Elektronenwelle
Physik
Basiswissen
Eine Elektronenwelle[1], auch de-Broglie Welle genannt[2] ist ein Sonderfall einer Materiewelle. Man versteht heute darunter eine mathematische Wellenfunktion[3], die die Welleneigenschaften[3] von Elektronen beschreibt. Dabei wird das physikalisch reale Elektron selbst stets als eng lokalisierter Körper betrachtet[5][6] betrachtet. Wellenartig an Elektronen ist nur die Verteilung der Wahrscheinlichkeiten, Elektronen zu bestimmten Zeiten an verschiedenen Orten anzutreffen, nicht etwa die Form oder Bewegungsart des Elektrons selbst[8]. Die modellhaft angenommenen Wellen sind dabei stehende Wellen.[10] In der Schulphysik wird diese Deutung der Elektronenwelle vor allem am Beispiel von Beugungs- und Interferenzmustern sowie dem Potenzialtopf behandelt.
Die Elektronenwelle bei Beugungsversuchen mit Interferenzmustern
Im Jahr 1927 konnte in dem sogenannten Davisson-Germer-Experiment[7] gezeigt werden, dass Elektronen ähnlich wie auch Licht typische Beugungsmuster erzeugen kann. Solche Befunde erregten schon früh die Gemeinde der Physiker.[9] Das Experiment war ein Beweis dafür, dass sich die Orte, an denen man Elektronen antreffen kann, mit einem Wellenmodell beschreiben lassen. Dabei stellt man sich die Elektronenwelle in enger Anlehung an reale Wasserwellen vor. Eine häufig betrachtete Analogie ist die konstruktive und destruktive Interferenz. Siehe dazu mehr unter Elektronenbeugung ↗
Die Elektronenwelle und der Potenzialtopf
Eine zweite Sichtweise auf Elektronenwelle ist die des Potenzialtopfes[3]. Hier ist der zentrale Gedanke der einer stehenden Welle in einen begrenzten Raum. Wo die stehende Welle Bäuche ausbildet, sie also sinnlich gedacht starke Ausschläge hat, sind Elektronen häufig anzutreffen. Wo die stehende Welle Knoten hat, die Ausschläge also null sind, trifft man keine Elektronen an. Siehe mehr dazu unter Potenzialtopf ↗
Fußnoten
- [1] Von einer "Elektronenwelle" spricht etwa Erwin Schrödinger im Zusammenhang mit de Broglies Theorie von Materiewellen: "Nur wenige Jahre nach dieser berühmten Doktorarbeit de Brglies wurden die von ihm theoretisch geforderten „Elektronenwellen“ experimentell nachgewiesen". In: Erwin Schrödinger: Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild. Scientia Nova. Oldenbourg. 2008. ISBN 978-3-486-58671-8. Dort im Abschnitt "Quantentheorie: Planck, Bohr, de Broglie" auf Seite 111. Siehe auch de-Broglie-Wellenlänge ↗
- [2] Das Höfling Lehrbuch der Physik setzt im Kapitel "8.3.14 Das Wellenbild des Elektrons" die "Elektronenwelle" gleich mit der "De-Broglie-Welle". Die heute gültige Deutung sei die von Max Born im Jahr 1926 vorgelegte Version, die sinngemäß besagt: "Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen zu einer vorgegebenen Zeit bei einem Experiment in einem Raum vo Volumen ΔV anzutreffen, ist gleich dem Produkt aus dem Betrag des Amplitudenquadrats an dem betreffenden Ort und der Größe des Volumens ΔV." In:
- [3] Das Lehrbuch Dorn.Bader behandelt unter dem Stichwort "Elektron Wellenfunktion" "eingesperrte" Elektronen in einem Potenztialtopf. Relevante Stichworte sind dort Wellenfunktion, Wahrscheinlichkeitsdichte und Quantisierung". In: Dorn.Bader. Physik SII Gesamtband Gymnasium. Westermann Bildungsmedien. Braunschweig. 2023. ISBN: 978-3-14-152376-8. Dort das Kapitel "9. 4 Potenzialtopfmodell und Linienspektrum" ab Seite 350.
