Harmonische Schwingung
Sinusförmig
Definition
Eine harmonische Schwingung, auch Sinusschwingung genannt, ist jede Schwingung, bei der die momentane Auslenkung des schwingenden Elements als sinus- oder cosinusförmige Funktion der Zeit modelliert werden kann[1]. Gleichbedeutend damit ist die Definition, dass eine Schwingung dann harmonisch heißt, wenn „die Rückstellkraft der Elongation proportional und stets zur Gleichgewichtslage gerichtet ist, für e also ein lineares Kraftgesetz gilt[2]“. Das ist hier näher erklärt.
Schwingungen und Oszillatoren
Jede Schwingung hat immer einen sogenannten Oszillator. Jedes schwingende mechanische System[8] oder überhaupt jedes schwingende System kann man als Oszillator auffassen[9]. Die Schwingung selbst ist eine sich ständig wiederholende Bewegung um einen sogenannten Ruhepunkt[10].
MERKSATZ:
1.0 Alles, was schwingt kann als Oszillator aufgefasst werden.
1.0 Alles, was schwingt kann als Oszillator aufgefasst werden.
Bei einem Fadenpendel etwa ist der Oszillator das Pendel und der Ruhepunkt ist die Lage des still ruhenden Pendels. Bei einem Federpendel ist die Feder mit dem daran angehängten Massestück der Oszillator. Bei einem elektrischen Schwingkreis kann man die zwischen den Kondensatorplatten hin und her schwingenden Elektronen einschließlich ihres elektrischen und magnetischen Feldes als Oszillator auffassen.
Schwingungen und die Auslenkung
Als Auslenkung oder auch Elongation einer Schwingung bezeichnet man die momentane Entfernung des Oszillators von seiner Ruhelage. Die maximale Auslenkung nennt man die Amplitude der Schwingung.
MERKSATZ:
2.0 Die momentane Entfernung des Oszillators von seiner Ruhelage nennt man Auslenkung oder Elongation.
2.0 Die momentane Entfernung des Oszillators von seiner Ruhelage nennt man Auslenkung oder Elongation.
Wenn ein Fadenpendel hin und her schwingt, hat es im tiefsten Punkt, der Ruhelage, die Auslenkung 0. Im höchsten Punkt, wo das Pendel seine Richtung ändert, hat es die größte Auslenkung. Die Einheit der Auslenkung passt man der Größe an, die man betrachtet. Bei einem Fadenpendel kann man die Auslenkung zum Beispiel als Winkel oder als Strecke angeben.
Die harmonische Schwingung als Sinusfunktion
Man kann eine Funktion aufstellen, die für jeden Zeitpunkt diese Auslenkung als Funktionswert liefert. Ist diese Funktion mathematisch eine Sinusfunktion nennt man die Schwingung sinusförmig oder harmonisch[1].
MERKSATZ:
3.0 Bei einer harmonischen Schwingung verändert sich die Auslenkung eines Oszillators über die Zeit in etwa sinusförmig.
3.0 Bei einer harmonischen Schwingung verändert sich die Auslenkung eines Oszillators über die Zeit in etwa sinusförmig.
Das heißt, wenn man die Auslenkung eines schwingenden Oszillators zu verschiedenen eng aufeinanderfolgenden Zeitpunkten über einen längeren Zeitraum hinweg misst, dann eignet sich zur Modellierung eine allgemeine Sinusfunktion ↗
Die harmonische Schwingunge mit proportionaler Rückstellkraft
Eine mechanische Schwingung wird genau dann zu einer harmonischen Schwingung, wenn die Rückstellkraft zu jedem Zeitpunkt proportional zur Auslenkung (Elongation) ist und immer hin zur Ruhelage zeigt[2].
MERKSATZ:
4.0 Wirkt die Rückstellkraft einer mechanischen Schwingung immer proportional zur Auslenkung, dann entsteht daraus eine harmonische Schwingung.d
4.0 Wirkt die Rückstellkraft einer mechanischen Schwingung immer proportional zur Auslenkung, dann entsteht daraus eine harmonische Schwingung.d
Nicht jede in Wirklichkeit stattfindende Schwingung ist harmonisch aber viele Schwingungen sind zumindest näherungsweise harmonisch. Man spricht auch von einer idealisierten Betrachtung[7].
