Frisia E-1
E-Katamaran
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Basiswissen ·
Daten zur Frisia E-1 ·
Besitzverhältnisse ·
Schiffsmaße und Besatzung ·
Maschinenanlage ·
Elektrofähren und Unterwasserlärm ·
Elektroantrieb: an sich leiser ·
Die Schiffsschraube als Lärmquelle ·
Das Echolot als Lärmquelle ·
Fazit ·
Quaestiones ·
Fußnoten
Basiswissen
Die Frisia E-1 ist das erste vollelektrisch angetriebene Seeschiff Deutschlands. Die Personenfähren verkehrt zwischen Norddeich und Norderney. Als Katamaran erreicht die Frisia E-1 eine Höchstgeschwindigkeit von 19 Knoten.[2] Damit halbiert sie die sonst übliche Fahrzeit für die 11 Kilometer von Norddeich nach Norderney auf eine halbe Stunde.[2]
Daten zur Frisia E-1
Besitzverhältnisse
- Deutschland Flagge ↗
- Katamaran Schiff[styp] ↗
- DF8927 Rufzeichen ↗
- Norderney Hafen [Heimathafen] ↗
- AG Reederei Norden-Frisia Reederei ↗
- Damen Shipyards Group Werft ↗
- 5. Juli 2023 Kiellegung ↗
- 29. Juni 2024 Stapellauf ↗
- IMO 1013250 IMO-Nummer ↗
Schiffsmaße und Besatzung
- 32,30 m Länge über alles ↗
- 9,90 m Breite ↗
- 1,20 m Tiefgang [maximal] ↗
- Aluminium Material [Rumpf] ↗
- 298 BRZ Vermessung ↗
- 1,5 m³ Kapazität [Frischwasser] ↗
- 1,5 m³ Kapazität [Abwasser] ↗
Maschinenanlage
- 2 × Elektromotor mit je 600 kW Maschinenleistung ↗
- 1.200 kW (1.632 PS) Leistung [gesamt] ↗
- Lithium-Ionen Akku[s] ↗
- 1800 kWh Kapazität [der Akkus] ↗
- 28 Minuten[2] Ladezeit ↗
- 16 kn (30 km/h) Geschwindigkeit [im Dienst] ↗
- 19 kn (35 km/h) Höchstgeschwindigkeit ↗
- 2 × Festpropeller Propeller ↗
Elektrofähren und Unterwasserlärm
Die Umrüstung einer Nordseefähre auf einen reinelektrischen Antrieb kann ganz sicher den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 in die Atmosphäre verringern. Auch erzeugt die Fähre über Wasser deutlich weniger Motorenlärm als konventionell mit Gas, Diesel oder Schweröl angetriebene Fähren. Wie aber sieht es mit dem Unterwasserlärm aus? Diese Frage kann nicht direkt und allgemein beantwortet werden.
Elektroantrieb: an sich leiser
An sich gelten Elektroantriebe in ihrem Gesamteffekt als leiser: so wurde in einem Versuch mit realen Schiffen in den USA festgestellt, dass ein batteriegetriebenes Schiff bis zu 6 Dezibel weniger Lärm erzeugt, als ein vergleichbares Schiff mit herkömmlichen Diesel-Antrieb.[5 ] Immerhin entspricht eine Verringerung um 6 Dezibel einer Halbierung des gefühlten Lärms.[8] Vergleicht man jedoch dieselelektrische Antriebe mit rein elektrischen Antrieben, lassen sich im erzeugten Unterwasserlärm kaum mehr Unterschiede ausmachen.[6][7]
Elektrisch angetriebene Schiffe erzeugen aber nicht immer und zwangsläufig weniger Lärm unter Wasser als konventionell mit Diesel, Gas oder Schweröl betriebene Wasserfahrzeuge. Der Grund: neben dem Motor ist es vor allem allem die Schiffschraube, der Propeller, die über den Effekt der sogenannten Kavitation Schall unter Wasser erzeugt.[9] Hinzu kommt die wenig untersuchte Rolle eines Echolots zur Tiefenmessung.
Die Schiffsschraube als Lärmquelle
Wo sich die Teile einer Schiffsschraube bei ihrer Drehbewegung sehr schnell durchs Wasser bewegen entstehen örtlich kleine Bereiche mit niedrigem Druck. Dort verdampft dann das Wasser und bildet kleinste Blasen. Kurz darauf fallen diese Blasen aus Wasserdampf aber wieder schlagartig in sich zusammen. Das ergibt dann laute Knallgeräusche. Diese erzeugen in Summe einen durchaus beachtlichen Lärm, ähnlich wie siedendes Wasser in einem Wasserkocher.[10] Den zugrundeliegende physikalische Effekt der implodierenden Gasblasen bezeichnet man im Schiffbau als Kavitation ↗
MERKSATZ:
Vor allem die sogannte Kavitation einer Schiffschraube erzeugt laute, hohe Töne, die etwa Schweinswale stören können.
