A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω
Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Bewegte Ladung

Physik

© 2016 - 2025




Basiswissen


Es ist verwunderlich: eine elektrische Ladung, die relativ zu einem Beobachter ruht, hat nur ein elektrostatisches Feld um sich herum, aber kein Magnetfeld. Ab dem Moment aber, wenn sich die Ladung im Bezug zu einem Beobachter bewegt, existiert für diesen Beobachter auch ein Magnetfeld um die Ladung. Die enge Verbindung von Bewegung und Magnetismus ist der Schlüssel zum Verständnis vieler Effekte.

Sechs Fälle in der Übersicht


  • Fall 2) Ob ruhend oder bewegt, in einem E-Feld auf eine Ladung immer die Coulombkraft ↗
  • Fall 3) Nur eine bewegte elektrische Ladung erzeugt selbst auch ein Magnetfeld ↗
  • Fall 4) Nur eine bewegte elektrische Ladung erfährt den B-Teil der Lorentzkraft ↗
  • Fall 5) Eine beschleunigte elektrische Ladung kann Strahlung erzeugen.
  • Fall 6) Eine beschleunigte Ladung bremst sich selbst.

Fall 1: Ladungen umgeben sich immer mit einem E-Feld


Eine elektrische Ladung erzeugt immer ein elektrisches Feld.[2] Es ist unmöglich, das zu verhindern. Dabei ist es wiederum unwichtig, ob die Ladung ruht oder ob sie sich bewegt. Das elektrische Feld breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum aus, wird aber dabei mit zunehmender Entfernung von der erzeugenden Ladung auch immer schwächer. Das Feld der ruhend gedachten Ladung ist das Coulombfeld. Das Feld der bewegten Ladung umschreibt man auch als Lienard-Wiechert-Potential.


Fall 2: Ladungen in einem E-Feld erfahren immer eine Kraft


Befindet sich eine elektrische Ladung, oft abgekürzt als q, in einem elektrischen Feld, so wirkt das elektrische Feld immer mit einer Kraft auf diese Ladung. Diese Kraft nennt man die Coulombkraft[1]. Ob sich die Ladung dabei bewegt oder ruht ist für die Stärke dieser der Coulombkraft nicht wichtig. Die Stärke der Kraft kann man zum Beispiel in Newton angeben. Da die Bewegung keine Rolle spielt, nennt man die Physik rund um elektrische Ladungen, bei denen die Bewegung keine Rolle spielt, auch Elektrostatik. Die grundlegende Kraft ist die Coulombkraft ↗

Fall 3: Nur bewegte Ladungen spüren ein B-Feld


Eine elektrische Ladung, die relativ zu einem Magnetfeld, kurz auch B-Feld genannt, ruht, sich also aus Sicht des Magnetfeldes in diesem nicht bewegt, spürt keine magnetische Kraft. Bewegt sich die Ladung aber relativ zu dem Magnetfeld, kann sie eine magnetische Kraft erfahren[3]. Der Effekt hängt letztendlich mit Einsteins Relativitätstheorie zusammen.[9] Ob die elektrische Ladung eine Kraft erfährt, und wie stark diese ist, hängt noch ab von dem Winkel, den die Bewegung zur Richtung der Magnetfeldlinien bildet und wie schnell diese Bewegung ist. Diese Kraft nennt man die Lorentzkraft ↗

Fall 4: Nur bewegte Ladungen erzeugen ein B-Feld


Es gilt auch der Umkehrschluss: bewegte Ladungen erzeugen immer ein Magnetfeld[4], ruhende Ladungen nie. Da bewegt oder ruhende immer nur relativ zu einem Beobachter gilt, ergibt sich daraus eine zunächst paradox erscheinende Folgerung: fliegt eine elektrische Ladung, etwa ein Proton, gerade durch den leeren Weltraum und fliegt man selbst als Beobachter in entgegengesetzer Richtung zu dem Proton, dann wird man ein Magnetfeld um das Proton messen können. Hat man aber dieselbe Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit wie das Proton, dann wird man kein Magnetfeld messen können. Ob das Proton also ein Magnetfeld „hat“ (oder nicht), hängt von der eigenen Bewegung relativ zum Proton ab.[6] Der Grund dafür ist, dass der Magnetismus letztendlich nur ein Effekt der Relativitätstheorie ist und sich eigentlich aus elektrostatischen Kräften ableitet. Wie das erzeugte B-Feld aussieht und wie stark es an welcher Stelle ist behandelt das sogenannte Biot-Savart-Gesetz ↗

