Gezeiten
Das Wechselspiel von Ebbe und Flut
Basiswissen
Den täglich zweimal stattfindenden Wechsel von Ebbe und Flut nennt man auch die Gezeiten. Die Gezeiten werden vor allem durch die Bewegung des Mondes um die Erde erzeugt. Das ist näher beschrieben.
Was meint Gezeiten an den Küsten?
- An vielen Meeresküsten ändert das Meer ständig seine Höhe.
- Ungefähr sechs Stunden lang sinkt die Wasserhöhe, das Meer zieht sich zurück.
- Diese Zeit, wenn sich das Wasser zurückzieht nennt man auch Ebbe ↗
- Den Niedrigsten Stand nennt man Niedrigwasser ↗
- Dann steigt das Wasser etwa sechs Stunden lang wieder an.
- Dieses Ansteigen des Wassers nennt man Flut ↗
- Der höchste Wasserstand heißt Hochwasser ↗
Was ist der Tidenhub?
- Der Unterschied der Meereshöhe zwischen Ebbe und Flut heißt Tidenhub ↗
- Den Tidenhub kann man besonders gut in Häfen erkennen.
- Bei Hochwasser ist das Wasser im Hafenbecken am höchsten.
- Bei Niedrigwasser steht es oft 2 bis 4 Meter tiefer im Hafen.
- Siehe mehr dazu unter Tidenhub ↗
Sind die Gezeiten gefährlich?
- Ja. Durch die Gezeiten können sehr starke Strömungen entstehen.
- Diese ziehen immer wieder Badegäste auf das offene Meer hinaus.
- Auch laufen viele Leute ahnungslos bei Ebbe auf Sandbänke oder das Watt.
- Wenn dann die Flut kommt schneidet das Wasser den Leuten oft den Rückweg ab.
- Auch so kommen immer wieder Menschen an der Nordseeküste ums Leben.
- Mehr zu den starken Wasserbewegungen unter Gezeitenströmung ↗
Wodurch entstehen die Gezeiten?
- Die Ursache für die Gezeiten war lange Zeit unbekannt.
- Der Hauptverursacher der Gezeiten auf der Erde ist der Mond.
- Eine kleinere Rolle spielt auch die Sonne[2].
- Der Mond und die Erde umkreisen sich gegenseitig.
- Dabei wird das Meer so mitgeschleudert, dass die Gezeiten entstehen.
- Wie das im Detail passiert ist nicht einfach nachzuvollziehen.
- Zur Physik der Gezeiten siehe den Artikel Gezeitenkraft ↗
Dauern Ebbe und Flut gleich lang?
Überraschenderweise nicht: nach der Logik der Mondbewegung um die Erde sollte der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Hoch- und Niedrigwasserständen - oder umgekehrt - etwa 6 Stunden und 12 Minuten betragen. Tatsächlich beobachtet man davon aber örtlich starke Abweichungen. In Cuxhaven zum Beispiel dauert die Flut 5 Stunden (h) und 40 Minuten (min), die Ebbe aber 6 h und 45 min. In Hamburg liegen die entsprechenden Zeiten bei 5 h 4 min für die Flut und 7 h 21 min und in Geesthacht sogar 4 h 18 min zu 8 h 7 min. Was aber immer und überall gilt ist, dass sich das Hochwasser täglich um etwa 48 min verspätet.[1, Seite 18]
Wozu sind die Gezeiten gut?
Durch die Gezeiten entstehen oft große Wattflächen. Das ist Meeresboden aus Schlick, der bei Ebbe ganz trocken fällt. Dort leben sehr viele Kleinstlebewesen. Diese sind eine wichtige Futterquelle für Vögel. Auch brüten im Watt viele Fische. Auch Seehunde leben gerne im Watt. Mehr zu dieser Lebewelt an der deutschen Küste steht im Artikel zum Nordseewatt ↗
Gibt es überall Gezeiten?
- Ja, aber nicht so, dass man es überall merkt.
- An der Ostsee und im Mittelmeer merkt man kaum etwas davon.
- Im offenen Ozean gibt es sogar einzelne Stellen ganz ohne Gezeiten.
Was ist der Gezeiten-Weltrekord?
- Starke Gezeiten gibt es an der Nordseeküste.
- An der Nordsee ändert sich der Meeresspiegel dabei oft um 3 bis 4 Meter.
- Auch in der Normandie und in der Bretagne gibt es sehr starke Gezeiten.
- Den Weltrekord aber hält die Bay of Fundy in Amerika, dort sind es über 12 Meter.
- Einen Vergleich zu den Höhenunterschieden steht auf der Seite Tidenhübe ↗
Gibt es Gezeiten auch in Flüssen?
- Ja, aber nicht in allen.
- Vor allem in flachen Landschaften reichen die Gezeiten weit ins Binnenland hinein.
- So liegt der Hamburger Hafen an der Elbe sehr weit weg vom offenen Meer.
- Trotzdem gibt es sogar noch im Hafen Ebbe und Flut.
- Auch in England gibt es viele Flüsse mit Gezeiten.