Das Weg-Zeit-Gesetz der harmonischen Schwingung
FORMELN
- s = sₘₐₓ·sin(2·π·t/T)[2]
- s = sₘₐₓ·sin(ω·t)[12]
Legende
- s = die zur Zeit t gehörende Elongation [Auslenkung] ↗
- sₘₐₓ = die maximale Auslenkung oder die Amplitude ↗
- sin = die mathematische Sinusfunktion ↗
- π = das altgriechische Pi ↗
- t = die Zeit als unabhängige Variable ↗
- T = die Dauer einer Schwingung, die Periodendauer ↗
Das Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz der harmonischen Schwingung
Die folgende Darstellung leitet die harmonische Schwingung aus einer Kreisbewegung her. Darüber kommen auch die Größen ω und φ, die zur Beschreibung einer Kreisbewegung mit konstanter Geschwindigkeit dienen. Betrachtet man von der Kreisbewegung nur den vertikalen Abstand s des Objektes auf der Kreisbahn hin zum Kreismittelpunkt, ergibt sich daraus die Formel für harmonische Schwingung[2].
Formeln
- v = sₘₐₓ·ω·cos(φ)
- v = sₘₐₓ·ω·cos(2·π·t/T)
Mit:
- v = die zur Zeit t gehörende Geschwindigkeit ↗
- ω = kleines Omega, die Kreisfrequenz [gleich 2·π/T] ↗
- φ = kleines Phi, Phase der Schwingung Phasenwinkel ↗
- sₘₐₓ = die maximale Auslenkung oder die Amplitude ↗
- cos = die mathematische Cosinusfunktion ↗
- π = das altgriechische Pi ↗
- t = die Zeit als unabhängige Variable ↗
- T = die Dauer einer Schwingung, die Periodendauer ↗
Das Beschleunigungs-Zeit-Gesetz der harmonischen Schwingung
- a = -sₘₐₓ·ω²·sin(2·π·t/T)
Mit:
- a = die zur Zeit t gehörende Beschleunigung ↗
- ω = kleines Omega, die Kreisfrequenz [gleich 2·π·t/T] ↗
- sₘₐₓ = die maximale Auslenkung oder die Amplitude ↗
- sin = die mathematische Sinusfunktion ↗
- π = das altgriechische Pi ↗
- t = die Zeit als unabhängige Variable ↗
- T = die Dauer einer Schwingung, die Periodendauer ↗
Die harmonische Schwingung und Differentialgleichungen
Die harmonische Schwingung wird oft in Verbindung mit sogenannten Differentialgleichungen betrachtet. Die Gleichungen oben entstanden als Lösungen einer anfänglichen Differentialgleichung. Als Differentialgleichung bezeichnet man eine Gleichung deren Lösungen selbst Funktionen sind und in denen die Ableitungen der gesuchten Funktion vorkommen[3]. Die Differentialgleichung für eine harmonische Schwingung ist:
- ÿ(t) = -y(t)·D/m
Dabei steht y für den Funktionsterm einer noch unbekannten und gesuchten Funktion. Hier im Beispiel steht y für die momentane Auslenkung als Funktion der Zeit. Die Auslenkung steht damit für einen Winkel oder einen Ort. Ein ẏ stünde für die erste Ableitung dieser Funktion, ÿ steht für die zweite Ableitung der Funktion. Die Schreibweise mit Punkten über dem Buchstaben nennt man die Newton-Notation[4].
In Worten ausgedrückt sagt die Differentialgleichung: gesucht ist eine Funktion y deren zweite Ableitung proportional zu sich selbst ist. Dabei soll -D/m[5] der Proportionalitätsfaktor[6] sein.
Differentialgleichungen entstehen oft dadurch, dass man von grundlegenden Prinzipien oder Gesetzen ausgeht. Bei der harmonischen Schwingung ist ein solches Prinzip das zweite Newtonsche Gesetz, dass nämlich die von außen auf einen Körper einwirkende Kraft proportional zu seiner Beschleunigung ist. Und die Beschleunigung wiederum ist die zweite Ableitung nach dem Ort. So entsteht der Term ÿ. Der Term y(t) steht für die momentate Auslenkung. Und der Gesamtbauplan des Beispiels drückt das Hookesche Gesetz für ein Federpendel aus, dass nämlich die Kraft (ÿ) stets proportional (Faktor -D/m) zur momentanen Auslenkung (y) ist.
Von der Schwingung zur Welle
Schwingungen werden oft in Verbindung mit Wellen betrachtet. Eine Welle ist eine Schwingung, die sich im Raum ausbreitet. Am Beispiel von Wasserwellen vollführt ein einzelnes Wasserteilchen, ein Molekül H₂0, mehr oder minder nur eine Schwingung in vertikaler Richtung, also auf- und abwärts[11]. Wenn die Wasserteilchen ihre Nachbarteilchen zum Mitschwingen anregen, beginnt sich die Schwingung im Raum fortzupflanzen.