Fall 5: beschleunigte Ladung können Energie abstrahlen


Wird eine elektrische Ladung beschleunigt, so kann die Beschleunigung selbst zur Abstrahlung von Energie führen. Der Grundgedanke dabei ist, dass die elektrische Ladung, die ein Feld erzeugt, sich mit einer anderen Geschwindigkeit bewegt, als das von ihr erzeugte Feld. Damit bewegt sie sich durch eine Potentialdifferenz, wofür Energie nötig ist. Siehe mehr dazu unter Lienard-Wiechert-Potential ↗

Fall 6: beschleunigte Ladungen bremsen sich selbst


Beschleunigte Ladungen bremsen sich selbst. Sie wirken mit ihrem eigenen Feld auf eine solche Weise auf sich selbst zurück, dass sie sich einer Beschleunigung widersetzen. Der Physiker Richard Feynman hat diesen Gedanken detailliert in seinen Vorlesungen dargelegt.

ZITAT:

"Wir können uns ein Elektron als eine geladene Kugel vorstellen. Solange sie in unbewegt ist, stößt jedes Stückchen Ladung jedes andere solche Stückchen ab, doch alle diese Kräfte gleichen sich paarweise aus, sodass keine netto-Kraft entsteht. Wenn jedoch das Elektron beschleunigt wird sind die Kräfte nicht mehr länger ausgeglichen, da der elektromagnetische Einfluss Zeit benötigt, um von einem Stückchen zum anderen zu kommen."[10]

Diese Erklärweise ist typisch für Feynman. In seinem Buch liefert er die Mathematik dazu zwar mit. Aber er gibt sich stets größte Mühe, die Dinge in den einfachst möglichen Worten zu erklären. Feynman weiter:

ZITAT:

"Sie [die Kräfte der Ladung] würden sich gegenseitig auslöschen bei einer gleichmäßigen Geschwindigkeit, obwohl auf den ersten Blick so aussieht, als müsste die Verzögerung auch hier eine unausgeglichene Kräftebilanz ergeben. Doch es zeigt sich, dass es keine netto-Kraft gibt, es sei denn, das Elektron wird beschleunigt. Mit Beschleunigung, wenn wir uns die Kräfte der einzelnen Teile des Elektrons [als Kugel gedacht] ansehen, dann sind Kraft und Gegenkraft nicht immer gleich groß, und das Elektron übt eine Kraft auf sich selbst aus, die die Beschleunigung zu behindern trachtet.[11]

Als Ergebnis kann man festhalten: Ein beschleunigtes Teilchen mit Ladung wie ein Elektron übt eine Kraft auf sich selbst aus.[12] Die genaue Kraft auszurechnen ist schwierig.[13] Die Mathematik dazu findet man unter dem Begriff der Liénard-Wiechert-Potentiale. Mit dieser Vorstellung kann man die elektrischen und magnetischen Felder einer beschleunigten Ladung zu berechnen. Siehe auch Lienard-Wiechert-Feld (externer Link)

Elektrische und Farbladung


Ladung meint hier eine elektrische Ladung. Eine elektrische Ladung ist entweder positiv (+) oder negativ (-). Beispiele für elektrische Ladungen sind das Elektron (-), das Proton (+), oder ein Ion (+ oder -). Neben der elektrischen Ladung spricht man in der Physik auch von einer sogenannten Farbladung. Diese spielt aber nur in der Teilchenphysik im Zusammenhang mit Quarks eine Rolle. Was eine elektrische Ladung ist, ist näher erklärt im Artikel elektrische Ladung ↗

Was Bewegung heißen kann


Bewegung kann heißen, dass sich etwas entlang einer Bahn bewegt und damit ständig seinen Aufenthalsort verändern. Bewegung kann aber auch heißen, dass sich etwas um sich selbst dreht, ohne dabei den Aufenthaltsort zu verändern. In beiden Fällen erzeugt die Bewegung ein Magnetfeld, im zweiten Fall der Drehbewegung spricht man auch von Spin[5]. Wichtig ist hier noch, dass Bewegung immer nur relativ zum Beobachter definiert werden kann. Man stelle sich einen fahrenden Zug auf einer geraden Strecke vor. In einem Waggon sei an einer festen Stelle ein Proton. Relativ zum Waggon ist das Proton nicht bewegt. Relativ zu den Schienen ist das Proton bewegt. Für einen Beobachter im Waggon hat das Proton kein Magnetfeld, für einen Beobachter an einem Bahnhof sehr wohl. Für die hier behandelten Effekte wichtig ist alleine die sogenannte Relativgeschwindigkeit ↗

