Altruismus
Selbstlosigkeit
Basiswissen
Im Kontext der Evolutionsbiologie bezeichnet Altruismus ein Handeln, das dem Individuum keinerlei evolutiven Vorteil bietet, dafür aber anderen Individuen. Das ist hier kurz behandelt.
Altruismus als Problem
Streng darwinistisch gefolgert, dürfte echt altruistische Individuen niemals mehr Anteil an einer Population haben, als durch zufällige Mutationen verursacht. Ein größerer Anteil echt altruistischer Individuen wird als Argument gegen rein evolutionsbiologische Sichten auf den Menschen (oder anderen Wesen) verwendet. Echt altruistische Verhaltensweisen dürfte es aus rein darwinistischer Sicht nicht geben. Die Frage, warum man es aber unter Menschen oder auch Tieren dennoch recht häufig beobachtet gilt als ein ungelöstes Problem der Evolutionsbiologie.
Verwandetenselektion als Erklärung?
Das Forschungsprinzip von Ockhams Rasiermesser besagt, dass man zur Erklärung der Wirklichkeit mit möglichst wenigen und möglichst einfachen Annahmen oder Denkmodellen auskomen soll. Versucht man also ganz im Denkmodell des Darwinismus zu bleiben, muss man Altruismus mit Überlebensvorteilen für möglichst viele eigene Nachfahren erklären. Ein solcher Versuch ist das Modell de sogenannten => Verwandtenselektion
Gruppenselektion als Erklärung?
„Es lässt sich nicht zweifeln, dass ein Stamm, welcher viele Glieder umfasst, die in einem hohen Grade den Geist des Patriotismus, der Treue, des Gehorsams, Muths und der Sympathie besitzen und daher stets bereit sind, einander zu helfen und sich für das allgemeine Beste zu opfern, über die meisten andern Stämme den Sieg davontragen wird, und dies würde natürliche Zuchtwahl sein.“ So schrieb Charles Darwin bereits im Jahr 1871: würde dieser Effekt biologisch tatsächlich wirken, so könnte er Altruismus erklären. Dieses Konzept der Gruppenselektion hat aber eine beharrliche Erklärungslücke. Lies dazu unter => Gruppenselektion
Nichlokalität als Erklärung?
Übertragen auf das Problem des Altruismus hieße das: es könnte einen Wirkmechanismus geben, der eine Gruppe als Art in Gänze zu optimieren trachtet und direkt das lokale Verhalten einzelner Gruppenmitglieder beeinflusst. Damit wäre der Zwang zur Genoptimierung einzelner Individuen sozusagen überbrückt und in der Wirkung eingeschränkt. Lies mehr unter => Nichtlokalität
Religion als Erklärung?
Religionen verstehen den Menschen oft als mehr als nur reine materialistisch-deterministisch funktionierende Materie. Zur Erklärung von Altruismus können sie zum Beispiel auf göttlich inspirierte Seelen oder ein moralisches Sinnesempfinden zurückgreifen, die nicht dem Zwang der Physik oder Biologie unterliegen, möglicherweise ihre Quellen in einem Seinsbereich außerhalb des diesseitigen Kausalgeflechts der Naturgesetze haben. Lies mehr zu diesem Gedanken und => Metaphysik
Fußnoten
- [1] Linksvayer, T. A., Busch, J. W., and Smith, C. R.: Social supergenes of superorganisms: do supergenes play important roles in social evolution? Bioessays 35, 683–689. 2013. doi: 10.1002/bies.201300038