Atomhülle
Physik
Definition
Als Atom- oder Elektronenhülle bezeichnet man den äußeren Bereich eines Atoms, in dem es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, Elektronen anzutreffen. Als typischer Durchmesser wird oft ein Angström[1] angegeben.
Klassisch: das Schalenmodell der Atomhülle
Seit dem frühen 20ten Jahrhundert werden Atome häufig wie kleine Sonnensysteme dargestellt: die Elektronen bewegen sich auf festen Kreisbahnen um den Atomkern in der Mitte. Dabei werden die Regeln der klassischen newtonschen Physik wie etwa Zentrifugal- und Zentripetalkraft verwendet[6]. Anders als im Sonnensystem aber, liegen die Kreisbahnen nicht alle in einer Ebene sondern auf verschiedenen Kugelflächen, ähnlich wie Zwiebelschalen vorstellbar. In der Chemie findet man diese Vorstellung als Schalenmodell mit K-, L- und M-Schalen. Siehe auch Schalenmodell (Atomphysik) ↗
Quantenphysikalisch: die Atomhülle als Wahrscheinlichkeitswolke
Wer sich ein anschauliches Bild von einem Atom machen möchte, muss sich bewusst machen, ob dieses Bild im Rahmen der klassischen Physik[2] oder der Quantenphysik[3] gezeichnet werden soll. Wer "mit dem gesunden Menschenverstand" klassisch denkt, wird letzten Endes kein stimmiges Bild von einem Atom erstellen können. Einzig richtig kann die quantenphysikalische Vorstellung sein. Ein wesentlicher Zug der Quantenphysik ist ihr Charakter einer Physik von Wahrscheinlichkeiten. Ein Elektron aus der "Atomhülle" hat zwar in einer Gegend rund um den Kern die größten Wahrscheinlichkeiten, dort zu sein. Aber es hat auch kleine Restwahrscheinlichkeiten mitten im Kern zu sein[4] oder weit außerhalb[5]. Eine dazu passende Vorstellung ist die Idee einer Wahrscheinlichkeitswolke im sogenannten Orbitalmodell ↗
Fußnoten
- [1] Ein Angström sind so wie viel 10 hoch -10 Meter oder ein Zehntel Nanometer. Das Angström ist eine in der Atomphysik gängige Einheit, da sie in der Größenordnung von Atomen liegt. Siehe auch Angström ↗
- [2] Einfach gesagt kann man sich die klassische Physik als die "Physik des gesunden Menschverstands" vorstellen: die Objekte der Physik werden dann mehr oder minder so gedacht wie die Objekte unserer Alltagserfahrung: die Objekte als Dinge haben eine Masse, einen immer eindeutigen Aufenthaltsort, eine Ausdehnung im Raum und so weiter. Atome klassisch gedacht stellt man sich dann etwa wie ein kleines Sonnensystem vor. Siehe auch klassische Physik ↗
- [3] In der Quantenphysik werden die alltagsnahen Eigenschaften von Objekten nicht mehr automatisch auf die Objekte der Physik übertragen. Es gibt Objekte ohne Masse im Sinn einer Kilogrammzahl (z. B. Photonen) und möglicherweise auch ohne Volumen (vielleicht das Elektron). Und Objekte haben keine sicheren Aufenthaltsort mehr sondern nur noch Antreffwahrscheinlichkeiten. Siehe dazu mehr im Artikel Quantenobjekt ↗
- [4] Das wird durch den sogenannten k-Einfang belegt, eine besondere Form der Radioaktivität: ein Elektron aus der sogenannten K-Schale hält sich zufallsbedingt kurz im Kern auf, verschmilzt dort mit einem Proton zu einem Neutron und wandelt so den Kern um. Siehe auch k-Einfang ↗
- [5] Im sogenannten Orbitalmodell der Atome nimmt die Wahrscheinlichkeit für das Antreffen eines Elektrons mit wachsender Entfernung vom Kern zwar ständig ab, wird aber niemals zu endgültig Null. Damit gibt es immer auch eine Restwahrscheinlichkeit, ein Elektron aus einem Atom sehr weit entfernt vom Kern anzutreffen. Siehe dazu den Artikel zum Orbitalmodell ↗
- [6] Die folgende Beschreibung aus einem Lexikon aus dem Jahr 1914 passt gut zum Sonnensystemmodell. Dass dabei eine Kreisbewegung der Elektronen gedacht wurde, deutet unter anderem der Begriff der zentrifugalen Kraft an: "Die Atome, sind nicht unteilbar; sie besitzen vielmehr – gemäß ihren von Element zu Element verschiedenen typischen Eigenschaften – ausgesprochene Struktur. Sie sind aus kleinsten Masseteilchen (»Korpuskeln«) zusammengesetzt, die elementare elektrische Ladungen mit sich führen. Den Verband und die Bewegung der Korpuskeln innerhalb des Atoms regeln zentrifugale und zentripetale Kräftegruppen, anziehende und abstoßende Kräfte zwischen den Elementarteilchen. Im Innern der Atome herrscht also Bewegung oder doch Bewegungsmöglichkeit, die in ihrer Summe ganz enorme Energiebeträge darstellt. Im allgemeinen überwiegen die anziehenden, den Atomcharakter bewahrenden Kräfte. Es gibt aber auch Atome, in denen die zentrifugalen, die abstoßenden Kräfte diesem Zusammenhaltsbestreben nahezu gleich sind, Atome mit sogenanntem labilen Gleichgewicht, bei denen ein verhältnismäßig geringer Anlaß genügt, um den Verband der Teile zu lösen, das Atom mit explosionsartiger Heftigkeit zur Aufspaltung zu bringen. Solche instabile Atome besitzen die radioaktiven Elemente." In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 627-629. Siehe auch saturnisches Atommodell ↗