MERKSATZ:
5.0 Eine Schwingung ist eine sich im Raum ausbreitende Welle.
5.0 Eine Schwingung ist eine sich im Raum ausbreitende Welle.
Hängt man viele Fadenpendel in einer geraden Linie hintereinander auf und verbindet man die Pendel durch feine Gummibänder miteinander, tritt folgender Effekt auf: stößt man das erste Pendel an, beginnt es zu schwingen. Über das Gummibändchen nimmt es das Nachbarpendel mit, sodass dieses auch schwingt. Die Schwingung pflanzt sich so von Pendel zu Pendel entlang der Linie im Raum aus. Eine sich im Raum ausbreitende Schwingung nennt man eine Welle. Eine harmonische Schwingung die sich im Raum ausbreitet ist entsprechend eine harmonische Welle oder auch eine Sinuswelle ↗
Fußnoten
- [1] Metzeler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X. Dort ist auf Seite 109 die harmonische Schwingung definiert als eine „Schwingung, die durch eine Sinus- oder cosinus-Kurve beschrieben werden kann“.
- [2] Oskar Höfling: Physik. Lehrbuch für Unterricht und Selbststudium. Fünfzehnte Auflage. 1994. ISBN: 3-427-41045-5. Seite 197 ff.
- [3] Das Spektrum Lexikon der Physik definiert als Differentialgleichunge jede "mathematische Gleichung, die Ableitungen einer unbekannten Funktion y enthält". In: der Artikel "Differentialgleichung". Spektrum Lexikon der Physik. Abgerufen am 23. April 2024. Siehe mehr unter Differentialgleichung ↗
- [4] Die übliche Schreibweise für eine Ableitung f'(x) bezeichnet man als Leibniz-Notation. Die Schreibweise mit Punkten ist vor allem in der Physik und in der Mathematik bei Differentialgleichungen sehr verbreitet. Siehe mehr unter Newton-Notation ↗
- [5] Das große D steht für die Federkonstante. Eine harmonische Schwingung wird oft am Beispiel eines Federpendels betrachtet. Das m steht für die Masse. Zum Hintergrund siehe auch Hookesches Gesetz ↗
- [6] Bei y=m·x wäre das m der Proportionalitätsfaktor. Im Beispiel - ÿ(t) = -y(t)·D/m kann man aufgrund der Kommutativität der Multiplikation die Faktoren -1, D und 1/m zu einer Konstanten zusammenziehen. Siehe auch Proportionalitätsfaktor ↗
- [7] Es gibt in der Wirklichkeit keinen wirklich runden Kreis. Mit einem ausreichend starken Mikroskop würde man bei jedem echten Kreis letztendlich kleine Abweichungen von der perfekten Kreisform entdecken. Das liegt schon bereits in der Natur der Materie begründet, zum Beispiel ihres Aufbaus aus Atomen. Dennoch ist die Idee des perfekten Kreises von größter Nützlichkeit in der Naturwissenschaft und Technik gewesen. Es ist ein tiefsinniger Gedanke, dass man die Wirklichkeit nicht unbedingt in ihrer ganzen Detailfülle und in perfekter Genauigkeit betrachtet, sondern sie hin zu einfacheren Bildern idealisiert. Siehe mehr dazu unter Idealisierung ↗
- [8] Das Spektrum Lexikon der Physik definiert einen Oszillator als "einfachstes schwingungsfähiges mechanisches System". In: der Artikel "Oszillator". Spektrum Lexikon der Physik. Abgerufen am 28. April 2024. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/physik/oszillator/10805
- [9] "Ein Oszillator (von lateinisch oscillare ‚schaukeln‘) ist ein schwingungsfähiges System." In: Wikipedia. Abgerufen am 28. April 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Oszillator
- [10] Bei einer mechanischen Schwingung ist der Ruhepunkt jene Lage, die der Oszillator im ruhenden Zustand hätte. Bei einem nicht materiellen System entspricht der Ruhepunkt dem zeitlichen Mittelwert der Auslenkung. Siehe auch Ruhepunkt ↗
- [11] Dass die Wasserteilchen bei einer Wasserwelle im Wesentlichen fast nur nach oben und unten schwingen kann man beim Schwimmen im Meer selbst leicht erfahren: Legt man sich still auf die Wasserobeffläche, so wird man von einer Welle, die unter einem hindurchgeht, nur nach oben angehoben und dann wieder nach unten herabgelassen. Am Ende ist man an derselben der Wasseroberfläche, wo man auch vor dem Durchgang der Welle schon war. Siehe auch Wasserwelle ↗
- [12] Die kürzere Version des Weg-Zeit-Gesetzes der harmonischen Schwingung stellt fasst den Term 2·π·/T, also zwei mal pi durch T, zusammen zu einem kleinen Omega ω, der sogenannten Kreisfrequenz ↗