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Eusozialität


Biologie


Basiswissen


Als eusozial oder auch ultrasozial[19] bezeichnet man Tiere, die eine besonders intensive Form des sozialen Zusammenlebens pflegen. Die Vorsilbe Eu heißt dabei so viel wie „echt“ oder „wirklich“. Von Eusozialität wird üblicherweise in Verbindung mit staatenbildenden Insekten gesprochen. Das einzige eusozial lebende Säugetier ist der Nacktmull.

Definition von Eusozialität


Die Volvox-Kugelalge[22], Bienen[14], Termiten[16], Ameisen[17], Nacktmulle[12] und Krustentiere[21]: In der Biologie spricht man von Eusozialität auch im weiten Sinn, wenn die Bedingungen a bis d erfüllt sind und von Eusozialität im engeren Sinn wenn auch noch die Bedingung e erfüllt ist[8][19]:


1.0: Eusozialität ≈ gemeinsame Brutpflege, Nahrungsbeschaffung, Verteidigung, Arbeitsteilung, mindestens eine unfruchtbare Kaste, generationsübergreifendes Zusammenleben

Die Forderung einer nicht fortpflanzungsfähigen Kaste gehört zu einer engeren Definition von Eusozialität. Man spricht auch von einem reproduktiven Altruismus[22]. Zumindest im Ansatz lassen sich entsprechende Tendenzen auch bei menschlichen Gesellschaften beobachten[35][36]. Bemerkenswert ist, dass keine der verschiedenen Definitionen oder Charakterisierungen von Eusozialität den programmierten Zelltod, die Apopotose, mit aufführt[23].

Eusozialität bei Tieren


Eusozialität wurde vor allem bei staatenbildenden Insekten beschrieben. Unter anderen Tierarten ist die Eusozialität eher selten. Das einzige bekannte Säugetier mit Eusozialität ist der Nacktmull[11][12]. Ein weiteres Beispiel ist der Zehnfußkrebs Synalpheus[21]. Keine Vogelart gilt heute als echt eusozial und auch Herdentiere wie Löwen oder Wölfe zählen nicht zu den eusozialen Tieren[33].

2.0: Eusozialität ist weit verbreitet unter Insekten und seltener bei anderen Tierklassen.

Wie bei Insekten, pflanzen sich auch beim Nacktmull nur wenige Weibchen fort, während die restlichen Weibchen keine Chance auf eine Zukunft ihrer individuellen Gene haben[7]. Siehe auch Nacktmull ↗

Eusozialität bei Menschen


Edward O. Wilson, einer der Pioniere der Begriffsbildung, sprach sich ausdrücklich dafür aus, Eusozialität auch bei Gruppen von Menschen zu suchen[6], was manche Autoren auch tun[9] und etwa mit dem historischen Phänomen von Harems und Eunuchen[10] oder einer unfruchtbaren Kaste von Priestern (Zölibat)[18] in Verbindung bringen.

3.0: Auch Menschen spricht man Eusozialität zu.

Weitere Indizien für eine menschliche Eusozialität ist die generationenübergreifende Sorge um den Nachwuchs[19], eine stark arbeitsteilig organisierte Lebensweise, eventuell auch bei der Aufzucht von Nachwuchs[35][36] sowie ein hohes Maß an Friedfertigkeit innerhalb von Gruppen[24].

Der Mensch an der Schwelle zum Superorganismus?


Verschiedene Autoren sehen die menschliche Eusozialität als Teil einer Entwicklung der Menschheit hin zu einem Überorganismus[20]. Der entsprechende Vorgang wird als evolutionäre Transition[20] oder auch als Metaystem-Transition[26] bezeichnet. Wie in der Zoologie spricht man auch bei dem hypothetischen menschlichen Überwesen von einem Superorganismus[27].

4.0: Eusozialität gilt als Zwischenzustand bei einem Übergang hin zu einem Superorganismus.

Manche Autoren[29] halten dabei die Ausbildung unfruchtbarer Arbeiterkasten für eine notwendige Voraussetzung für eine evolutionäre Transition. Und tatsächlich scheint es Indizien zu geben, dass eine starke wirtschaftliche Ungleichheit, etwa in den USA, die Ausbildung einer reproduktiven Kaste und einer weitgehend sterilen Kaste fördern könnte: Wirtschaftlich sehr erfolgreiche Frauen kaufen sich die Fürsorge für ihre Kinder billig auf einem Markt ein, der von wirtschaftlich deutlich schwächeren Personen bedient wird (z. B. Baby-sitting, Privatschulen, private Kindergärten)[35][36].

5.0: Es könnte sich eine reproduktive und eine sterile Kaste auch bei Menschen ausbilden.

Andere Autoren stellen eine Verbindung zum Begriff der (technologischen) Singularität her[30], einem sprunghaften Ereignis, das die Menschen eher formt (guide) und zu Stufen höherer Komplexität führen kann. Eine größere Anzahl von Autoren sieht die Menschheit auf dem Weg hin zu einem Superorganismus aus biologischen, maschinellen und wirtschaftlichen Teilen[37].

6.0: Die Eusozialität von Mensch ist möglicherweise eine Übergangsform hin zu einem menschlichen Superorganismus.

Der spekulative aus Menschen bestehende Superorganismus ähnelt dann in vielen Aspekten auch tierischen Organismen[38] und kann als eusozial angesehen werden. Dieser Gedanke wird ausführlicher behandelt im Artikel zur sogenannten HMST [Human Metaystem-Transition] ↗

Quaestiones


Als Quaestio mit der Mehrzahl Quaestiones bezeichnet man eine Frage oder strittige Aussage, die durch eine wissenschaftliche Herangehensweise geklärt werden soll[25]. Viele Autoren, etwa Isaac Newton[28], versahen ihre eigenen Werke mit längeren Listen solcher Quaestiones im Sinne offener Forschungsfragen.


Fußnoten