Klassische Versuche zu Ladungen in Feldern






Elektrostatik und Elektrodynamik


Effekte und Prinzipien von elektrischen Ladungen, die auch ohne Bewegung zustande kommen, fasst man zusammen zur sogenannten Elektrostatik. Effekte und Prinzipien hingegen, die als notwendige Voraussetzung Bewegung erfordern, fasst man zusammen zur Elektrodynamik.


Fußnoten


  • [1] Die Coulombsche Kraft wurde erstmals von dem Franzosen Charles Augustin de Coulomb (1736 bis 1806) mit Hilfe einer sogenannten Torsionswaage genau gemessen: "Drehwage, lat.-dtsch. Torsionswage, wurde 1777 von Coulomb (s. d. A.) erfunden u. deßhalb auch Coulombʼsche Wage genannt. Sie dient zur genauen Berechnung kleiner Kräfte, namentlich der abstoßenden Kraft der Elektricität und des Magnetismus und ist auf das physikalische Gesetz gegründet, daß bei einem elastischen Drähtchen, welches an dem einen Ende befestiget, an dem andern aber gedreht wird, die Widerstandskraft dem Winkel proportional ist, um welchen das Drähtchen gedreht wird. Der Apparat besteht wesentlich aus einem Drahte (Faden, Haar, Metalldraht), woran ein Balken (Stäbchen, dünne Glasröhre, seiner Cylinder von Schellak, Magnetnadel), horizontal aufgehängt ist, auf dessen Ende die zu untersuchende Kraft wirkt. Die D. wurde allmälig vervollkommnet, namentlich mit einer Gradabtheilung und einem Zeiger versehen, der die Zahl der Drehungen des Drahtes angibt, und durch einen gläsernen Behälter vor dem Einflusse der Zugluft geschützt." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 444. Online: http://www.zeno.org/nid/20003306763
  • [2] "Mittels der Drehwage hat Coulomb dargetan, daß zwei elektrische Teilchen sich gegenseitig anziehen oder abstoßen mit einer Kraft, die im geraden Verhältnis der wirkenden Elektrizitätsmengen und im umgekehrten Verhältnis des Quadrats ihrer Entfernung steht (Coulombs Gesetz)." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 628. Online: http://www.zeno.org/nid/20006544711
  • [3] Das klassische Beispiel dafür ist die Ablenkung von geladenen Teilchen des Sonnenwindes im Magnetfeld der Erde, wobei Polarlichter entstehen: "Polarlicht. Die von der Sonne entsandten Kathodenstrahlen werden im magnetischen Erdfelde zu Zonen größter Häufigkeit, die die magnetischen Pole der Erde in etwa 30° Winkelabstand umgeben (rechnerisch nachgewiesen durch Störmer), zusammengedrängt in bezug auf die magnetische Breite und zugleich, da sie Teilchen verschiedener Geschwindigkeit enthalten, durch die Kraftlinien der Erde im magnetischen Spektrum entfaltet, in bezug auf die magnetische Länge. Die langsamsten Kathodenteilchen werden am stärksten, die raschesten am wenigsten abgelenkt. Infolge der Bremsung beim Aufprall auf die Atmosphäre der Erde gerät das von den Teilchen getroffene Gas ins Leuchten. Dieses Leuchten heißt Polarlicht." In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 515-516. Online: http://www.zeno.org/nid/20006176658
  • [4] Hans Christian Oersted: Experimenta circa effectum conflictus electrici in acum magneticam, Eigenverlag 1820. Eine Transkription der "Experimenta" auf Deutsch steht im Artikel Oerstedscher Magnetnadelversuch ↗
  • [5] In einem Lehrbuch der Physik heißt zu fließenden Elektronen in einem Draht: "Wenn wir einen elektrischen Strom durch einen Draht schicken, bewirkt ihre Bewegung ein Magnetfeld um den Draht. Es gibt aber noch zwei weitere Möglichkeiten, die beide damit zu tun haben, dass Elektronen sich wie kleine magnetische Dipole verhalten." In: David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker: Halliday. Physik. Englischer Originaltitel: Fundamentals of Physics. Wiley-VCH Weinheim. 2007. ISBN: 978-3-527-40746-0. Dort die Seite 666.
