Beschleunigungsspannung
½·m·v² = q·U
Basiswissen
Wird ein Elektron - oder irgendein anderes geladenes Teilchen - von einem Punkt A bis hin zu einem Punkt B durch ein elektrisches Feld beschleunigt, dann nennt man die elektrische Spannung zwischen A und B die Beschleunigungsspannung U.
MERKSATZ:
1.0 Mit der Beschleunigungsspannung kann man die Geschwindigkeit und die kinetische Energie beschleunigter, geladener Teilchen berechnen.
1.0 Mit der Beschleunigungsspannung kann man die Geschwindigkeit und die kinetische Energie beschleunigter, geladener Teilchen berechnen.
Formeln zur Beschleunigungsspannung, nichtrelativistisch
Mit den folgenden Formeln kann man die erreichte Endgeschwindigkeit von Elektronen bei einer Beschleunigungsspannung von bis zu 1000 Volt einigermaßen gut abschätzen. Bei solch vergleichsweise niedrigen Spannungen erreichen die Elektronen auch nur eher niedrige Geschwindigkeiten weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit. Daher sagt man, die Rechnung sei nichtrelativistisch.
- E = q·U
- Ekin = ½mv²
- ½·m·v² = q·U
- U = ½·m·v²:q
- v = √(2·q·U:m)
Legende
- E = umgesetzte Energie über die Beschleunigungsstrecke ↗
- Ekin = allgemeine Formel für die kinetische, das heißt Bewegungsenergie ↗
- ½·m·v = Zugewinn an Bewegungsenergie des Teilchens durch die Beschleunigung ↗
- m = Masse des geladenen Teilchens, z. B. Elektronenmasse ↗
- v = Geschwindigkeit des geladenen Teilchens am Ende der Beschleunigung
- q = Ladung des beschleunigten Teilchens[5], z. B. die Elementarladung ↗
- U = in Volt, die Beschleunigungsspannung[6] ↗
- √ = Das Zeichen für die Quadratwurzel ↗
MERKSATZ:
2.0 Wie schnell eine beschleunigte Ladung am Ende ist, hängt bei gegebener Masse nicht davon ab, wie lange die Beschleunigung dauert oder wie groß die Beschleunigsstrecke ist. Die Endgeschwindigkeit hängt nur von der Spannung zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt der Beschleunigung ab.
2.0 Wie schnell eine beschleunigte Ladung am Ende ist, hängt bei gegebener Masse nicht davon ab, wie lange die Beschleunigung dauert oder wie groß die Beschleunigsstrecke ist. Die Endgeschwindigkeit hängt nur von der Spannung zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt der Beschleunigung ab.
Relativistisch oder nichtrelativistisch für Elektronen?
Die Formeln oben gelten nur für eine nichtrelativistische Beschleunigung (v≪c): bei sehr hohen Geschwindigkeiten treten besondere Effekte im Zusammenhang mit der Einsteinschen Relativitätstheorie auf. Je schneller ein Elektron ist, desto weniger passen die Formeln oben.
MERKSATZ:
3.0 Die Formeln oben sind umso genauer, je geringer die Beschleunigungsspannung ist.
3.0 Die Formeln oben sind umso genauer, je geringer die Beschleunigungsspannung ist.
Ab einer Geschwindigkeit von rund 10 % der Lichtgeschwindigkeit werden die Abweichungen so groß, dass sie für die meisten Anwendungsfällen nicht mehr vernachslässigt werden sollten. Unterhalb von 10 % der Lichtgeschwindigkeit, kurz oft 0,1c geschrieben, kann man die Formeln oben verwenden (nichtrelativistisch). Diese Geschwindigkeit erreicht man mit einer Beschleunigungsspannug von etwa 2,7 Kilovolt (kV) oder 2700 Volt. Bei mehr als 2,7 kV überschreitet ein Elektron 10 % der Lichtgeschwindigkeit, das sind rund 30 Millionen m/s. Siehe dazu den Artikel Beschleunigungsspannung (relativistisch) ↗
Gelten die Formeln nur für Elektronen?
Nein, sie gelten für alle elektrisch geladenen Teilchen und Körper. Das können Elektronen, Positronen, Protonen, Ionen oder auch elektrisch geladene Tennisbälle oder Salzkörner sein. Das einzige was sich gegenüber Elektronen dann ändert ist die einzusetzende Masse m:
- Etwa 9,109383 mal 10 hoch -31 kg Elektronenmasse ↗
- Etwa 1,67262192369 mal 10 hoch -27 kg Protonenmasse ↗
- Etwa 1,883531594 mal 10 hoch -28 kg Myonenmasse ↗
- Siehe auch Ladungsträger ↗
Endgeschwindigkeiten von Elektronen, nichtrelativistisch
Die folgenden beispielhaften Werte gelten für Elektronen. Bei Teilchen mit einer anderen Masse ergeben sich andere Werte: je schwerer ein Teilchen (bei gleichung elektrischer Ladung), desto geringer ist die erreichte Endgeschwindigkeit v.
