Wurfparabel (Raketenflug)
Physik
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Basiswissen|
Video|
Flugbeschreibung|
Parabelmodell|
Scheitelpunkt|
Abschusswinkel|
Luftwiderstand|
Flugdauer|
Vertikal|
Horizontal|
Trajektorie mit Zeitangaben|
Fußnoten
Basiswissen
Eine Streichholzrakete wurde unter einem Winkel von etwa 45° und aus einer Höhe über dem Boden von 90 Zentimetern abgeschossen. Nach dem Lift-off flog die Rakete antriebslos. Insgesamt 7 Positionen wurden als Punkte auf der Flugbahn gemessen. Die Punkte passen recht gut auf das mathematische Modell einer Wurfparabel. Je geringer der Einfluss des Luftwiderstandes, desto symmetrischer ist die Parabel. Interessant ist, dass man auch ohne jede Messung von Zeiten letztendlich doch auf Flugdauern und Geschwindigkeit schließen kann.
Video
Ein very-low-budget Experiment: eine mit gerade greifbaren Stangen wurde die Höhe der Rakete über dem Boden gemessen. Aus der bekannten Länge der Stangen wurde in der Videoauswertung über Messungen mit dem Lineal auf dem Bildschirm die wahre Höhe der Rakete über Dreisatz berechnet. Das Ergebnis dieser doch sehr groben Methode war eine verblüffend gute Parabelform als quadratische Funktion.
Flugbeschreibung
Eine vielleicht 7 Zentimeter Lange und mit 1 bis höchstens drei Streicholzköpfen angetriebene Rakete aus Aluminiumfolie flog nach dem Lift-off von einer Abschussrampe (Holzspieß) ohne eigenen Antrieb durch die Luft. Die Trajektorie, das heißt die Flugbahn, führt nur wenige Dezimeter vor einer großen Gartenwand entlang, die den optischen Hintergrund bildete. An die Wand angelehnt standen angelehnt verschiedene gut 2 Meter hohe Stäbe. Die Stäbe waren in aufeinanderfolgenden Abständen von einem Meter angeordnet. Über eine Videoauswertung konnten mit Hilfe dieser Stäbe später insgesamt 7 Positionen als Punkte während des Flug bestimmt werden:
0,0 | 0,90
1,0 | 1,56
2,0 | 1,84
3,0 | 1,85
4,0 | 1,45
5,0 | 0,75
5,5 | 0,00
In der linken Spalte stehen die horizontalen Distanzen zum Abschusspunkt in Metern. In der rechten Spalte steht die dazugehörige Höhe über dem Boden in Metern. Die Geschwindigkeit wurde bei diesem Flug nicht gemessen. Bei ähnlichen Flügen lagen die Werte bei etwa 18 bis 30 m/s für den ersten Meter Flug direkt nach dem Abschuss.
Parabelmodell
Über eine Auswertung am Computer[1] wurde für diese 7 Punkte auf der Trajektorie eine ganzrationale Funktion zweiten Grades, also eine quadratische Funktion als Näherungsgleichung erstellt:
- f(x) = -0,186207122869195x²+0,883413404454627x+0,873454633325579
Scheitelpunkt
Das Maximum, also der Scheitelpunkt der Parabel, liegt für diese Funktion rechnerisch im Punkt (2,3721|1,9212). Wie gut passt dieser Rechenwert aus dem Modell auf die tatsächlich gemessenen Werte? Für diese Frage interessant sind der dritte und der vierte Messpunkt, die unter Berücksichtigung der (geringen) Messgenauigkeit praktisch für dieselbe Höhe über dem Boden stehen:
Berechnet
- (2,3721|1,9212)
Gemessen
- Dritter Messpunkt: (2,0|1,84)
- Zweiter Messpunkt: (3,0|1,85)
Da die Parabel als symmetrisch zu ihrem Scheitelpunkt angenommen wird, muss der Scheitelpunkt irgendwo zwischen den zwei x-Werten dieser zwei Punkte liegen, also zwischen den Werten 2 und 3. Und genau das ist auch der Fall. Der mit dem Modell berechnete x-Wert des Scheitelpunktes liegt bei rund 2,4. Das mathematische Modell gibt also gut den beobachteten Scheitelpunkt wieder. Zur Berechnung siehe auch Scheitelpunkt einer Parabel ↗
Abschusswinkel
Über die erste Ableitung f'(x) = -(6241700x-14806097)/16760100 kann man die Steigung α im Abschusspunkt berechnen. Die Steigung ist gleich f'(0), was hier etwa 0,8834 gibt. Davon Arcustangens ist der Steigungswinkel: α = 41°. Das passt einigermaßen gut auf den abgeschätzten Winkel von 45°. Zur Rechnung siehe auch den Artikel Steigung in Steigungswinkel ↗
Luftwiderstand
Eine Parabel besteht aus zwei sogenannten Ästen. Jede Hälfte der Parabel, einmal links vom Scheitelpunkt und einmal rechts vom Scheitelpunkt ist einer von zwei Ästen. Eine Parabel ist achsensymmetrisch zu einer senkrechten Linie durch ihren Scheitelpunkt. Das heißt, der linke und der recht Ast haben im mathematischen Modell der Parabel dieselbe Form. Die Äste sind nur an einer senkrechten Linie gespiegelt. Zeichnet man einen Graphen mit den tatsächlichen gemessenen Werten, so wirkt dieser Graph auch optisch einigermaßen symmetrisch.