Vor allem die sogannte Kavitation einer Schiffschraube erzeugt laute, hohe Töne, die etwa Schweinswale stören können.
Die Kavitation an der Schiffsschraube erzeugt vor allem Töne hoher Frequenz, während der Motor, abhängig VON seiner Drehzahl, eher tiefe Töne mit niedriger Frequenz erzeugt.[11] Und es sind gerade die hohene Töne im Bereich mehrerer Kilohertz, die zum Beispiel Delphine oder Wale[12] erheblich stören können. Für tiefere Töne ist also die Antriebsart interessant, bei höheren Tönen ist jedoch die Schiffsschraube wichtiger. Starke Geräusche setzen aber erst ab einer gewissen Geschwindigkeit zwischen 8 bis 19 Knoten ein.[16] Siehe auch Schiffsschraube ↗
Das Echolot als Lärmquelle
Eine weitere Quelle von Unterwasserlärm ist das Echolot. Die Nordsee und insbesondere das Wattenmeer zwischen den Inseln und dem Festland sind ein sehr flaches Gewässer. Schiffe, auch Personenfähren, laufen immer wieder auf Grund. So ist es nachvollziehbar, dass Schiffsführer ständig die Tiefe des Wassers unter dem eigenen Kiel und in der näheren Umgebung im Blick behalten möchten. Dazu dient das Echolot. Ein Echolot sendet Töne hoher Frequenz ins Wasser aus und zeichnet die am Boden reflektierten und dann zurückkommenden Töne auf. Daraus lässt sich über die Laufzeit des Schalls die Tiefe des Wassers berechnen.[14] Ganz ähnlich funktioniert auch die Echoortung von zum Beispiel Delphinen und Walen unter Wasser. Inwiefern das Echolot diese Tiere stört, ist jedoch noch wenig erforscht. Aber auch diese Quelle von Unterwasserschall ist, wie die Schiffsschraube, unabhängig von der Art des Motorantriebs. Siehe auch Echolot ↗
Fazit
Ganz sicher wird die Frisia E-1 über Wasser deutlich leiser sein als ähnliche Katamarane mit herkömmlichen Antrieb, etwa die Adler Jet, die seit dem Jahr 2021 zwischen Wilhelmshaven, Hooksiel, Norderney und Helgoland verkehrt. Im Hafen von Norderney wird man den Helgoland-Katamaran[15] und die Frisia E-1 vom Überwassergeräusch her direkt vergleichen können. Unklar ist aber, welchen Lärm unter Wasser die Frisia E-1 infolge einer möglichen Kavitation der Schiffschrauben und als Folge des Echolots erzeugt.
Quaestiones
- 1) Wie verhält sich der Unterwasserlärm der rein elektrischen Fähre zu einem Katamaran vergleichbarer Bauart und Betriebsbedingungen mit herkömmlichen Antrieb (Diesel)?
- 2) Wie stark und auf welche Weise stört das Echolot eines Schiffes die Lebewelt im Wattenmeer?
- 3) Hat die Frisia E-1 das Echolot bei Fahrt dauerhaft eingeschaltet oder kann es in tieferen Fahrrinnen auch ausgeschaltet werden?
- 4) Fährt die Frisia E-1 im Regelbetrieb unter- oder überhalt ihre Cavitation Inception Speed (CIS)?[16][17]
Fußnoten
- [1] Ein Übersicht zu den technischen Daten steht in: Electric Fast Ferry 3209. YN571841. Datenblatt der DamenShipyardsGroup. Abgerufen am 24. März 2025.
- [2] Elektro-Katamaran: Abnahmefahrten erfolgreich abgeschlossen. CO₂-freie Verbindung nach Norderney ab der Saison 2025. Mitteilung der Frisia-Reederei vom 16. Januar 2025.
- [3] In der Seefahrt bezeichnet die Seitenhöhe den senkrechten Abstand vom Kiel bis zur Oberkante des Freiborddecksbalkens an der Bordseite.