- 0 Volt geben 0 m/s oder 0 genau 0 % von c.
- 1 Volt geben rund 593101 m/s oder etwa 0,2 % von c.
- 2 Volt geben rund 838772 m/s oder etwa 0,3 % von c.
- 3 Volt geben rund 1027282 m/s oder etwa 0,3 % von c.
- 4 Volt geben rund 1186203 m/s oder etwa 0,4 % von c.
- 10 Volt geben rund 1875551 m/s oder etwa 0,6 % von c.
- 100 Volt geben rund 5931013 m/s oder etwa 2 % von c.
- 1000 Volt geben rund 18755510 m/s oder etwa 6 % von c.
- 2000 Volt geben rund 26524295 m/s oder etwa 9 % von c.
- 2588 Volt geben rund 29997090 m/s oder etwa 10 % von c.
- 3000 Volt geben rund 32485495 m/s oder etwa 11 % von c.
- 10000 Volt geben rund 59310129 m/s oder etwa 20 % von c.
- 255850 Volt geben rund 300000223 m/s oder etwa 1,0 oder 100 % c.
Ab einer Geschwindigkeit von etwa 10 % von c weichen die hier abgeschätzten Werte so stark von der Wirklichkeit ab, dass man die Formeln insbesondere nur bis zu Beschleunigungsspannungen von etwa 1000 Volt benutzt[4]. Bei höheren Beschleunigungsspannungen verwendet man die etwas aufwändigere Formel für die relativistische Betrachtung.
Formel für die Beschleunigungsspannung, relativistisch
- v = c·√(1-1/(1+e·U/E₀)²)
Legende
- v = relativistische Geschwindigkeit des geladenen Teilchens am Ende der Beschleunigung
- E₀ = für das beschleunigte Teilchen die Ruheenergie ↗
- q = Ladung des beschleunigten Teilchens[5], z. B. die Elementarladung ↗
- U = in Volt, die Beschleunigungsspannung[6]
- √ = Das Zeichen für die Quadratwurzel ↗
- / = geteilt, das Geteiltzeichen ↗
Endgeschwindigkeiten von Elektronen, relativistisch
Die folgenden Werte für relativistische Endgeschwindigkeiten von Elektronen nach einer bestimmten Beschleunigungsspannung U wurden mit der Formel oben gerechnet.
- 0 Volt geben 0 m/s oder 0 genau 0 % von c.
- 1 Volt geben rund 593100 m/s oder etwa 0,2 % von c.
- 2 Volt geben rund 838769 m/s oder etwa 0,3 % von c.
- 3 Volt geben rund 1027277 m/s oder etwa 0,3 % von c.
- 4 Volt geben rund 1186196 m/s oder etwa 0,4 % von c.
- 10 Volt geben rund 1875523 m/s oder etwa 0,6 % von c.
- 100 Volt geben rund 5930143 m/s oder etwa 2 % von c.
- 1000 Volt geben rund 18728071 m/s oder etwa 6 % von c.
- 2000 Volt geben rund 26446832 m/s oder etwa 9 % von c.
- 2588 Volt geben rund 30058580 m/s oder etwa 10 % von c.
- 3000 Volt geben rund 32343450 m/s oder etwa 11 v% von c.
- 10000 Volt geben rund 58456790 m/s oder etwa 19 % von c.
- 100000 Volt geben rund 164380475 m/s oder etwa 55 % von c.
- 200000 Volt geben rund 208508478 m/s oder etwa 70 % von c.
- 300000 Volt geben rund 232879928 m/s oder etwa 78 % von c.
- 400000 Volt geben rund 248292103 m/s oder etwa 83 % von c.
- 500000 Volt geben rund 258798403 m/s oder etwa 86 % von c.
- 600000 Volt geben rund 266331256 m/s oder etwa 89 % von c.
- 700000 Volt geben rund 271936994 m/s oder etwa 91 % von c.
- 800000 Volt geben rund 276231229 m/s oder etwa 92 % von c.
- 900000 Volt geben rund 279598581 m/s oder etwa 93 % von c.[7]
- 1000000 Volt geben rund 282290699 m/s oder etwa 94 % von c.
