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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Vertikal-Schleuder-Versuch

Physik

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Basiswissen


5 Minuten bis mehrere Stunden (mit Auswertung): wie schnell kann man am ausgestreckten Arm ein Gewicht von 2 bis 5 Kilogramm auf einer vertikalen Kreisbahn (ähnlich wie Riesenrad) schleudern? Mit einer rechnerischen und ausführlichen Auswertung kann man sich mit diesem Versuche auch mehrere Stunden beschäftigen.

Material


  • Weicher Untergrund im Freien, z. B. Rasen

Anleitung


Kräfte spüren


Ab Grundschule: man nimmt einen kleinen und schweren Gegenstand mit bekannter Masse in die Hand. Dann beginnt man ihn am ausgestrckten Arm auf einer Kreisbahn von oben nach unten zu schleudern. Die Bewegung ist dann also vertikal wie die Bewegung einer Gondel eines Riesenrades. Mit einer Stoppuhr misst dann die Zeit für zum Beispiel 10 ganze Kreisbewegungen.

  • Spüre die Kräfte in der Schulter: wann sind diese Kräfte am größten, wann am kleinsten?
  • Spüre die Kräfte in der Hand: wann sind sie am größten und am kleinsten?
  • Spüre die Kräfte in Armgelenk, wie bewegt sich das Armgelenk?
  • Schätze, wie viele Sekunden du für eine Umdrehung brauchst.
  • Mache die Bewegung immer langsamer: was passiert mit den Kräften?
  • Kann man auch Druck spüren?

Für eine rechnerische Auswertung


Ab Klasse 10: für eine ausführliche rechnerische Auswertung misst man auch die Armlänge mit einem Maßband und macht einen Film der Bewegung, um danach mit Zeitlupe den Bewegungsablauf genauer betrachten zu können. Zudem kann man ein Gewicht von etwa 2 Kilogramm so an einer Kofferwaage befestigen, dass man über eine Filmauswertung die momentanen Radialkräfte direkt ablesen kann.

  • Film von den Vorgang machen
  • Länge vom Schultergelenk bis zum Gewicht messen
  • Mit Kofferwaage an Gewicht direkt die Kräfte messen

Die rechnerische Auswertung behandelt dann Begriffe wie zum Beispiel Winkelgeschwindigkeit, Bahngeschwindigkeit, Zentripetalkraft, Radialbeschleunigung und das Bogenmaß.

Tipps zum Schleudern


  • Ideal ist ein Gewichtsstück mit einer Griff.
  • Vorher die Armbewegung ohne Gewicht durchführen
  • Mit verschiedenen Stellungen der Beine experimentieren.

Beobachtungen


Das Gewichtsstück scheint im tiefsten Punkt seiner Bahn ruckartig stärker zu ziehen. Im höchsten Punkt der Bahn scheint das Gewichtsstück am wenigsten stark nach außen zu ziehen. Eine typisches Ergebnis ist, dass man für eine Umdrehung etwa auch eine Sekunde benötigt.

Rechnerische Auswertungen =====

Periodendauer T berechnen


Eine Periode im Sinne der Physik ist ein Vorgang, der sich immer wieder auf gleiche oder sehr ähnliche Weise wiederholt, und zwar ohne Lücken zwischen den einzelnen Wiederholungen. Eine vollständige Bewegung des Armes einmal im Kreis ist eine solche Periode. Wie lange eine solche Periode, also eine Kreisbewegung des Armes, dauert, zum Beispiel in Sekunden angegeben, ist hier die Periodendauer.

Bei sehr kurzen Periodendauern unter wenigen Sekunden ist es praktisch gesehen schwer, die Periodendauer direkt mit einer Stoppuhr zu messen. Zwischen Start und Ende liegt so wenig Zeit, dass man einfach gesprochen mit dem Drücken und der eigenen Reaktionszeit nicht hinterher kommt.

