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Scholastik


Mittelalter


Basiswissen


Als Scholastik bezeichnet man die enge Synthese aus Philosophie und Theologie im Westeuropa des 11ten bis 14ten Jahrhunderts. Ein Ziel - nicht das einzige - war die Versöhnung von Rationalität und christlichem Glauben. Stilprägend für die Scholastik war die Achtung streng logischer Schlussfolgerungen und präziser Wortdefinitionen. Sie erschöpfte sich seit 1350 zusehends in unlösbaren logischen Aporien. Hier stehen kurz einige Notizen dazu.

Ziel


Was wir heute Scholastik nennen beginnt in etwa mit der Zeit der Wikinger um 800 nach Christus und verlor sich etwa 600 Jahre später in anderen Denkströmungen. Ziel der Scholastik war die Verbindung christlicher Wahrheiten mit strenger Logik.

Empirismus?


Die Philosophie der späteren Scholastik war star von den Werken des antiken griechischen Philosophen Aristoteles geprägt. Aristoteles kann als Empiriker bezeichnet werden, ihm zufolge beruht jede Kenntnis über die Natur auf Sinnesbeobachtungen. Die Scholastiker waren dennoch keine Empiriker im heutigen Sinn. Sie führten keine Versuche oder Beobachtungen zur Überprüfung von Aussagen an. Eher zitierten sie Beobachtungen aus lateinischen, griechischen oder arabischen Quellen, und dann meist nur, um ihre eigenen vorab eingenommenen Standpunkte zu begründen [1, Seite 521]. Siehe auch => Aristoteles

Blütezeit


Die Scholastik wurde so gut wie ganz von Denkern der Kirche geprägt. Die übliche Sprache der Scholastiker war Latein. Zur Zeit der Kreuzzüge entstand ein befruchtender Austausch mit Islam und Judentum. Die Blütezeit der Scholastik war das 13te Jahrhundert. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Universitäten in Europa.

Ermüdung


Über die Jahrhunderte zeigte sich eine gewisse Ermüdung in dem Ziel, die christlich verstandene Welt strikt logisch abzuleiten. Gottesbeweise überzeugten nicht jeden, vieles in der Welt ließ sich auch ohne Glauben verstehen. Zunehmend mehr Denker wandten sich der Naturbeobachtung als Erkenntnisquelle zu. Herausragende Namen hier sind hier Roger Bacon (Oxford) und => Albertus Magnus [Köln]

Erbe


Im Jahr 1879 genossen die Naturwissenschaften höchstes Ansehen. Praktische Erfolge wie die Dampfmaschine, elektrisches Licht, Telegraphen und vieles mehr legten nahe, dass die Erkenntnismethoden der Naturwissenschaft von überlegener Stärke sind. Solch einer Haltung widersprach der Papst in einer längeren Schrift. Darin würdigt er ausdrücklich die Scholastik als höchste Stufe menschlicher Erkenntnis - auch über die Naturwissenschaften. Die Enzyklika ist noch heute (2020) gültig. Mehr dazu unter => Aeterni patris

Literatur


◦ [1] Johannes M. M. H. Thijssen (Nimwegen): Die Stellung der scholastischen Naturphilosophie in der Geschichte der Physik: Herbst des Mittelalters oder Frühling der Neuzeit? In: Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln. Herausgegeben von Jan A. Aertsen und Martin Pickavé. Band 31. „Herbst des Mittelalters“? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts. Verlag Walter de Gruyter. 2004. Seite 512 bis 529. ISBN 3-11-018261-0.
◦ [2] Hans Ulrich Wöhler: Die Erfurter via moderna im Spiegel der Naturphilosophie? In: Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln. Herausgegeben von Jan A. Aertsen und Martin Pickavé. Band 31. „Herbst des Mittelalters“? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts. Verlag Walter de Gruyter. 2004. Seite 520 ff. ISBN 3-11-018261-0.
◦ [3] Pierre Bourdieu: Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Übersetzt von Achim Russer, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-58307-7.