R


Bostrom-Fenster


Futurologie


Grundidee


Möglicherweise werden Menschen in ihrer jetzigen Form sowie die uns wertvollen Lebensweisen in Kürze verschwinden. Künstliche Intelligenz und künstliche - uns fremde - Lebensformen könnten uns in einem biologisch-ökonomischen Wettkampf letztendlich die Ressourcen entziehen und uns damit verdrängen. Als einzig zuverlässige Gegenmaßnahme sieht Bostrom die Errichtung einer Art Weltregierung. Die kurze dafür verbleibende Zeitspanne könnte man Bostrom-Fenster nennen. Das ist hier kurz skizziert.

Das Szenario einer verdrängten Menschheit


Wer in einer geldbasierten Marktwirtschaft keinen geldwerten Nutzen bieten kann, wird auch nichts fordern können. So argumentierte bereits im Jahr 1836 der Ökonom Thomas Robert Malthus[12]. Im Jahr 2002 zeichnete Gregory Stock das Bild eines sozialen und ökologischen Wettbewerbs, in dem die einzelnen Menschen zu evolutionären Wettrüsten hin zu mehr Effizienz gedrängt werden. Sie werden dabei auf transhumanistische Technologien zurückgreifen (müssen), um ökonomisch mithalten zu können[3]. Ein solches Szenario spinnt der schwedische Philosoph Nick Bostrom (geboren 1973) fort zu einem möglichen Hinweg-Evoluieren der Menschnheit in ihrer jetzigen Form[1].

Die Bostrom-Bremse als Abwehr


Bostrom sieht als einzige mögliche Abwehr vor der Selbstabschaffung der jetzigen Menschheit die Errichtung einer Art Weltregierung. Diese Weltregierung müsste dann den weiteren Gang der Evolution so steuern, dass wünschenswerte Lebensformen und Lebensweisen für uns Menschen erhalten bleiben. Die dazu nötigen Maßnahmen kann man treffend bezeichnen als Bostrom-Bremse ↗

Das Bostrom-Fenster als historisch kurze Chance


Um einen unkontrollierbaren Klimawandel zu verhindern hatten die Menschen einen Zeitraum, der von vielleicht 1990 bis 2020 reichte. Ab 2020 begannen dann wahrscheinlich Kippfaktoren zu wirken, die einen weiteren Verlauf für uns Menschen unkontrollierbar machen könnten[8]: der Zeitraum für eine erfolgreiche Klimapolitik ist verstrichen. Begrenzten Zeiträume für Handlungsmöglichkeiten bezeichnet man oft als Zeitfenster oder kurz Fenster. Sie sind eine Zeit lang offen, um sich dann für eine lange Zeit oder für immer zu schließen. Für Bostroms Szenario einer sich abschaffenden Menschheit wird sich das Zeitfenster spätestens mit dem Eintreffen einer sogenannten technologischen Singularität schließen. So bezeichnet man den Zustand, in dem künstliche, oft maschinelle, Intelligenzen die Auffassungsgabe der Menschheit überstiegen haben und der Mensch hilflos vor einem überschnellen technologischen Fortschritt steht[9]. Einige Autoren sehen diesen Moment entweder schon als überschritten oder in nächster Zukunft[10] anstehend an. Ist der Zustand einmal erreicht, hat die Menschheit die Kontrolle über das weitere Geschehen verloren und das Fenster ist zu.

Das Fermi-Paradoxon als ungeklärtes Rätsel


Eine für uns Menschen düstere Prognose ergibt sich aus dem folgenden Gedankengang. Alleine in unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es rund 200 Milliarden Sterne. Viele davon haben Planetensysteme und von den Planeten sind sehr viele (abermillionen) wahrscheinlich erdähnlich. Wenn nun die Entstehung biologischen Lebens ein eher wahrscheinlicher Vorgang auf erdähnlichen Planeten ist, dann müsste es im Universum auch abermillionen menschenähnlicher Zivilisationen geben. (Eine bekannte Formel zur Abschätzung dieser Anzahl ist die sogenannte Drake-Gleichung.) Das Problem bei diesem Gedankengang ist: man sieht im Universum nirgends auch nur andeutungsweise Spuren menschenähnlicher Zivilisationen. Man hat bisher keine Radiosignale von Außerirdischen erkannt, man beobachtet nirgends die Spuren interstellarer Kriege, man hat nirgends archäologische Artefakte gefunden und man sieht nirgends im Universum eindeutige Abweichungen von den den newtonschen Bewegungen von Himmelskörpern, die auf einen intelligenten Einfluss hindeuten würden. Dieses Fehlen jeder Indizien für außerirdische intelligente Regungen und Zivilisationen nennt man das Fermi-Paradoxon ↗

Das verpasste Bostrom-Fenster als Lösung des Fermi-Paradoxons?


Eine Möglichkeit zur Erklärung des Fermi-Paradoxon könnte sein, dass letztendlich alle Zivilisationen einen Zustand ähnlich der heutigen Menschheit erreichen: es öffnet sich für wenige Jahrzehnte die Möglichkeit, das biologisch entstandene Leben in seiner dann existierenden Form zu konservieren. Doch möglicherweise sind alle Lebensformen so gestrickt, dass sie das Bostrom-Fenster ungenutzt sich wieder schließen lassen. Es folgt dann sehr schnell eine technologische Singularität in deren Folge das Leben Formen annimmt, die für uns völlig unerkennbar sind. Vielleicht ergreift das Leben Besitz von ganzen Planeten in ihrer Dreidimensionalität. Vielleicht werden Meere und Magmaströme in die physische Grundlage von Rechenleistung transformiert und erlangen eine psychische Qualität? Vielleicht sind die Himmelskörper oder sogar ganze Galaxien letztendlich beseelte Wesen deren Regungen uns völlig unverständlich sind? Diesen letzten Gedanken von beseelten kosmischen Großobjekten hat unter anderem der englische Philosoph Olaf Stapledon in seinem Roman Nebula Maker ausgearbeitet. Möglicherweise werden solche planetaren oder sogar kosmischen Überwesen menschenähnlichen Lebensformen ganz ihre Ressourcen (Licht, Energie, Raum) entziehen und sie damit immer ausgerotten. Oder aber die Überwesen haben sich menschenähnliche Lebensformen wie Endosymbionten einverleibt und in ihrer Wirkungsreichweite beschränkt auf innere Funktionen des planetaren Körpers. Einen ähnlichen Gedanken entwickelte auch der amerikanische Science Fiction Autor Istvan Zoltan[5]. Bei Istvan heißt das enge Zeitfenster Jethros Window ↗

Fußnoten