Bei kurzen Periodendauern ist es daher eine gute Idee, zunächst die Zeit für mehrere Perioden zu messen. Man bildet also einen Durschnittswert.[1] Die Anzahl der Perioden kürzen wir hier mit einem n ab. Das kleine n ist eine übliche Abkürzung für eine Anzahl. Bei dem Versuch hier sind zum Beispiel zehn ganze Armumdrehungen sinnvoll. Man kann dann die Zeit für die zehn Umrundungen über eine mathematische Division gleichmäßig auf die zehn Umrundungen verteilen. Wenn man die Zeit vorher in Sekunden gemessen hat, kommt man damit auf die Zeit für eine Umrundung, also die gesuchte Periodendauer in Sekunden:

  • T = Zeit für n Umdrehungen geteilt durch n

Wenn man also für zum Beispiel 12 Sekunden für insgesamt n = 10 Umdrehungen benötigt hat, dann rechnet man 12 Sekunden geteilt durch 10 und erhält direkt 1,2 Sekunden. Die Periodendauer T ist also 1,2 Sekunden. Praktische Tipps zum Teilen durch zehn steht im Artikel durch zehn teilen ↗

Winkelgeschwindigkeit in Grad pro Sekunde


Kennt man die Periodendauer T, so kann man damit in einem nächsten Schritt recht einfach die Winkelgeschwindigkeit in Grad berechnen. Mit der Winkelgeschwindigkeit wiederum kann man dann in einem nächten Schritt die "Schleuderkräfte" bei der Kreisbewegung berechnen.

Bei einer ganzen Kreisbewegung überstreicht der Arm einen Winkel von 360 Grad. Wenn man weiß, wie viele Sekunden der Arm für eine solche Kreisbewegung benötigt, dann kann man die 360 Grad gleichmäßig auf diese Anzahl von Sekunden verteilen und weiß dann, wie viele Grad weit der Arm in einer Sekunde kommt. Das ist die Grundidee zur Berechnung der Winkelgeschwindigkeit ω.

  • ω = 360 ° geteilt durch T

Das große T ist hier die sogenannte Periodendauer, das ist die Zeit, die man für eine Kreisbewegung benötigt. Man kann alternativ aber auch direkt den Drehwinkel für die gesamten 10 Kreisbewegungen nehmen, also die 10 mal 360° oder 3600° und diese dividieren durch die insgesamt dafür benötigte Zeit. Auch dann erhält man die Winkelgeschwindigkeit in Grad pro Sekunde. Mit dieser zweiten Methode muss man nicht zuerst die Periodendauer ausrechnen. Siehe mehr unter Winkelgeschwindigkeit ↗

Winkgelgeschwindigkeit in rad pro Sekunde


Wer Physik in der Oberstufe hat, wird früher oder später auch das sogenannte Bogenmaß kennen lernen. Das ist eine Art Winkel in rad anzugeben. Das Bogenmaß ist sehr anschaulich und für viele Rechnungen in der Physik sehr viel einfacher zu handhaben als das klassische Gradmaß mit seinen 360°. Ein rad als Winkel ist dabei sehr leicht auch anschaulich vorstellbar: man denke sich irgendeinen Kreis und stelle sich den Radius des Kreis als leicht biegsamen Faden vor. Dann strecke man diesen gedachten Radius-Faden genau auf der Kreislinie aus. Der Radius-Faden ist dann also sozusagen ein Teil des Kreisrandes. Dann ziehe man von den beiden Enden des Radius-Fadens auf der Kreislinie eine gerade Linie hin zum Kreismittelpunkt. Diese zwei neuen Linien hin zum Kreismittelpunkt sind dann die Schenkel des Winkels in rad.[2]

  • ω = 6,28 rad geteilt durch T

Wenn man also den Winkel für einen ganzen Kreis in rad durch die dafür benötigte Zeit dividiert, erhält man die Winkelgeschwindigkeit in rad pro Sekunde, auch geschrieben als rad/s. Zu den Vorteilen des Bogenmaßes sieh e auch den Artikel Bogenmaß ↗

Bahngeschwindigkeit in m/s


Die Bahngeschwindigkeit bei einer Kreisbewegung ist die Geschwindigkeit mit der sich etwas auf einer Kreislinie entlang bewegt. Man kann die Bahngeschwindigkeit zum Beispiel in Metern oder Zentimetern pro Sekunde angeben.[3]

Annahmen

  • r = 0,60 Meter (Armlänge)
  • T = 1 Sekunde (gemessen)

Formeln

  • v = 2·pi·r:T
  • v = pi·D:T
  • v = ω·r

Einsetzen

  • für T = 1 Sekunde käme man z. B. auf:
  • v = 2 · 3 · 0,6 m : (1 s)
  • v = 3,6 m/s

Legende


Zentripetalkraft über v


Schätzen wir jetzt ab, wie groß die Zentripetalkraft ist. Das ist die Kraft, mit der der Arm das rotierende Gewicht auf seiner Kreisbahn festhalten muss, also ständig hin zum Mittelpunkt der Kreisbahn zieht.[4] Dieser Mittelpunkt der Kreisbahn ist bei diesem Versuch in etwa das eigene Schultergelenk.