- In ihnen enstehen oft große Solitone oder Gezeitenwellen.
- Lies mehr zu diesen Naturphänomen unter Gezeitenwelle ↗
Was sind Gezeiten in der Astronomie?
- In der Astronomie hängen die Gezeiten eng mit der Anziehungskraft zusammen.
- Himmelskörper mit viel Masse, wie etwa der Jupiter, haben eine starke Anziehungskraft.
- Aber diese Anziehungskraft wird schwächer je weiter man von dem Himmelskörper entfernt ist.
- Umkreist ein kleinerer Himmelskörper so einen massereichen, schweren Himmelskörper, dann ...
- wirkt die Anziehungskraft stärker auf den Seiten, mit denen sich die zwei Körper "ansehen".
- Die Anziehungskraft wirkt (viel) schwächer auf die Seiten, die in den offenen Weltraum zeigen.
- Durch diesen Unterschied der wirkenden Kräfte können sich die Himmelsköper gegenseitig durchkneten.
- Das vermutet man zum Beispiel bei dem Jupitermond Io, der dadurch sogar Vulkanismus produziert.
- Werden die Gezeitenkräfte zu stark, dann können sogar Monde oder Planeten auseinaderbrechen.
- Man vermutet, dass die Saturnringe auf so eine Weise entstanden sein können.
- Siehe dazu auch den Artikel zur Roche-Grenze ↗
Was bedeuten Abkürzungen wie MSpThw oder MW?
- MSpThw = Mittleres Springtidenhochwasser
- MThw = Mittleres Tidenhochwasser
- MNThw = Mittleres Nipptidenhochwasser
- MW = Mittelwasser
- MNTnw = Mittles Nipptidenniedrigwasser
- MTnw = Mittleres Tidenniedrigwasser
- MSpTnw = Mittleres Springtidenniedrigwasser
Fußnoten
- [1] Klaus Jahnke; Bruno P. Kremer: Das Watt. Lebensraum, Tiere und Pflanzen. Franckh-Kosmos Verlag. 1990. ISBN: -440-06035-7.
- [2] Flut und Ebbe des Meeres entstehen aus den Einwirkungen von Sonne und Mond. In: Isaac Newton: Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie. Proposition XXIV. Theorem XIX. In der Übersetzung von Ed Dellian. Felix Meiner Verlag Hamburg. 1988. ISBN: 3-7873-0764-8. Seite 217.
- [4] Noch Johannes Kepler (1571 bis 1630) ging von einer Art magnetischer Kraft (gravitas) des Mondes als Erklärung der Gezeiten aus. In: Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Dort die Seite 83.
- [5] Im Jahr 1608 veröffentlichte der niederländische Ingenieur und Physiker Simon Stevin folgende Hypothese: "Wir postulieren, daß der Mond und sein Gegenpunkt kontinuierlich das Wasser der Erde zu sich hinsaugen." An diesem Zitat sind zwei Dinge besonders bemerkenswert. Erstens, dass man im Jahr 1608 bereits wusste, dass es auf der Erde sozusagen zwei Flutberge gleichzeitig gibt, die sich jedoch auf der Erdkugel genau gegenüberstehen. Wieh ist man darauf gekommen, wenn doch eine Reise auf die gegenüberliegende Seite der Erde mehrere Monate dauerte und es noch keine genauen Uhren gab? Und zweites zeigt das Zitat, dass die Masse noch keineswegs als Ursache einer anziehenden Kraft als wesentliche Ursache in Frage kam. Auf diese Idee sollte aber bald schon Isaac Newton kommen. In: The principal works of Simon Stevin, 5 Bände, Amsterdam, C. V. Swets und Zeitlinger, 1955. Dort besonders der Band 3.
- [6] Spätestens Galileio Galilei argumentierte dann mit Hilfe dessen, was wir heute korrekterweise mit den Gezeitenkräften meinen. Er argumentierte, dass die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne auf der Nachtseite schneller laufe als auf Tagseite. "Das führe zu periodischer Bremsung und Beschleunigung" und damit würde in ähnlicher Weise wie das Wasser in einem schwankenden Schiff das Wasser der Erde außen schnelle laufen als innen und damit "vorschwappen". In: Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Dort die Seiten 140 und 141. Siehe auch Gezeitenkraft ↗
- [7] Die Entstehung der Gezeiten in den Worten von Isaac Newton (1642 bis 1727), veröffentlicht im Jahr 1687: "Suppose now the spherical body T, consisting of some matter not fluid, to be enlarged, and to extend its 'If on every side as far as that annulus, and that a channel were cut all round its circumference containing water and that this sphere revolves uniformly about its own axis in the same periodical time. This water being accelerated and retarded by turns (as in the last Corollary), will be swifter at the syzygies, and slower at the quadratures, than the surface of the globe, and so will ebb and flow in its channel after the manner of the sea." In: Isaac Newton: Principia Mathematica (1687). Aus dem Lateinischen übersetzt ins Englische von Andrew Motte im Jahr 1846. Dort das Korollar 19 (corollary 19). Siehe auch Korollar ↗