Fatalismus
Die innere Akzeptanz des Weltablaufs
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Basiswissen
Der Fatalismus sieht den Ablauf der Welt als Ausdruck einer unabwendbaren[1] eisernen Logik, der sich auch kein noch so starker Wille entgegensetzen kann. Die dem Fatalismus eigentümlich Geisteshaltung ergibt sich aus der inneren Akzeptanz und Schicksalsergebenheit. Vom Determinismus unterscheidet sich der Fatalismus durch die Hinzutreten einer gefühlsmäßigen Haltung, die dem Determinismus als rein nüchternem, sachlichen Erkenntnisprinzip fehlt. Dennoch gestehen manche Deutungen dem Freien Willen im Determinismus eine Rolle zu.[5][6] Verwandte Konzepte sind das Schicksal[1][3][4][5][6][7] der Kausalnexus[4], die Prädestinationslehre[6] und die Idee von einem Weltprozess ↗
Fußnoten
- [1] 1835, vor allem im Islam: "Fatalismus, ist der Glaube an eine unbedingte und unabwendbare Vorherbestimmung dessen, was geschehen soll und eben daher auch nothwendig geschehen muß. Nach diesem Glauben hat der sittliche Werth oder Unwerth eines Menschen keinen Einfluß auf das Schicksal desselben; sondern was ihm einmal bestimmt ist, muß einem Jedem ohne sein Zuthun und ohne Berücksichtigung seiner Unschuld oder Schuld werden, selbst Klugheit und Tugend vermögen nichts gegen den Rathschluß der Bestimmung. Vorzüglich im Muhamedanismus ist dieser Glaube zum Volksglauben erhoben worden." In: Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 79. Online: http://www.zeno.org/nid/20001729713
- [2] 1838 auch im christlichen Glauben: "Der Fatalismus (Glaube an ein Fatum) ist entweder ein irreligiöser oder ein religiöser, je nachdem die Nothwendigkeit, die das Vermögen der Selbstbestimmung der Handlungen aufhebt, ihren Grund in der Natur oder in Gott hat." Und noch weiter sehr viel ausführlicher speziell zum Fatalismus in der christlichen Religion, in: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 14-15. Online: http://www.zeno.org/nid/20000826324
- [3] "Fatalismus, der Glaube an das unabänderliche Schicksal, an das Verhängniß, Fatum. Fatalist, wer dem F. huldiget." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 669. Online: http://www.zeno.org/nid/20003331040
- [4] 1858: "Fatalismus, der Glaube, daß der eigene Wille des Menschen an dem Schicksal nichts ändern könne; Fatalist, Anhänger des Fatalismus 2) unglücklich, unangenehm; daher Fatalität, Widerwärtigkeit." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 131. Online: http://www.zeno.org/nid/20009906711
- [5] 1904, Unterschied zum Determinismus: "Fatalismus: Lehre von der unbedingten Herrschaft des Schicksals (s. d.), des Fatums, von der absoluten Vorherbestimmung (Prädestination, (s. d.)) alles Geschehens, derart, daß es gleichgültig ist, wie man handelt, da ein bestimmter Effect auf jeden Fall – infolge des Willens Gottes, des Schicksals, des Causalnexus – eintreten muß. Vom Determinismus (s. d.) unterscheidet sich der Fatalismus darin, daß er die causale, active Rolle des Willens verkennt, der doch auch ein nicht zu übergehender Factor des Geschehens ist. Dem Fatalismus huldigen in verschiedener Weise einige Stoiker (Diog. L. VII, 149; CICERO, De nat. deor. I, 25, 70) und der Islam. Gegen den Fatalismus erklärt sich u. a. GIZYCKI (Moralphilos. S. 313 ff.). Vgl. Willensfreiheit." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 331. Online: http://www.zeno.org/nid/20001788051
- [6] 1906, Unterschied zum Determinismus: "Fatalismus (v. lat. fatum, »Verhängnis«; Schicksalsglaube), die Meinung, daß die Weltbegebenheiten durch eine unabwendbare, blinde (nicht nach vernünftigen Zwecken bestimmte) Notwendigkeit, durch ein Verhängnis erfolgen. Derselbe ist als Glaube an ein blindes Schicksal dem Vorsehungs-, als Glaube an die Verhängung unverdienten (unbilligen) Geschickes dem Glauben an das Walten gerechter Vergeltung (Nemesis) entgegengesetzt. Durch die Ausschließung jeder Durchbrechung des notwendigen Zusammenhanges der Ursachen und Wirkungen dem Determinismus (s.d.) verwandt, unterscheidet sich der F. von diesem doch sehr wesentlich dadurch, daß der Determinismus den menschlichen Willen als eine den Gang der Dinge mitbestimmende Ursache anerkennt und somit die Möglichkeit, durch unser Handeln den Lauf der Ereignisse zu beeinflussen, zugesteht, während der F. diese Möglichkeit leugnet und deswegen entweder zur tatlosen Ergebung in das Schicksal oder aber auch zu tollkühnem Wagemut (man denke an den F. der Mohammedaner) führt. Ein spezifisch-religiöser F. ist in der Prädestinationslehre (s.d.) enthalten. Fatalist, Anhänger des F." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 350. Online: http://www.zeno.org/nid/20006592465
- [7] 1911: "Fatāl (lat.), verhängnisvoll, vom Schicksal bestimmt; widerwärtig; Fatalismus, der Glaube, daß der eigene Wille des Menschen an dem Schicksal (Fatum) nichts ändern könne. Fatalíst, Anhänger dieses Glaubens; Fatalität, Mißgeschick." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 561. Online: http://www.zeno.org/nid/20001099051
- [8] "Als Karl Moor den Entschluß gefaßt hatte, Räuberhauptmann zu werden, feuerte er den Mut der jungen[462] Räuberdilettanten mit folgenden Worten an: »Fürchtet euch nicht vor Tod und Gefahr, denn über uns waltet ein unbeugsames Fatum! Jeden erreicht endlich sein Tag, es sei auf dem weichen Kissen von Flaum, oder im rauhen Gewühl des Gefechts, oder auf offenem Galgen und Rad! Eins davon ist unser Schicksal!« Es ist bekannt, daß Mohammed den Mut in der Schlacht bei seinen Gläubigen durch die gleiche Vorstellung zu heben verstand: es sei einerlei, ob der Mensch sich in Gefahr begibt oder nicht, sein Ende ist ja doch vorher bestimmt." Aber aus diesem Fatalismus ergibt sich vor allem auch ein Widerspruch zum Freien Willen, denn: "wir sind einerseits durchdrungen von der Überzeugung, daß das Naturgeschehen, das menschliche Handeln mit inbegriffen, eine undurchbrechliche Kette von Ursachen und Wirkungen darstelle; wir können uns anderseits, mögen wir noch so logisch denken, von dem Gefühle nicht befreien, einen Willen zu haben, der sich bei der Vorstellung einer Handlung pro oder contra entscheiden kann." Und dann weiter sehr ausführlich zu verschiedenen Bedeutungen in verschiedenen Religionen und Philosophien. In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 21923, Band 1, S. 462-468. Online: http://www.zeno.org/nid/20006180523