Annahmen

  • Gewicht von m = 5 kg wird geschleudert
  • Eine Umdrehung braucht T = eine Sekunde

Formeln

  • F = m·v²:r
  • F = m·ω²·r

Legende


Einsetzen

  • F = 5 kg · 3,6² · m²/s² : 0,6 m | 3,6² berechnen
  • F = 64,8 · kg · m²/s² : 0,6 m | 64,8 durch 0,6
  • F = 108 kg·m/s² | kg·m/s² = Newton
  • F = 108 N

Da wir weiter oben die Bahngeschwindigkeit mit pi = 3 gerechnet haben, pi aber tatsächlich etwas größer ist (etwa 3,14), wäre die wirkliche Zentripetalkraft noch etwas größer. Mit pi = 3,16 wäre die Bahngeschwindigkeit nicht 3,6 m/s sonder 3,768 m/s. Das ergäbe eine Zentripetalkraft von rund 118 Newton. Wenn es nur um eine grobe Abschätzung der Größenordnung der Kräfte geht, kann man mit Pi = 3 rechnen. Für eine höhere Genauigkeit aber kann man auch mehrere Nachkommastellen von Pi berücksichtigen.

Zentripetalkraft über ω


Sehr viel weniger Aufwand macht es, die Zentripetalkraft über die sogenannte Winkelgeschwindigkeit ω (kleines griechisches Omega) zu berechnen. Wer es hinbekommt, sich unter Rad pro Sekunde etwa anschauliches vorstellen zu können[2], sieht ohne Rechnung sofort, dass eine Umrundung in einer Sekunde einer Winkelgeschwindigkeit von etwa 6 rad/s entspricht. Damit wird die ganze Berechnung der Zentripetalkraft deutlich kürzer:

Annahmen

  • Winkelgeschwindigkeit: 6 rad/s
  • Geschleuderte Masse: 5 kg
  • Radius (Armlänge): 0,6 m

Rechnung

  • Formel: F = m·ω²·r
  • Einsetzen: F = 5 kg · (6 rad/s)² mal 0,6 m
  • Ausrechnen: F = 108 kg·m/s² = 180 N

Interessant hier ist, dass die Einheit rad am Ende weggelassen wurde. Das kommt daher, dass das rad eine sogenannte dimensionslose Einheit ist. Das rad gibt eigentlich das Verhältnis der Kreisbogenlänge eines Winkels zum Radius an. Das Verhältnis ist rechnerisch die Division. Damit dividiert man eine Länge durch eine andere Länge. Damit kürzen sich aber die Längeneinheiten gegenseitig weg und man kommt auf eine dimensionslose Angabe. Siehe mehr dazu unter dimensionslos ↗

Der Einfluss der Masse


Wir haben bisher nur die Zentripetalkraft betrachtet, das ist die Kraft die alleine durch die Kreisbewegung entsteht. Wir kamen in unserem Rechenbeispiel damit auf Werte, je nach eingesetztem Wert für pi, von 108 bis 118 Newton. Nun hat aber auch die Gewichtskraft der geschleuderten Masse selbst noch einen interessanten Einfluss. Im obersten Punkt der Kreisbewegung wirkt die Gewichtskraft der 5 kg, das sind rund 50 Newton, nach unten. Nach unten abe heißt, dass die Gewichtskraft hier selbst als Zentripetalkraft wird und nicht vom Arm aufgebracht werden muss. Damit verringert sich die nötige Zentripetalkraft des Armes von etwa 110 Newton auf dann nur noch etwa 60 Newton. Im tiefsten Punkt der Bewegung wirkt die Gewichtskraft von 50 Newton aber weg von der Kreismitte. Der Arm muss das kompensieren (ausgleichen) und so kommt man auf eine Zentripetalkraft an der Hand von etwa 160 Newton.