  • [6] Die Relativität des Magnetfeldes unterstrich im Jahr 1927 der Astrophysiker Arthur Stanley Eddington: "Consider an electrically charged body at rest on the earth. Since it is at rest it gives an electric fieldbut no magnetic field. But for the nebular physicist it is a charged body moving at 1000 miles asecond. A moving charge constitutes an electric current which in accordance with the laws ofelectromagnetism gives rise to a magnetic field. How can the same body both give and not give amagnetic field? On the classical theory we should have had to explain one of these results as anillusion. (There is no difficulty in doing that; only there is nothing to indicate which of the tworesults is the one to be explained away.) On the relativity theory both results are accepted. Magneticfields are relative. There is no magnetic field relative to the terrestrial frame of space; there is amagnetic field relative to the nebular frame of space. The nebular physicist will duly detect themagnetic field with his instruments although our instruments show no magnetic field. That isbecause he uses instruments at rest on his planet and we use instruments at rest on ours; or at least we correct our observations to accord with the indications of instruments at rest in our respectiveframes of space.Is there really a magnetic field or not?" In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort die Seite 22. Deutsch: Die Natur der physikalischen Welt. Die Gifford Vorlesungen 1927 in Deutsch. Die aufgrund dieses relativen Magnetismus messbare Kräft ist die sogenannte Lorentzkraft ↗
  • [8] Im Jahr 1901 formuliert Emil Wiechert ausdrücklich, die Idee des Äthers als weiter zielführend für die Elektrodynamik: "Die neuere, sich auf Maxwell stützende Elektrodynamik ist durch die Unterscheidung zwischen Aether und Materie im Innern der sinnlich wahrnehmbaren Körper in so weitem Maasse zu den Ansichtn der ältere Schule urückgekehrt, dass der einstige Gegensatz nicht mehr besteht. Die 'elektrischen Teilchen' der alten Theorien sind wiederum zu Recht gelangt; wir haben aber gelernt,die Vermittelung ihrer Wechselwirkungen durch das Zwischenmedium zu verfolgen." Und: "H. A. Lorentz war der erste, der den Unterschied zwischen Aether und Materie in der Maxwell'schen Theorie mit Erfolg verwertete, und er machte dabei von vorneherein auf die Annäherung an die älteren Theorien aufmerksam, welche sich dann einstellt." In: Wiechert, E. (1901), Elektrodynamische Elementargesetze. Ann. Phys., 309: 667-689. https://doi.org/10.1002/andp.19013090403
  • [10] "We can think of the electron as a charged sphere. When it is at rest, each piece of charge repels electrically each other piece, but the forces all balance in pairs, so that there is no net force. However, when the electron is being accelerated, the forces will no longer be in balance because of the fact that the electromagnetic influences take time to go from one piece to another." In: The Feynman Lectures. Volumen II. Electromagnetism and Matter. Chapter 28. Electromagnetic Mass. Siehe auch Feynman Lectures ↗
  • [11] Wie die selbst-Kraft des Elektrons entsteht: "They [die Kräfte der Ladung innerhalb des Elektrons] would cancel for a uniform velocity, even though it looks at first glance as though the retardation would give an unbalanced force even for a uniform velocity. But it turns out that there is no net force unless the electron is being accelerated. With acceleration, if we look at the forces between the various parts of the electron, action and reaction are not exactly equal, and the electron exerts a force on itself that tries to hold back the acceleration. It holds itself back by its own bootstraps.
  • [12] "The self-force on an accelerating electron is not zero because of the retardation." In: The Feynman Lectures. Volumen II. Electromagnetism and Matter. Chapter 28. Electromagnetic Mass. Siehe auch Feynman Lectures ↗
  • [13] "It is possible, but difficult, to calculate this self-reaction force". In: The Feynman Lectures. Volumen II. Electromagnetism and Matter. Chapter 28. Electromagnetic Mass. Siehe auch Feynman Lectures ↗