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Diversitätsgenerator


Soziobiologie


Grundidee


Die Mutationen einzelner Bakterien in einer Bakterienkolonie erfolgen nicht zufällig, so der Schrifsteller Howard Bloom. Vielmehr wären die Mutationen „maßgeschneiderte genetische Veränderungen“, um momentane Notlagen[3] zu bestehen. Dabei erzeugen die Kolonien von Bakterien gezielt von der Norm abweichende Individuen. Die entsprechenden Prozesse nennt Bloom Diversitätsgeneratorn, Erzeuger von Vielfalt.

Diversität bei Bakterien als Überlebensstrategie


In einem längeren Kapitel[1, Seite 25 ff.] über sogenannte Stromatolithen aus der erdgeschichtlich frühen Zeit des Präkambriums beschreibt Bloom, wie diese Bakterien, sogenannte Prokaryoten oder spezieller Cyanobakterien, sich wechselnden Umweltverhältnissen anpassen. Der Lebensraum sind sogenannte "Gezeitentümpel des Meeres". Die Bakterien, so Bloom, hatten damals bereits die Arbeitsteilung entdeckt[1, Seite 26]. Manche Individuen trieben Photosynthese und legte Vorräte von ATP, einen Energiespeicher an. Die ersten Generationen einer neuen Kolonie seien sesshaft. Sie zehren zunächst die Ressourcen bis zur Erschöpfung auf, bis eine Versorgungskrise auftritt. Die Bakterien würden, so Bloom dann Kundschafter für neue Weidegründe aussenden. Manche Arten würde auch die genetische Vielfalt neuer Individuen gezielt steigern: "Jedes Individuum repräsentiert eine Hypothese im gemeinsamen Bewußtsein"[1, Seite 79]. Die Diversitätsgeneratoren erzeugen eine "kräftige Dosis" von "Neuheit".

Diversität als Anlass für eine Artenbildung


Unter Überschriften wie "Der Haufen und der Streit: der Zerfall der Gruppe"[1, Seite 156], "Brutofen der Spaltung"[1, Seite 161] oder "Kulturelle Zentrifuge"[1, Seite 163] argumentiert Bloom dann, dass es Mechanismen von Bakterien über Tiere bis hin zu Menschen gibt, die bei Dauerstreß zu einem Auseinanderfallen von Gruppen. "Hunger und Verzweiflung sind dramatische Anzeichen dafür, daß eine Gruppe ihre Nische verloren hat." Und ohne Verweis auf einen möglichen Klimawandel: "Je heißer es wird, desto mehr steigt die Gewaltbeeitschaft zwischen Menschen[1, Seite 162][2]". Und "Luftverschmutzung, Krach und die Verbreitung schlechter Nachrichten[5][6] erhöhten überdies den Grad der Reizbarkeit"[1, Seite 162]. Bei Baktieren würde Dauerstreß zu einer Aufspaltung in Gruppen führen[1, Seite 163]. Ohne den Begriff zu verwenden, denkt Bloom hier möglicherweise an Artbildung ↗

Kulturelle Diversität


Bloom beschreibt im Kapitel "Die kulturelle Zentrifuge[1, Seite 163]" wie unsere menschlichen Vorfahren über fast zwei Millionen Jahre auf einem kulturellen Niveau ohne großen Fortschritt verharrten. Erst als in Afrika vor rund 130 Tausend Jahren "Protmenschen" auftraten, die "Farbpigmente und Kieselsteine sammelten, um sie offensichtlich in Zeremonien zu verwenden[1, Seite 163]". Bald darauf seien Innovationen etwa auch bei Speeren aufgetreten und "zerstreut lebende Familien kamen zur Ausführung großer Projekte zusammen, die durch den Segen neuer Hardware plötzlich möglich wurden[1, Seite 164]". Dann wurden kulturelle Unterschiede erzeugt und betont, etwa das Einschnüren von Kinderschädeln mit straffen Bändern vor 70 Tausend Jahren oder das Feilen von Zähnen. Der Nutzen davon sei gewesen, so Bloom, zu zeigen, dass "meine Gruppe nicht deine Gruppe ist" und dass man "sich besser nicht näher kam". Bloom zitiert dann einen Erik Erikson mit dem Wort der Pseudo-Artenbildung. Außenseiter der Gruppe habe man wahrscheinlich als "Untermenschen" aufgefasst. Stämme, die sich abspalteten würden schnell eigene Dialekte und Rituale ausbilden und es entstünde ein "großer genetischer Unterschied[1, Seite 167]. Die Diversitätsgeneratoren wirken letztendlich so stark, dass die Männer der südamerikanischen Yanomamo von Frauen für das "abschlachten" von Gegnern konkurrierender Stämme verehrt würden und letztendlich auch viel mehr Nachkommen hätten als jene die "das Blutvergießen verabscheuen[1, Seite 168]". Und was ist der Nutzen von alle dem? "Auseinanderfallende Gruppen entwickelten geniale Mittel, reiche Beute durch den Zugriff auf unbekannte Länder und Gewässer zu machen", die "Kulturelle Evolution" wird "beschleunigt"[1, Seite 169]. Siehe auch Fremdenhass ↗

Fußnoten