Geradlinig beschleunigte Bewegung
↗ Physik
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Basiswissen ·
Allgemein ·
Sonderfall: gleichmäßige (konstante) Beschleunigung ·
Sonderfall: Beschleunigung mit konstanter Leistung ·
Sonderfall: ungleichmäßige Beschleunigung ·
Zahlenbeispiele ·
Zahlenbeispiel: ICE ·
Zahlenbeispiel: Flugzeugstart ·
Fußnoten
Basiswissen
Ein Objekt wird so betrachtet, als ob es sich entlang einer geraden Linie bewegt. Dabei ändert sich seine Geschwindigkeit, es erfährt also eine Beschleunigung. Das klassische Beispiel ist der Start eines Flugzeuges auf einem Flugzeugträger. Diese kann konstant oder selbst veränderlich sein. Beide Fälle werden hier kurz vorgestellt.
Allgemein
Wenn ein Zug aus dem Stand heraus von einem Bahnhof losfährt, dann wird er mit der Zeit langsam immer schneller. Eine solche Zunahme der Geschwindigkeit nennt man eine Beschleunigung. Wenn das schneller werdende, das beschleunigende Objekt sich dabei auf einer geraden Linie bewegt, spricht man von einer geradlinigen Beschleunigung. Bei geradelinigen Beschleunigungen treten keine Fliekräfte auf, wie bei einer Bewegung entlang einer krummen Linie. Man unterscheidet zwei Fälle.
Sonderfall: gleichmäßige (konstante) Beschleunigung
Wenn der Wert der Beschleunigung sich nicht ändert, die Beschleunigung selbst also konstant ist, spricht man von einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung.
Zum Beispiel: der freie Fall in Erdnähe: in jeder Sekunde gewinnt der fallende Gegenstand in etwa 10 Meter pro Sekunde an Geschwindigkeit dazu. Die Beschleunigung ist also konstant: nach zwei Sekunden ist der Gegenstand 20 m/s schnell und nach 15 Sekunden sind es schon 150 m/s. Für eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung aus dem Stand heraus gelten vergleichsweise einfache Formeln:
Die erste Formel besagt, dass die Geschwindigkeit nach t Sekunden Beschleunigung gleich dem Produkt aus der Beschleunigung und der Beschleunigungsdauer ist. Die zweite Formel gibt die in dieser Zeit zurückgelegte s an. Lies mehr unter geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung ↗
Sonderfall: Beschleunigung mit konstanter Leistung
Dieser Fall dürfte vor zumindest näherungsweise auf viele Beschleunigungsvorgänge mit Motoren zutreffen: während der Beschleunigung eines Flugzeuges auf der Startbahn kann man davon ausgehen, dass die Motorleistung konstant und nahezu maximal ist. Das führt dazu, dass a) die Geschwindigkeit nur mit der Wurzel der Zeit wächst und b) die Kraft die nach Newtons zweitem Axiom F=ma die Beschleunigung verursacht ständig abnimmt. Dieser Sonderfall ist näher behandelt im Artikel zu einem Startlauf [Flugzeug] ↗
Sonderfall: ungleichmäßige Beschleunigung
Zum Beispiel: Ein Schiff schaltet bei voller Fahrt alle Antriebsmaschinen aus: das Wasser wird nun das Schiff abbremsen. Je schneller das Schiff ist, desto mehr Geschwindigkeitsverlust wird es in einer bestimmten Zeit haben. Die Verzögerung in m/s² nimmt also mit der Geschwindigkeit ab. Lies mehr dazu unter geradlinig ungleichmäßig beschleunigte Bewegung ↗
Zahlenbeispiele
Die Zahlenbeispiele unten stammen alle aus selbst gemachten Beobachtungen von geradlinig beschleunigten Bewegungen. Die Zahlen sind bewusst nicht ausgewertet, sodass man sie selbst analysieren kann.
- Eine gute Übersicht gibt ein Weg-Zeit-Diagramm ↗
- Kann man einen Wert für a finden, sodass gilt s=½at² ↗
- Oder bei einer Anfangsgeschwindigkeit s=v₀t+½at² ↗
Zahlenbeispiel: ICE
Am 12. August 2024, um 11.14 Uhr, verließ ein 346 Meter langer ICE 4 mit insgesamt zwölf Zugteilen die Halle des Hauptbahnhofes von Frankfurt am Main.