Die relativ gut ausgeprägte Symmetrie der Parabel lässt einen interessanten Schluss zu: der Luftwiderstand kann keinen besonders großen Einfluss auf die Bahn der Rakete gehabt haben. Hätte der Luftwiderstand einen spürbaren Einfluss, hätte die Rakete über die Dauer des Fluges vor allem Geschwindigkeit in horizontaler Richtung verloren. Der Abstieg (rechter Ast) wäre dann deutlich steiler als der Aufstieg (linker Ast) gewesen. Da er das aber nicht war, sondern beide Äste ähnlich steil aussehen, kann man im Umkehrschluss auf einen geringen Einfluss des Luftwiderstandes schließen. Siehe dazu auch Luftwiderstand ↗
Flugdauer
Die erhobenen Daten geben keine Zeitinformation. Man weiß also zunächst nicht, nach welcher Flugdauer die Rakete welche Position auf ihrer Bahn erreicht hat. Geht man aber davon aus, dass der Einfluss des Luftwiderstandes vernachlässigbar war, dann kann man die Formeln für einen Freien Fall oder die Formeln für einen schiefen Wurf anwenden. Und mit diesem Formeln kann man rückwärts schließend die Zeiten für einzelne ausgewählte Positionen gut abschätzen. Die Grundidee dafür ist es, die Bewegung in eine vertikal (senkrechte) und eine davon losgelöste horizontale (waagrechte) Komponente zu zerlegen.[2]
Vertikal
Der Scheitelpunkt der Flugbahn lag etwa 1,85 Meter über dem Boden, der Abschusspunkt etwa 90 Zentimeter über dem Boden. Damit lag der Scheitelpunkt rund 95 Zentimeter über dem Abschusspunkt. Für einen senkrechten Wurf nach oben gelten die allgemeinen Formeln für eine konstant beschleunigte Bewegung:
Formel
- v = gt
- s = ½gt²
Legende
- v = die Geschwindigkeit zur Zeit t
- g = etwa 10 m/s², die Erdfallbeschleunigung ↗
- t = seit dem Abschuss, die Flugdauer ↗
Für einen senkrechten Wurf nach oben gilt die sogenannte T-Symmetrie (T für time), auf Deutsch auch Zeitsymmetrie[3]: die Bewegung läuft rückwärts gesehen genauso ab wie vorwärts. Ließe man einen Körper aus der Ruhe heraus und aus 0,95 Metern Höhe nach unten fallen, dann hätte er am Ende dieselbe Geschwindigkeit wie ein Körper, der mit dieser Geschwindigkeit vom Boden aus so senkrecht nach oben geworfen wird, dass er in 0,95 m Höhe die Geschwindigkeit 0 hat. Damit kann man mit s = ½gt² zunächst die Falldauer ausrechnen und danach mit v=at die vertikale Komponenten der Geschwindigkeit beim Abschuss:
- s = ½gt² | einsetzen
- 0,95 m = ½·10 m/s²·t² | vereinfachen
- 0,95 m = 5 m/s²·t² | durch 5 m/s²
- 0,475 s² = t² | Wurzel ziehen
- t ≈ 0,7 s
Mit dieser hypothetischen Falldauer aus 0,95 m Höhe kann man jetzt die Geschwindigkeit beim hypothetischen Aufprall berechnen:
- v = gt | einsetzen
- v = 10 m/s²·0,7 s
- v = 7 m/s
Das heißt im Umkehrschluss, dass die vertikale Komponente der Geschwindigkeit beim Abschuss bei etwa 7 m/s oder rund 25 km/h lag. Diese vergleichsweise niedrige Geschwindigkeit passt gut zu der Annahme eines geringen Luftwiderstandes.
Horizontal
Die Komponenten der Geschwindigkeit in horizontaler und vertikaler Richtung setzen sich immer aus zwei gedachten Vektoren zusammen. Man kann hier die Geschwindigkeit als Vektorgrößen auffassen.[4] Die Pfeile für die Geschwindigkeit in horizontaler und vertikeler Richtung sind dabei die Katheten in einem Rechtwinkligen Dreieck. Zwischen der Geschwindigkeit in horizontaler Richtung und der resultierenden Gesamtgeschwindigkeit nach schräg oben liegt der Abschusswinkel von 41°. Der Tangens des Winkels steht für das Verhältnis der vertikalen zur horizontalen Geschwindigkeit:
- Tangens von 41° ist etwa 0,87
Das heißt, bei diesem Winkel ist die vertikale Geschwindigkeit etwa das 0,87fache der horizontalen Geschwindigkeit. Über die Umkehrrechnung der Division gilt dann, dass die horizontale Geschwindigkeit gleich der vertikalen geteilt durch 0,87 ist. Mit dieser Überlegung kommt man auf eine horizontale Geschwindigkeit von etwa 8 m/s.