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Hochbegabung

Definition

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Basiswissen


Nach einer verbreiteten Definition beginnt Hochbegabung ab einem IQ von 130. Diesen erreichen nur etwa 2,3 Prozent der Bevölkerung. Auf Schulklassen übertragen heißt das aber, dass immerhin im Durchschnitt bei zwei normalen Schulklassen von je 25 Schülern ein hochbegabter Schüler darunter ist.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Albert Einstein gilt als klassischer Fall einer Hochbegabung. Tatsächlich wurde er früh von seiner Familie in naturwissenschaftlichen Interessen gefördert und er beschäftigte sich auch viel und ausdauernd mit entsprechenden Themen. © Emil Vollenweider und Sohn (Bern) ☛


Die Marburger Rost-Studie


Um die 1990er Jahre wurde an der Universität Marburg eine der weltweit umfangreichsten Studien zu hochbegabten Schülern durchgeführt.[9] Dabei wurden Schüler sowie Personen aus ihrem Umfeld über viele Jahre hinweg beobachtet und befragt. Neben hochbegabten Schülern, die alleine am gemessenen IQ erkannt wurden, wurden auch hochleistende Schüler als eigene Gruppe betrachtet. Die hochleistenden Schüler wurden einzig über herausragende schulische Leistungen definiert. Die Autoren der Studie kamen im Wesentlichen zu dem Schluss, dass hochbegabte Schüler außer ihrer Hochbegabung kaum von durchschnittlichen anderen gleichaltrigen Kindern oder Jugendlichen abwichen:

  • Etwa 2 Prozent der Schüler haben einen IQ von 130 und gelten damit als Hochbegabt.[10]
  • Hochbegabung ist relativ zeitstabil, ändert sich also über die Jahre eher nicht.[10]
  • Der durchschnittliche IQ der Hochleistenden lag bei 117.[9]
  • 15 % der Hochleister (in der Klasse 9) waren auch hochbegabt.[9]
  • 15 % der Hochleister (in der Klasse 9) hatten einen durchschnittlichen IQ.[9]
  • Weniger als ein Sechstel der Hochbegabten sind auch Minderleister.[9]
  • Hochbegabte zeigen keinen besonderen, von anderen abweichende Denkstil.[13]
  • Hochbegabte und hochleistende Schüler sehen sich nicht als Außenseiter.[10]
  • Hochbegabte zeigen keine auffälligen Persönlichkeitsmerkmale.[11]
  • Hochbegabte und Hochleistende wären ähnlich zufrieden wie durchschnittlich Begabte.[12]

Das Fazit der Marbuger Rost-Studie war: im großen Durchschnitt sind Hochbegabte und Hochleistende gut in die Schule intergriert. Sie zeigen gegenüber durchschnittlich Begabten keine besonderen Persönlichkeitsmerkmale, schon gar keine problematischen. Sie sind wie andere Kinder und Jugendliche auch.[14]

Ein Fallbeispiel, 5 Jahre alt


Im Jahr 2023 begann ein Junge, gerade erst fünf Jahre alt geworden, wöchentlich einmal für zwei Stunden in unsere Lernwerkstatt in Aachen zu kommen. Das Kind war sehr aufgeschlossen und stellte sofort die Frage, wie denn die Ringe des Saturn entstanden seien. Die etwas ausweichende[1] Antwort, dass diese Ringe aus einem ehemaligen Mond entstanden sein könnten stellte ihn zufrieden. Beim Anblick einer historichen Pendeluhr sagte er sofort, dass die römische Zahl IV dort falsch sei, tatsächlich war sie geschrieben als IIII, was mir (56 Jahre alt) noch nie aufgefallen war[2]. Bei einem physikalischen Versuch[3] erkannte er sofort die Folgen: aus einer rundum geschlossenen Flasche, randvoll mit Spiritus, ragte oben ein langer zur Seite hin etwas neigender Strohhalm heraus. Ich sagte dem Jungen, dass der Spiritus bei Erwärmung mehr Raum bräuchte. Sofort sagte er, dass man dann unter das Ende des Strohhalms einen Behälter stellen müsste, um den dann heraustropfende Spiritus aufzufangen.[4] Spontan frug der Junge dann, warum Zahlen nie aufhören. Ich brachte die Uhrzeiten als Gegenspiel: dort hören die Zahlen nach der Zwölf auf. Er folgte dem Gedanken sofort und zählte richtig: 8, 9, 10, 11, 12, 1, 2, 3.

Fußnoten


  • [1] Die Darlegung der wirklichen physikalischen Gründe hätte er wahrscheinlich nicht verstanden Roche-Grenze ↗
  • [5] Teilbereiche des Kortex, der Großhirnrinde scheinen statistisch eine positive Korrelation zwischen ihrer Dicke in Millimetern und dem gemessenem IQ, insbesondere dem allgemeinen Intelligenzfaktor, auch g-Faktor genannt, zu haben: K. Menary et al.: Associations between cortical thickness and general intelligence in children, adolescents and young adults. Intelligence. 2013 Sep;41(5):597-606. doi: 10.1016/j.intell.2013.07.010. PMID: 24744452; PMCID: PMC3985090.
  • [7] Im Zusammenhang mit scheinbar langsam denkenden Hochbegabten wird empfohlen, "nicht nur auf die 'testintelligenten' Schüler achten“ solle, sondern „auch auf grüblerische, besonders selbstkritische, manchmal vielleicht sogar zunächst langsam wirkende Denker. Lerntests“" - J. Guthke: Lerntests auch für Hochbegabte? In: Hany, E.A./Nickel, H. (Hrsg.): Begabung und Hochbegabung. Theoretische Konzepte – Empirische Befunde – Praktische Konsequenzen. – Bern: Huber, 1992. Dort die Seite 134.
  • [9] Detlef H. Rost (Hrsg.): Hochbegabte und hochleistende Jugendliche. Befunde aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt. 2., erweiterte Auflage. Waxmann, Münster 2009, ISBN 978-3-8309-1997-1.
  • [10] Arnold, Karl-Heinz: Rost, D.H. (Hrsg.)(2000): Hochbegabte und hochleistende Jugendliche. Münster: Waxmann. 421 Seiten. Rezension in: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. 50 (2001) 4, S. 316-317 - URN: urn:nbn:de:0111-opus-23874 - DOI: 10.25656/01:2387
  • [11] Inez Freund-Braier: Hochbegabung, Hochleistung, Persönlichkeit. Waxmann. Münster, 2001. ISBN 3-8309-1070-3.
  • [12] Linda Wirthwein: Mehr Glück als Verstand. Zum Wohlbefinden Hochbegabter. Dissertation. Philipps-Universität, Marburg. DOI: doi:10.17192/z2010.0630
  • [13] "Bislang ist es noch nicht gelungen, qualitative Unterschiede zwischen Hochbegabten und durchschnittlich Begabten ausfindig zu machen. Fragen wie „Denken Hochbegabte prinzipiell anders?“ oder „Liegen bei Hochbegabten andere Denkstrukturen vor?“ können bis heute noch nicht begründet bejaht werden." In: Detlef Rost: Begabung, Intelligenz, Hochbegabung. Was wird unter „Hochbegabung“ verstanden? Hochbegabung und Schule. Herausgegeben vom Hessischen Kultusministerium. Mai 2008. Online: https://www.uni-marburg.de/de/fb04/therapie-und-beratung/brain/flyer/hochbegabung_und_schule.pdf