Das Video zeigt, wie ein ICE 4 mit insgesamt 12 Wagen aus dem Stand beschleunigt. Eine eingeblendete Stoppuhr (timer) zeigt, wie viele Sekunden seit dem Beginn der Beschleunigung vergangen sind. Jeder der Endwagen ist 29,106 Meter lang, die Zwischenwagen sind 28,750 Meter lang. Damit kann man die Beschleunigung grob abschätzen.[1]
Über die Auswertung eines Films konnten dann zunächst den Sekunden nach dem Start die bis dahin zurückgelegte Strecke zugeordnet werden. Als Orientierung dienten die Verbindungen zwischen zwei Zugteilen. Die Länge der verschiedenen Zugteile waren bekannt. Die Werte sind auf Zehntelsekunden gerundet:
- 00,0 s | 000,0 m
- 13,7 s | 029,1 m
- 19,6 s | 057,9 m
- 24,0 s | 086,6 m
- 27,8 s | 115,4 m
- 31,2 s | 144,1 m
- 34,2 s | 172,9 m
- 37,0 s | 206,6 m
- 39,7 s | 230,3 m
- 42,5 s | 259,1 m
- 45,2 s | 287,9 m
- 47,9 s | 316,6 m
- 50,6 s | 345,7 m
Man kann an diesen Daten erkennen, dass der Zug für gleich lange Strecken immer weniger Zeit benötigte. Anders gesagt: in gleich Zeitabständen, hat er immer mehr Strecke zurückgelegt. Nicht auf den ersten Blick erkennt man, ob die Beschleunigung gleichmäßig (konstant) ist oder ungleichmäßig.
Um abzuschätzen, wie gleichmäßig die Beschleunigung verläuft, kann man auf zwei Weisen vorgehen. Man kann a) für jeden einzelnen Wagen die durchschnittliche Geschwindigkeit für den Zeitraum seines Vorüberzugs an der Kamera ausrechnen. Dazu teilt man die Länge des Wagens durch die benötigte Zeit für einen Transit. Oder b) man erstellt ein Weg-Zeit-Diagramm[2], sucht eine dazu passende Modellfunktion s(t), und leitet sie zweimal ab[3], bildet als s''(t). Dabei steht s für die Strecke und t für die Zeit. Ist die zweite Ableitung nur noch eine konstante Zahl, ist also das t beim zweimaligen Ableitn verschwunden, so ist die Beschleunigung konstant.
Zahlenbeispiel: Flugzeugstart
Am 1. August 2024 wurde auf der Nordseeinsel Wangerooge eine startende Propellermaschine gefilmt. Das Flugzeug beschleunigte auf der Startbahn entlang einer geraden Strecke.
Die Beschleunigung ist hier sehr viel stärker als bei dem ICE. Die Startstrecke ist kürzer als der ICE. Das Flugzeug benötigte bis zum Abheben für die 300 Meter nur gut 14 Sekunden. Das Flugzeug hatte jedoch schon bei Position 0 eine (kleine) Anfangsgeschwindigkeit:
- 00,00 Sekunden: 000 Meter [Beginn geradliniger Startlauf]
- 04,68 Sekunden: 030 Meter
- 04,68 Sekunden: 050 Meter
- 06,24 Sekunden: 080 Meter
- 07,16 Sekunden: 100 Meter
- 08,40 Sekunden: 130 Meter
- 09,16 Sekunden: 150 Meter
- 10,19 Sekunden: 180 Meter
- 10,92 Sekunden: 200 Meter
- 11,84 Sekunden: 230 Meter
- 12,44 Sekunden: 250 Meter
- 13,44 Sekunden: 280 Meter
- 14,16 Sekunden: 305 Meter [take-off]
Den Anlauf, den Flugzeuge auf der Startbahn (oder auf dem Wasser) nehmen, nennt man in der Fachsprache der Fliegerei auch den Startlauf ↗
Fußnoten
- [1] Das Video zum dem losfahrenden ICE 4 entstand am Bahnhof in Frankfurt am Main, am 12. August 2024 um 11.14 Uhr. Man sieht den ICE 770 auf der Fahrt von Stuttgart über Frankfurt nach Berlin-Ost. Um die Beschleunigung abzuschätzen kann man zunächst für jeden Wagen die mittlere Geschwindigkeit abschätzen (Länge in Metern geteilt durch Dauer in Sekunden). Man wird sehen, dass jeder Waggon weniger Zeit brauchte, um den linken Bildrand zu passieren, der Zug wurde also schneller. Dividiert die Geschwindigkeit des letzten Wagens durch die Gesamtdauer der Beschleunigung, erhält man eine Abschätzung der durchschnittlichen Beschleunigung. Siehe auch Geschwindigkeitsmessung (Transit-Methode) ↗
- [2] Über die Darstellung der Daten in einem Graphen erhält man einen deutlich besseren Überblick. Die Steigung des Graphen gibt die Geschwindigkeit. Siehe auch Weg-Zeit-Diagramm ↗
- [3] Hat man die Zuordnung der insgesamt zurückgelegten Strecke seit Beginn der Beschleunigung zur insgesamten Zeitdauer der Beschleunigung als Graph in einem Weg-Zeit-Diagramm dargestellt, kann man in einem nächsten Schritt eine Funktion suchen, die einigermaßen gut auf die Daten passt. Die erste Ableitung der Funktion gibt die Geschwindigkeit als Funktion der Zeit. Die zweite Ableitung gibt dann die Beschleunigung als Funktion der Zeit. Siehe auch zweite Ableitung ↗