- [4] Zum Lärm im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer sagt die Diplom-Journalist und Diplom-Biologin Tonja Mannstedt: "Unterwasserlärm stellt eine zunehmende Bedrohung für den sensiblen Lebensraum des Wattenmeeres dar. Meerestiere wie der Schweinswal, die sich über Echoortung orientieren, sind davon besonders betroffen. Der Lärmpegel unter der Meeresoberfläche nimmt stetig zu: Schifffahrt, Schallkanonen zur Erkundung des Meeresbodens für die Öl- und Gasförderung, Rammarbeiten für den Bau von Offshore-Windkraftanlagen und LNG-Terminals sind nur einige Beispiele für vermeidbare Lärmquellen." In: Zum Tag der Wale: BUND startet neues Projekt zum Schutz der Schweinswale durch weniger Unterwasserlärm in der Nordsee. Mitteilung des BUND. 15. Februar 2024.
- [5] In einer Studie wurde je ein batteriegetriebenes und ein konventionell mit Diesel angetriebenes Schiff in flachen Gewässer vor der Ostküste der USA untersucht: "At all transit speeds, the battery-electric system overall URN level is at least 6dB lower than the diesel powered vessels at comparable speeds. However, during simulated tug assist (STA) operations, the noise level is similar or louder than other vessels." In: Vessel-Generated Underwater Radiated Noise Comparison Study (TUGS): EWOLF, TIOGA, and LEADER. U.S. DEPARTMENT OF TRANSPORTATION. Maritime Administration. Washington DC. 2023.
- [6] Unterwasserlärm von Schiffen stammt einerseits vom Antrieb, andererseit auch vom physikalischen Effekt der Kavitation am Propeller. "Ship underwater noise affects marine life and can cause both behavioral and physical effects depending on noise level and frequency distribution. In a recent review of the environmental effects of man-made underwater noise, ship noise was found to give a significant impact in 95% of studies. Propellers and machinery are the dominant sources of ship underwater noise, in particular cavitation at the propeller when operating at cruise speed". In: C. Andersson et al.: Fully electric ship propulsion reduces airborne noise but not underwater noise. Ocean Engineering. Volume 302, 15 June 2024, 117616. Online: https://doi.org/10.1016/j.oceaneng.2024.117616
- [7] "The radiated airborne noise of electrical hybrid vessels is reduced in battery powered operation at certain low frequencies associated with the diesel engine. The same holds for the radiated underwater noise, but the differences are smaller there, indeed smaller than differences between sister vessels. " In: Torbjörn Johansson et al.: Noise from ships powered by LNG or electricity and its effects: a cross-domain investigation. Final report of the Silent@Sea project. 2024.
- [8] Ein Verringerung der Dezibelzahl um 6 bedeutet eine Halbierung der gefühlten Lautstärke: "6 Dezibel an Lautstärkezuwachs sorgt bei uns Menschen also für eine Verdopplung des Lautstärkeempfindens (hier gemeint: Lautheit). Und um das zu erreichen, sind enorme Anstrengungen nötig – in diesem Fall 50 Geiger." Diesem Beispiel zufolge klingen 50 Geiger doppelt so laut wie 5 Geiger, die Dezibelzahl erhöht sich von zum Beispiel 60 auf 66. Und: "Umgekehrt bedeutet das: Ein Gehörschutz, der den Lärm um 6 Dezibel leiser macht, hat die Lautheit für uns halbiert." In: Information der SonicShop GmbH aus Ditzingen. Stand 2025. Siehe auch Dezibel ↗
- [9] Auf Anfrage schrieb Marine Perrine, Meeresschutzreferentin des Landesverbandes Niedersachsen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) in einer Mail vom 26. März 2025 dazu: "Die Quellen von Unterwasserlärm, der von Schiffen ausgeht, sind vielfältig. Wie Sie auf Ihrer Website schreiben, ist der Motor natürlich eine der Ursachen, aber es ist vor allem der Propeller, der zu den größten Emissionen führt, zumindest was kommerzielle Schiffe wie Containerschiffe oder Frachtschiffe betrifft. Die Lärmemissionen sind umso höher, wenn der Propeller kavitiert. Darüber hinaus spielt auch das Design des Schiffsrumpfes eine Rolle bei der Verbreitung des Lärms unter Wasser. "
