltbrand macht Platz für Neues


Die Idee, dass einer Erneuerung stets eine Zerstörung vorangehen muss, findet sich auch bei der hinduistischen Vorstellung der Trimurti[11]. Dort übernimmt die Gottheit Shiva die Rolle des Zerstörers, der durchaus nicht nur als Böse oder schlecht wahrgenommen wird. Die unauflösbare und nur scheinbar paradoxe Verbindung von Zerstörung und Schöpfung findet sich sich in der der betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorstellung einer schöpferischen Zerstörung: nur wenn Unternehmen und Branchen auch vergehen dürfen, kann eine Martkwirtschaft dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben[13]. Siehe dazu auch schöpferische Zerstörung ↗

Persönlicher Eindruck


Die Idee eines Weltbrandes und überhaupt der Grundtenor eines ständigen Kampfes findet sich in vielen Mythologien und Weltanschauungen. Mit der darwinistisch geprägten Evolutionstheorie werden Kampf und Wettbewerb zu Triebfedern für Fortschritt. Nicht nur die Geschichte über die Jahrhunderte sondern auch der menschliche Alltag sind durchwoben von ständiger Konkurrenz, einer ständigen Bewertung und einer ständigen Aussonderung von Ungewollten. Als Beschreibung unserer gegenwärtigen Wirklichkeit finde ich das überzeugend[19]. Als hinzunehmender Dauerzustand unserer Welt ist mir[20] das zu phantasielos und langweilig. Was ich persönlich interessant fände sind realistische Lebensentwürfe jenseits von Kampf und Konkurrenz. Siehe auch Utopien ↗

Fußnoten