Fadenstrahlrohr
Physik
Basiswissen
In einer Glaskugel bewegen sich Elektronen auf einer leuchtenden Kreisbahn. Die Kugel ist mit wenig Gas gefüllt. Die Kreisbahn wird durch ein Magnetfeld von außen (Lorentzkraft erzeugt). Das Fadenstrahlrohr ist der klassische Versuch zur Bestimmung der spezifischen Ladung (C/kg) eines Elektrons.
Grundgedanke des Fadenstrahlrohres
Bewegt sich ein Elektron mit konstanten Bahngeschwindigkeit v auf einer Kreisbahn, dann müssen sich Zentrifugal- (nach außen) und Zentripetalkraft (nach innen) genau ausgleichen, also vom Betrag her gleich groß sein. Damit kann man die entsprechenden Formeln gleichsetzen und nach verschiedenen Größen umstellen. Zur Erzeugung der Kreisbahn schießt man Elektronen mit einer Startgeschwindigkeit in ein homogenes (überall gleichartiges) Magnetfeld. Die Kreisbahn entsteht dann durch die sogenannte Lorentzkraft: q·v·B = m·v²:r. Diese Formel wird hier Schritt für Schritt entwickelt.
Erzeugung freier Elektronen
Elektronen, die nicht mehr an Moleküle oder Atome gebunden sind nennt man frei. Freie Elektronen kann man zum Beispiel über heiße Drähte (700 bis 800° C) erzeugen. Die Elektronen treten aus dem Metalldraht aus, haben aber noch keine hohe eigene Geschwindigkeit.
Beschleunigung der Elektronen
Haben Elektronen den Glühdraht verlassen, werden sie als nächstes in einem elektrischen Feld beschleunigt. In der einfachsten Anordnung werden sie durch eine positiv geladene Anodenplatte angezogen. In der Mitte der Anodenplatte befindet sich ein Loch. Durch diese gelangen einige der beschleunigten Elektronen, die dann die gesamte Anordnung als gebündelter Strahl verlassen. Typische Spannung U zwischen Glühkathode und Anode sind etwa 250 bis 300 Volt. Die ganze Anordnung heißt auch Elektronenkanone ↗
Berechnung der Elektronengeschwindigkeit v
½·m·v = q·U - mit dieser Formel kann man die Geschwindigkeit v der Elektronen nach dem Beschleunigen berechnen, also die Geschwindigkeit beim Eintritt in die Kreisbahn: v = 2·q·U:m
- v = Gesuchte Geschwindigkeit der Elektronen
- m ≈ 9,10938356 mal 10 hoch -31 kg Elektronenmasse ↗
- q ≈ 1,602176634 mal 10 hoch -19 Coulomb Elementarladung ↗
- U = z. B. 250 bis 300 Volt Beschleunigungsspannung ↗
Die Glaskugel
Die Elektronen des Elektronenstrahls gelangen durch eine Öffnung in die Glaskugel. Sie haben dann die Geschwindigkeit v und zunächst eine geradlinige Flugbahn. Durch ein Magnetfeld (siehe unten) werden sie jedoch innerhalb der Glaskugel auf eine Kreisbahn umgelenkt. Um die Elektronen sichtbar zu machen, ist die Kugel mit Gas (Wasserstoff, Argon) gefüllt. Kollidieren einzelne Elektronen mit Gasmolekülen regen sie diese an und es entsteht ein Leuchteffekt. Der Gasdruck in der Glaskugel liegt zwischen 0,1 bis 1 Pa (sehr wenig). Das ist ausreichend viel für den Leuchteffekt und noch nicht so viel, dass die Elektronen spürbar vom Gas abgelenkt und gestreut werden.