- 10000000 Volt geben rund 299644342 m/s oder etwa 99,9 % von c.
- 100000000 Volt geben rund 299996112 m/s oder etwa 99,999 % von c.
- Siehe auch Beschleunigungsspannung (relativistisch) ↗
Beispiele für Beschleunigungsspannungen
- 0 bis etwa 20 Volt Franck-Hertz-Versuch ↗
- 250 bis 300 Volt Fadenstrahlrohr ↗
- 4000 Volt[2] Elektronenbeugungsröhre ↗
- 25000 bis 35000 Volt[3] Braunsche Röhre ↗
- 25000 bis 900000 Volt[7] Röntgenröhre ↗
- Wenige bis 300000 Volt Elektronenkanone ↗
- Bis 10 Millionen Volt Rhodotron [Industrieanwendung] ↗
- Bis 15 Millionen Volt Van-de-Graaff-Beschleuniger ↗
- Bis 15 Millionen Volt Bertozzi-Experiment ↗
- Bis 50 Milliarden Volt Linearbeschleuniger[8] ↗
Fußnoten
- [1] Als Tachyon bezeichnet man ein hypothetisches Teilchen das sich schneller als Licht bewegt. Siehe auch Tachyon ↗
- [2] Eine typische Beschleunigungsspannung für eine Elektronenstrahlröhre für Beugungsversuche liegt bei etwa 4000 Volt. In: Metzler Physik. 5. Auflage. 592 Seiten. Westermann Verlag. 2022. ISBN: 978-3-14-100100-6. Dort ist der Beugungsversuch mit eine Elektronenbeugungsröhre ausführlich beschrieben auf den Seiten 394 und 395. Siehe auch Elektronenbeugungsröhre ↗
- [3] Die Angaben treffen in etwa für Braunsche Röhren bei einem Farbfernseher zu. Sieh auch Braunsche Röhre ↗
- [4] "Bei Beschleunigungsspannungen unterhalb 1 kV lässt sich die Geschwindigkeit aus dem klassischen Ansatz für die kinetische Energie abschätzen, bei höheren Energien muss relativistisch gerechnet werden. Bereits bei einer Spannung von 10 kV erreichen die Elektronen eine Geschwindigkeit von fast 20 % der Lichtgeschwindigkeit" In: der Artikel "Kinetische Energie". Wikipedia. Abgerufen am 25. Apri 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Kinetische_Energie
- [5] q ist die Ladung: bei der Ladung gibt man üblicherweise ein Vorzeichen mit an. Negative Ladungen, etwa von Elektronen, haben ein Minuszeichen als Vorzeichen. Positive Ladungen, etwa von Alphateilchen oder Protonen, haben ein Pluszeichen als Vorzeichen. Siehe auch Ladung ↗
- [6] U ist die Spannung. Auch die Spannung gibt man mit Vorzeichen ein. Vom Pluspol Richtung Minuspol ist die Spannung positiv. Vom Minuspol zum Pluspol hin ist Spannung negativ. Bei der Beschleunigung eines Elektrons ist die Spannung also negativ. Das gleicht sich später mit dem negativen Vorzeichen der negativen Ladung wieder zu einem positiven Ergebnis aus. Siehe auch Spannung ↗
- [7] "A complete induction coil x‐ray outfit is described for 900,000 volts and 5 milliamperes, which has just been installed for experimental therapy at the Memorial Hospital in New York City. In the industrial field, it seems almost certain that such high voltage x‐ray equipment will be used for the radiographic examination of thick sections of metal." In: W. D. Coolidge, L. E. Dempster, H. E. Tanis; HIGH VOLTAGE CATHODE RAY AND X‐RAY TUBES AND THEIR OPERATION. Physics 1 October 1931; 1 (4): 230–244. Online: https://doi.org/10.1063/1.1745004
- [8] Der SLAC (Stanford Linear Accelerator) beschleunigt Elektronen auf eine Energie von 50 GeV (Gigaelektronenvolt). Das heißt auch, dass die Beschleunigungsspanung bei rund 50 Gigavolt oder 50 Milliarden Volt lag. Damit wurden 99.99999993 % der Lichtgeschwindigkeit erreicht. Bis zur Lichtgeschwindigkeit selbst fehlte dabei in etwa die Geschwindigkeit einer kriechenden Schildkröte. In: Richard L. Taylor: Focusing Electron Beams at SLAC. SLAC–PUB–5628. December 1991. (I) Online: https://www.slac.stanford.edu/pubs/slacpubs/5500/slac-pub-5628.pdf