- [4] Das Metzler Lehrbuch der Physik behandelt auf vier Seiten die "Welleneigenschaften von Elektronen und Materieteilchen" mit den Unterpunken 10.2.1 "de-Broglie-Wellen", 10.2.2 "Elektronen, Atome, Moleküle - keine klassischen Teilchen" und betrachtet darauf aufbauend im Kapitel 10.3 "Quantenobjekte". Das Wort "Elektronenwelle" wird im Register nicht geführt, entspricht der Idee nach aber am ehesten den de-Broglie-Wellen, welche am Beispiel von konzentrisch-kreisförmigen Beugungsmustern von Elektronen nach dem Durchgang durch Graphit- oder Zirkoniumfolien behandelt werden. In: Metzler Physik. 5. Auflage. 592 Seiten. Westermann Verlag. 2022. ISBN: 978-3-14-100100-6. Dort die Seiten 394 bis 398.
- [5] Der Physiker Richard Feynman weist darauf hin, wass Elektronen stets nur in Klumpen (lumps) beobachtet werden: "We conclude, therefore, that whatever arrives at the backstop arrives in “lumps.” All the “lumps” are the same size: only whole “lumps” arrive, and they arrive one at a time at the backstop. We shall say: “Electrons always arrive in identical lumps." Wo sie in Experimenten gemessen werden, wird jedoch von Wellengleichungen bestimmt: "We conclude the following: The electrons arrive in lumps, like particles, and the probability of arrival of these lumps is distributed like the distribution of intensity of a wave. It is in this sense that an electron behaves sometimes like a particle and sometimes like a wave.” In: The Feynman Lectures on Physics, Volume I. Mainly mechanics, radiation, and heat. Feynman • Leighton • Sands. Dort das Kapitel 37: Quantum behaviour. Online: https://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_37.html
- [6] Auch das Lehrbüch Höfling betont, dass man Elektronen in real durchgeführten Experimenten "wie nahezu punktförmige Gebilde" beschrieben: "In Nachweisapparaturen treten die Elektronen stets wie nahezu punktförmige Körper auf." In: Oskar Höfling: Physik. Lehrbuch für Unterricht und Selbststudium. Fünfzehnte Auflage. 1994. ISBN: 3-427-41045-5. Dort die Seite 823.
- [7] C. Davisson, L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel. In: Phys. Rev. Band 30, 1927, S. 705–740. Siehe auch Davisson-Germer-Experiment ↗
- [8] Als Erwin Schrödinger im Jahr 1926 seine Wellenfunktion für Elektronen vorstellte, dachte er daran, dass einzelne Elektronen für sich alleine gesehen eine wellenartig beschreibbare Ausdehnung haben könnten. Diese Sicht wurde bereits in jener Zeit von Max Born abgelehnt und heute als überholt. Siehe mehr unter unter Schrödinger-Welle [historisch] ↗
- [9] Niels Bohr im Jahr 1928 zu den Welleneigenschaften von Elektronen: "Die Individualität der elektrischen Elementarteilchen dürfte aus den allgemeinsten Erfahrungen hervorgehen. Nichtsdestoweniger ist man gezwungen, um verschiedene Tatsachen, namentlich die kürzlich entdeckte selektive Reflexion von Elektronen an Metallkristallen zu erklären, das wellentheoretische Superpositionsprinzip heranzuziehen, wie es den ursprünglichen Ideen von L. DE BROGLIE entspricht." In: Niels Bohr: Das Quantenpostulat und die neuere Entwicklung der Atomistik. In: Die Naturwissenschaften. I6. Jahrgang 13. April 1928 Heft 15. Siehe auch Quantenpostulat ↗
- [10] Die Elektronenwelle als stehende Welle: "Physikalische Experimente (Elektronenbeugung, C OMPTON-Streuung elektromagnetischer Strahlung an Elektronen)
Ψ selbst keine anschauliche Bedeutung hat, beschreibt ihr Quadrat,Ψ², den Raum um den Atomkern, in dem sich das Elektron mit größter Wahrscheinlichkeit aufhält. Dieser durch Ψ² beschriebene "Aufenthaltsraum" eines Elektrons wird als Atomorbital bezeichnet." In: Prüfungstraining Organische Chemie, 1. Auflage. Eberhard Breitmaier. © 2024 Wiley-VCH GmbH. Dort das Kapital "Atomorbitale, Elektronenzustände" auf Seite 8. Siehe auch stehende Welle ↗