Organisch
Definition
Basiswissen
Das Wort organisch heißt zum einen so viel wie lebendig, zum anderen bedeutet es, dass ein größeres Ganzes aus mehreren, zum Teil verschiedenen Teilen, den Organen besteht. Beide Bedeutungen sind hier kurz vorgestellt.
Organisch als Art der Organisation
Das Wort Organ hieß im antiken Griechenland nur so viel wie Werkzeug[1][7]. In der Biologie ist ein Organ heute ein Teil eines Lebewesens, das aus Zellen mehrerer Gewebarten besteht[9]. In einem übertragenen Sinn spricht man auch von Staatsorganen[8][10], etwa von der Regierung, vom Parlament oder von der Polizei. Diese Beispiele haben gemeinsam, dass die Werkzeuge jetzt "Teile eines Ganzen[4]" sind, dass sie "zweckmäßig gegliedert[2]" sind, eventuell auch, dass die Organe eines Ganze zueinander unähnlich sind[8], und dass es eine "harmonische Zusammenarbeit[9]" gibt. Hier soll ein Teil immer als sinnvoller Teil von etwas Größerem gedacht werden und es wird immer auch ein Zweck, ein Ziel mitgedacht. Man sieht, wie das Wort organisch verschiedenste Bedeutungen miteinander verbindet. Nicht immer sollen all diese Bedeutungen angesprochen werden. Will man engere Teilbedeutungen von organisch ansprechen, eignen sich oft andere Worte besser:
- Die Idee eines zweckmäßig Ganzen Holismus ↗
- Die Zusammenarbeit verschiedener Teile Arbeitsteilung ↗
- Sinnvoll, baukastenartig gegliedert Modularität ↗
- Der Staat als Analogie zum Organismus Organische Theorie ↗
- Tiergesellschaften aus gleichartigen Wesen Superorganismus ↗
- Nutzbringendes Zusammenleben mehrerer Arten Biozönose ↗
- Nutbringendes Zusammenleben zweier Arten Symbiose ↗
- Etwas erfüllt ein Ziel, es hat einen Zweck ↗
- Wird von Endzweck geleitet Teleologie ↗
- Als Weltbild Whiteheadsche Kohärenz ↗
- Alles passt zueinander Harmonie ↗
Organisch als lebendig
Die organische Chemie zum Beispiel[6] beschäftigt sich mit Stoffen, die üblicherweise nur in Lebewesen vorkommen. Organisch hat hier die Bedeutung von lebendig. So wäre die organische Welt entsprechend die Welt der Lebewesen. Noch enger gefasst, wird organisch, wenn es nur in Verbindung mit einer Seele, also etwas Psychischem vorkommen soll[5]. Will man nur diese Bedeutung ausgedrücken, empfiehlt es sich, das Wort lebendig zu benutzen. So vermeidet man, dass keine weiteren Bedeutungen des Wortes organisch (siehe oben) ungewollt mitschwingen. Siehe auch Leben ↗
Fußnoten
- [1] 1793, sinngemäß so viel wie lebendig: "Orgānisch, adj. et adv. aus dem Latein. und Griech. organicus, mit Organen, d.i. Werkzeugen der Empfindung, und in weiterer Bedeutung, der Veränderung, begabet und darin gegründet. Ein organischer, oder organisirter Körper, welcher vermöge seiner Zusammensetzung zu Empfindungen und Veränderungen fähig ist; zum Unterschiede von einem unorganischen." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 614. Online: http://www.zeno.org/nid/20000347027
- [2] 1837, zweckmäßig gegliedert: "Organ, Werkzeug, Mittel, verbindendes Glied. Organon, technischer Ausdruck für die Gesammtheit aller Theile einer Wissenschaft oder Kunst; organisch, was zweckmäßig gegliedert erscheint." In: Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 33. Online: http://www.zeno.org/nid/20001755617
- [3] 1858, für Lebewesen: "Organ, griech.-deutsch, Werkzeug, insbesonders ein einzelner Theil eines lebendigen Naturkörpers mit bestimmten Verrichtungen, daher O.ismus ein solcher Naturkörper; organisch, mit O. versehen, O.isation, die o.ische Einrichtung. Weil jeder O.ismus sich nach bestimmten inneren Gesetzen entwickelt, spricht man auch von geistigem O.ismus, O.isation, O., u. wendet alle diese Bezeichnungen ferner auf die Schöpfungen des menschlichen Geistes, z.B. Gesetze, Einrichtungen, wissenschaftliche Werke, Unterricht etc. an und setzt sie auch in dieser Beziehung dem Mechanischen, Unorganischen, Todten entgegen. O.ogenie, Lehre von der Entstehung der O.ismen; O.ographie, O.ologie, Beschreibung, Lehre von den O.en; O.oplastik, O.enbildung; O.oskopie, Betrachtung, Untersuchung der O.e, Schädellehre." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 412. Online: http://www.zeno.org/nid/2000345634X
- [4] 1858, Ganzheitlichkeit angedeutet: " Formen, 1) bestimmt durch Flächen od. Linien, abgegrenzte u. organisch begründete Theile eines Ganzen, z.B. Muskeln in Körpern, Falten im Gewand etc.; 2) Art u. Weise dieser bestimmten Abgrenzung, z.B. rund, eckig, breit etc." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 421. Online: http://www.zeno.org/nid/20009941835