Die Erzeugung des Magnetfeldes in der Glaskugel
Die Glaskugel befindet sich zwischen zwei Helmholtz-Spulen. Die zwei Spulen stehen senkrecht auf dem Tisch, ihre Kreisflächen sind parallel zueinander. Das heißt: eine Verbindugnslinie zwischen den Kreismitten verläuft parallel zur Tischfläche. Der Durchmesser einer Spule R ist in etwa gleich dem Abstand R der Spulen zueinander. Durch ihre spezielle Bauweise erzeugen die Spulen ein Magnetfeld in der Glaskugel: alle Magnetfeldlinien in der Glakugel verlaufen parallel zueinander, außerdem ist die Magnetische Flussdichte B überall in der Glaskugel gleich groß. Siehe auch unter Helmholtz-Spule ↗
Formel für die magnetische Flussdichte
- B = my mal 8 mal I mal N durch Wurzel 125 durch R
Legende
- B = Magnetische Flussdichte, in Tesla ↗
- my = Magnetische Feldkonstante = 1,2566370614 mal 10 hoch -6 N/A²
- I = elektrische Stromstärke, z. B. in Ampere
- N = Anzahl der Windungen einer der beiden Spulen
- R = Radius jeder Spule, horizontaler Abstand der Spulen zueinander
Entstehung der Kreisbahn
Die Magnetfeldlinien in der Glaskugel verlaufen parallel zur Tischoberfläche und parallel zur Verbindungsstrecke zwischen den Kreismittelpunkten der Magnetspulen. Die Elektronen treten zunächst mit der Geschwindigkeit v und mit einer geraden Flugbahn parallel zur Tischoberfläche aber senkrecht zu den Magnetfeldlinien in die Glaskugel ein. Bewegt sich eine Ladung - wie zum Beispiel ein Elektron - senkrecht zu Magnetfeldlinien, dann wirkt immer die sogenannte Lorentzkraft. Sie wirkt senkrecht zur Bewegungsrichtung der Elektronen wie auch senkrecht zu den Magnetfeldlinien. Wendet man diesen Gedanken kleinschritt auf die vorliegende Situation an, kann man die Entstehung der Kreisbahn nachvollziehen (linke-Hand-Regel). Lies mehr dazu unter Lorentzkraft ↗
Allgemeine Formel zur Berechnung der Lorentzkraft
- F = q mal v mal B mal Sinus von Alpha
Legende
- F ist die Kraft auf die bewegte Ladung in Newton
- q ist die Stärke der Ladung in Coulumb
- B ist die magnetische Flussdichte in Tesla
- v is die Geschwindigkeit des Elektrons im Magnetfeld
- Alpha ist der Winkel zwischen der Bewegungsrichtung der Ladung und den Magnetfeldlinien
- Für konkrete Sinuswerte für bestimmte Winkel siehe die Sinustabelle Grad ↗
- Im Fadenstrahlrohr ist dieser Winkel 90°. Und der Sinus von 90° ist immer 1.
- Man kann den Sinusterm hier also vernachlässigen.
Formel zur Beschreibung der Gesamtsituation in der Glaskugel
Man hat nun einen Term zur Berechnung der Lorentzraft. Die Lorentzkraft zwingt die Elektronen auf eine Kreisbahn. Sie wirkt als Zentripetalkraft nach innen zum Mittelpunkt der Kreisbahn. Sie setzt man gleich dem Term für die Fliehkraft der Elektronen und erhält dann:
- q·v·B = m·v²:r
Berechnung der spezifischen Ladung
- Mit der Anordnung kann die spezifische Ladung eines Elektrons bestimmt werden.[1]
- Die spezifische Ladung ist die Ladung Q pro Masse m, oft in: C/kg
- Die zusammengesetzte Einheit C/kg steht für Coulomb pro Kilogramm.
- Das große Q allgemein hat hier die Bedeutung wie das kleine q.
- Man stellt die Formel von oben um nach m/q und erhält dann:
- Spezifische Elektronenladung m/q ist: v/[B·r]
- q steht hier für e (Elektronenladung)
Bestimmung der Elektronenmasse
Historisch konnte man die spezifische Elektronenmasse schon sehr früh (1887) bestimmen. Erst später wurde die Ladung eines Elektrons e im Millikan-Versuch (1910) genau bestimmt. Dadurch wurde es möglich, über die Formel oben auch die Elektronenmasse zu bestimmen:
- q ≈ 1,602176634 mal 10 hoch -19 Coulomb Elementarladung ↗
- m ≈ 9,10938356 mal 10 hoch -31 kg Elektronenmasse ↗
Fußnoten
- [1] Thomson, J. J. (7 August 1897). "Cathode Rays". Philosophical Magazine. 5. 44 (269): 293. doi:10.1080/14786449708621070.
- [2] Millikan, R. A. (1913). "On the Elementary Electrical Charge and the Avogadro Constant" (PDF). Physical Review. Series II. 2 (2): 109–143. Bibcode:1913PhRv....2..109M. doi:10.1103/PhysRev.2.109.