Tiefergehende Auswertungen


Deutlich aufwändiger wird die Auswertung, wenn man die Geschwindigkeit der Hand nicht mehr als gleichförmig betrachtet. Tatsächlich darf man annehmen, dass sich die Hand auf ihrem Weg nach unten beschleunigt, da ja das Gewicht nach unten zieht. Und auf ihrem Weg nach oben dürfte die Geschwindigkeit mehr oder minder stark abnehmen. Statt von durchschnittlichen oder gemittelten Werten betrachtet man dann eher sogennnte Momentanwerte, also Werte die zu bestimmten Momenten oder Positionen auf der Kreisbahn gelten.

  • Mit Filmauswertung: Geschwindigkeit an verschiedenen Positionen
  • Darauf aufbauend: Kräfte an verschiedenen Positionen
  • Die Bahnbeschleunigung zwischen verschiedenen Positionen

Fußnoten


  • [1] Indem man die Zeit für zum Beispiel zehn Umrundungen gleichmäßig auf die zehn Umrundungen verteilt, tut man bewusst oder unbewusst so, als habe jede einzelne der zehn Umrundungen auch dieselbe Zeit benötigt. Das rechnerische Ergebnis der Division ist ein sogenannter Durchschnittswert oder auch arithmetisches Mittel genannt. Wertet man den Film mit einer Zeitlupenfunktion und einem Timer in einem Filmbearbeitungsprogramm aus, so stellt man vielleicht fest, dass man am Anfang etwas mehr Zeit für eine Umrdehungne benötigte und zum Ende hin mit wachsender Übung immer schneller wurde. Oder umgekehrt, am Anfang war man schneller und zum Ende hin trat eine Ermüdung ein und man wurde langsamer. Ob die rechnerische Bildung eines Durchschnittswertes gerechtfertigt ist oder oder nicht, hängt auch von der Art der Fragestellung ab. Möchte man zum Beispiel in einer sportmedizinischen Betrachtung untersuchen, ob es bei Vertikal-Schleuder-Versuch Ermüdungseffekte schon nach 10 Umdrehungen gibt, kommt man mit dem Durchschnitt alleine nicht weiter. Man benötigt dann die wirkliche Periodendauer für jede einzelne Umdrehung. Siehe auch Durchschnitt ↗
  • [2] Die Winkelangabe in rad nennt man auch das Bogenmaß. Bei der Angabe von Winkeln im Bogenmaß taucht oft auch die Kreiszahl Pi auf. Das kommt daher, dass man für einen Winkel von 360° genau 2 mal Pi also, etwa 6,28 mal, den Radius auf dem Kreisrand entlang auselegt benötigt. Siehe mehr zur anschaulichen Bedeutung von Winkelangaben in rad im Artikel zum Bogenmaß ↗
  • [3] Beim hier betrachteten Vertikal-Schleuder-Versuch gibt man die Bahngeschwindigkeit am praktischsten in Metern pro Sekunde an. Die Ergebnisse werden wahrscheinlich meist im Bereich von vielleicht 3 bis 5 Metern pro Sekunde liegen. Bei anderen Kreisbewegungen können aber auch andere Einheiten sinnvoll sein. Der Mond zum Beispiel bewegt sich mit rund 1000 Metern pro Sekunde auf seiner fast kreisförmigen Bahn um die Erde. Siehe mehr unter Bahngeschwindigkeit ↗
  • [4] Bei dieser Betrachtung berechnen wir nur die Kraft, mit der die Han das Gewicht nach innen ziehen muss. Die Kraft, die man bei dem Versuch aber tatsächlich spürt ist eher die Kraft die das Schultergelenk aufbringen muss. diese Kraft wird hier nicht berechnet. Um die Kraft im Schultergelenk zu berechnen, müsste man auch die Masse des rotierenden Armes mit berechnen. Diese dürfte tatsächlich recht groß sein, da Knochen im menschlichen Körper recht schwer sind. In der Auswertung hier aber wird nur die Zentripetalkraft berechnet, die die Hand zum Halten des Gewichtsstücks benötigt.