- [10] Implodierende Gasblasen, wie sie bei der Kavitation an Schiffsschrauben entstehen, kommen auch beim Sieden von Wasser, etwa in einem Wasserkocher vor. Damit kann man sich selbst eine Vorstellung vom erzeugten Lärm unter Wasser machen: wird das Wasser durch eine Heizplatte am Boden eines Wasserkochers bis zur Siedetemperatur erhitzt, verdampft es dort. Es entstehen am Boden des Wasserkochers kleine Dampfblasen, die dann langsam nach oben aufsteigen. Da im oberen Bereich des Wasserkochers das Wasser aber noch kühler ist, geht der Wasserdampf in den Dampfblasen dort wieder zurück in die flüssige Phase, der Dampf kondensiert also. Das geschieht schlagartig. Dieser Zusammenbruch der Dampfblasen erzeugt dann ein lautes Geräusch. Erst wenn auch das Wasser im oberen Bereich des Wasserkochers bis auf die Siedetemperatur erwärmt ist, erreichen die unten erzeugten Dampfblasen die Wasseroberfläche, wo sie dann sichtbar sprudelnd aus dem Wasser austreten. In dem Moment, wenn das gesamte Wasser im Wasserkocher die Siedetemperatur zum ersten Mal erreicht hat, verschwindet das vorherzige laute Geräusch der zusammenbrechenden Dampfblasen. Stattdessen hört man dann das sehr viel leisere Geräusch des sprudelnd kochenden Wassers. Bei Schiffsschrauben bezeichnet man den Effekt als Kavitation ↗
- [11] "Despite a general lack of systematic measurements, significant noise input radiated by small boats includes a wide range of frequencies up to 5 kHz and source levels up to 180 dB re 1 μPa @ 1 m. Such noise is mainly due to machinery and cavitation by the propeller noise and can be related to the presence of outboard engines in direct contact with water; narrowband tones are mostly generated by the engine firing rate and accord to revolutions per minute (RPM)." In: Tomaso Gaggero et al.: Electric boat underwater radiated noise and its potential impact on species of conservation interest. In: Marine Pollution Bulletin, Volume 199, 2024. ISSN 0025-326X. Online: https://doi.org/10.1016/j.marpolbul.2023.115937.
- [12] Die Geräusche der Kavitation stören unter anderem Wale: "Cavitation noise from motorboats can extend to mid-to-high frequencies up to and beyond 100 kHz, and therefore also overlap with toothed whale hearing and echolocation". In: Hermannsen, L., Mikkelsen, L., Tougaard, J. et al. Recreational vessels without Automatic Identification System (AIS) dominate anthropogenic noise contributions to a shallow water soundscape. Sci Rep 9, 15477 (2019). https://doi.org/10.1038/s41598-019-51222-9
- [13] Der Einfluss von zum Beispiel Wind und Strömungen wird - sehr mathematisch - für die Nordsee untersucht in: F. Basan et al.: The underwater soundscape of the North Sea. In: Marine Pollution Bulletin. Volume 198, 2024. ISSN 0025-326X. Online: https://doi.org/10.1016/j.marpolbul.2023.115891.
- [14] Wie man die Tiefe des Wassers mit Hilfe eines Echolots berechnen kann wird erklärt im Artikel zur Echolotformel ↗
- [15] Seit dem Jahr 2021 verkehrt die Adler Jet (IMO-Nummer 9281061) als Katamaran zwischen Wilhelmshaven, Hooksiel, Noderney und Helgoland. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 34 Knoten gilt sie als sehr schnell. Sie ist konventionell, das heißt nicht elektrisch, angetrieben. Siehe auch unter Katamaran ↗
- [16] Der von Kavitation erzeugte Lärm von Schiffen wächst nicht langsam und gleichmäßig mit der Schiffsgeschwindigkeit an. Vielmehr erhöht sich der Lärm sprunghaft ab einer bestimmten Geschwindigkeit des Schiffes. Diese Grenzgeschwindigkeit heißt auf Englisch cavitation inception speed (CIS). Neben der Form des Propellers hat vor allem der Schiffsrumpf auf diese Geschwindigkeit einen großen Einfluss: "The highest achievable cavitation free speed of a vessel varies from 8-10 knots up to 17-19 knots for ships with focus on operation at high speed without cavitation and hence low levels of radiated hydro acoustic noise." Und: "The most important parameters for high inception speed is the hull design, the position of the propeller in relation to the hull – big clearances to shaft brackets and the hull is good, and the specific load of the propeller." Informationen von Kongsberg Maritime, online, 26. März 2025. Siehe mehr unter Kavitation ↗
- [17] Die Bauwerft, Damen aus den Niederlanden, verweist darauf, dass die Frisia E-1 mit niedrigen Geschwindigkeiten fahren soll: "Additionally, the Wadden Sea is a UNESCO World Heritage site with strict criteria for maritime operations. To ensure the protection of this environmentally valuable area, the vessel is restricted to sailing at relatively low speeds." In: Rick van de Weg: Naming ceremony for Damen electric Fast Ferry. Reederei Norden-Frisia names first German electric catamaran Frisia E-I. 24 Mar 2025. Online: https://www.damen.com/insights-center/news/naming-ceremony-for-damen-electric-fast-ferry