- [5] 1904, innerlich zweckmäßig, Gegensatz zu mechanisch: "Organisch (organikon): von der Art der Verbindung (und Wechselwirkung) des Organismus (s. d.), mit Organen versehen, innerlich-zweckmäßig bewegt, belebt, im Unterschiede vom Mechanischen. So bei ARISTOTELES (De part. an. I 5, 645 b 14. De an. II 1, 412a 28. Eth. Nic. VIII 13, 1161b 4: organon empsychon und apsychon. vgl. THOMAS, Contr. gent. III, 108). – Im Sinne der Scholastik definiert SUAREZ: »Dicitur corpus organicum, quod ex partibus dissimilaribus componitur« (De an. I, 2, 6). Nach LEIBNIZ ist ein Körper organisch, wenn er eine Art von Automaten oder natürlicher Maschine darstellt, welche nicht bloß im ganzen (»dans le tout«), sondern auch in ihren kleinsten Teilen Maschine ist (Gerh. VI, 599. Princ. de la nat. 3). CHR. WOLF erklärt: »Organicum dicitur corpus, quod vi compositionis suae ad peculiarem quandam actionem aptum est« (Cosmol. § 274). – Nach SCHUBERT »kann nur ein solches Wesen organisch sein, das eine Seele inwohnend in sich selber hat« (Lehrb. d. Menschen- u. Seelenkunde S. 12). J. G. VOGT erklärt: »Alles organische Geschehen beruht auf Reactionen der der Substanz inhärenten Empfindungswelt« (Das Empfindungsprinc. S. 132). Vgl. Organismus, Sociologie." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 61. Online: http://www.zeno.org/nid/20001798073
- [6] 1908: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, Seite 112: "Organisch, entweder: in der Natur nur in Organismen vorkommendes (organische Stoffe, organische Verbindungen); oder: von Organismen oder organischen Stoffen (Kohlenstoffverbindungen) handelnd (organische Naturwissenschaften, organische Chemie); oder im bildlichen Sinn: in ähnlicher Wechselbeziehung stehend, wie die Organe eines Körpers (organischer Zusammenhang)." Online: http://www.zeno.org/nid/20007189818
- [7] 1911, lebendig, zu einem Ganzen vereinigt: "Orgān (grch.), Werkzeug, bes. Sinneswerkzeug, auch Stimme; in der Naturgeschichte ein bestimmten Funktionen dienender Teil eines pflanzlichen oder tierischen Körpers; uneigentlich: Vertreter einer bestimmten Ansicht (bes. von Zeitungen). Orgānisch, mit O. versehen, belebt, lebenskräftig; ein geschlossenes Ganzes bildend; den innern Bau oder das innere Leben betreffend, z.B. organische Fehler, solche, die gewisse lebenswichtige O. betreffen, organische Gesetze, solche, die die rechtlichen und administrativen Grundlagen eines Instituts feststellen; organisieren, mit O. versehen, bilden, einrichten; Organisation, die Art und Weise, wie einzelne O. zu einem Ganzen vereinigt sind; Organismus, der organische Bau, die innerlich belebte, gegliederte Bildung; der Zusammenhang der Glieder eines Ganzen (S. Leben.)" In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 317. Online: http://www.zeno.org/nid/20001410768
- [8] 1923. Ein sehr langer Artikel legt mangelhafte Präzision in der Verwendung der Worte Organ und organisch auf. Hier sind nur kurz einige Stellen herausgegriffen: "Noch im sechzehnten Jahrhundert definiert Suarez einen organischen Körper damit, daß er aus unähnlichen Teilen bestehe", "Der Staat war ein Organismus, die Kirche war ein Organismus und die menschliche Sprache erst recht. Wie so häufig glaubten auch damals poetisch angelegte Denker, sie hätten eine Sache erklärt, wenn sie ein neues sprachliches Bild für sie gefunden hatten.", "Jedenfalls hat das Wort organisch seine bildliche Kraft soweit eingebüßt, daß man es für einen klaren Begriff hält und es überall da anwendet, wo man sonst ungefähr lebendig gesagt hat. Die Vorstellung, daß bei einem Organismus alle Teile lebendig ineinandergreifen müssen, bildet den Hintergrund dieses Sprachgebrauchs.", "ein Organismus ist, was Egoismus besitzt – das Tier, die Pflanze, der lebendige Kristall." In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 2, S. 508-518. Online: http://www.zeno.org/nid/20006181287
- [9] "Organ […], Organon, Organum, ein aus mehreren Geweben bestehender, abgegrenzter Teil des Pflanzen-, Pilz-, Tier- oder menschlichen Körpers, der spezielle Aufgaben erfüllt; z.B. Wurzel, Sproß, Blatt, Blüte; Haut, Knochen, Niere, Auge usw." Wesentlich ist auch die Art der Organisation der Organe. Dazu heißt es: "Die harmonische Zusammenarbeit aller Organe macht die vielzellige höhere, "organisierte" Lebenseinheit, den Organismus, aus." In: Spektrum Lexikon der Biologie. Abgerufen am 22. Oktober 2023. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/organ/48114
- [10] G. Jellinek: Die Staatsorgane. In: Allgemeine Staatslehre. Springer, Berlin, Heidelberg. 1929. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50936-0_16