Impulserhaltungssatz
Physik
Basiswissen
Der Impuls p eines Körpers ist das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit, kurz m·v. Mathematisch wird dabei auch die Richtung der Bewegung berücksichtigt: wenn ein Körper die Richtung seiner Bewegung verändert, aber gleich schnell dabei bleibt, dann ändert er auch seinen Impuls. Der Satz von de Impulserhaltung sagt, dass es für jede Änderung eines Impulses irgendwo eine genau entgegengesetzte und gleich große Änderung gibt, sodass sich alle Änderung einzelner Impuls am Ende gegenseitig aufheben.[1] Der Satz von der Erhaltung des Impulses ist allerdings kein Satz von einer Erhaltung von Bewegung.
Der Stoß von zwei Kugeln als Beispiel
Angenommen zwei Kugel rollen auf einer reibungsfreien und geradlinigen Schienenführung aufeinander zu. Man kann dann für jede Kugel einzelnen den Impuls ausrechnen. Addiert man diese Einzelimpulse, erhält man den Gesamtimpuls.
- Linke Kugel: von links nach rechts
- Linke Kugel: 4 kg als Masse ↗
- Linke Kugel: 4 m/s als Geschwindigkeit ↗
- Linke Kugel: 16 kg·m/s als Impuls ↗
- Rechte Kugel: von rechts nach links
- Rechte Kugel: 2 kg als Masse ↗
- Rechte Kugel: -2 m/s als Geschwindigkeit ↗
- Rechte Kugel: -4 kg·m/s als Impuls ↗
- Gesamtimpuls beider Kugeln: 12 kg·m/s
Dieser Gesamtimpuls bleibt immer gleich, auch wenn die Kugeln zusammenprallen und dadurch ihre einzelnen Geschwindigkeit und sogar die Richtung ihrer Bewegung verändern. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die linke und schwerere Kugel ihre Bewegungsrichtung beibehält. Sie könnte eine Geschwindigkeit von 1 m/s haben. Ihr Einzelimpuls wäre dann 4 kg·m/s. Die rechte Kugel könnte ihre Geschwindigkeit umkehren und dann 6 m/s schnell sein. In Summe kämen die beiden Kugeln dann auf den geforderten Gesamtimpuls von 12 kg·m/s. Es gibt aber noch weitere Varianten, die auch einen Gesamtimpuls von 12 kg·m/s ergäben. Wie man die Geschwindigkeiten berechnet, die man nach dem Stoß tatsächlich hat, wird erklärt im Artikel über die Stoßgesetze ↗
Der Impulserhaltungssatz gilt für abgeschlossene Systeme
Der Satz von der Impulserhaltung gilt für abgeschlossene Systeme. Abgeschlossen heißt, dass an den Grenzen des Systems keine Masse und keine Energie vom System in die Umwelt oder von der Umwelt in das System gehen können. Wenn man davon ausgeht, dass im Kosmos Masse und Energie Erhaltungsgrößen sind, sind von der Menge her nicht ändern, dann ist auch der gesamte Kosmos ein abgeschlossenes System ↗
Der Impuls ist eine Vektorgröße
Um den Impuls p eines Gegenstandes anzugeben, genügt es nicht, nur zu sagen, wie groß er ist. Wenn eine 10 kg schwere Kugel mit einer Geschwindigkeit von 2 m/s rollte, dann hat sie einen Impuls von 20 kg·m/s als sogenannten Betrag des Impulses. Der Betrag sagt, wie groß etwas ist. Aber es fehlt noch die wichtige Angabe über die Richtung der Bewegung.
Mathematisch ist der Impuls eine Vektorgröße. Die Länge eines Pfeiles steht dabei für die Stärke des Impulses. Die Richtung des Pfeiles gibt die Information über die Richtung des Impulses.
Wenn man jeden einzelnen Impuls als Vektor, das heißt als Pfeil darstellt, kann man die mathematischen Regeln zum Rechnen mit Vektoren benutzen. Damit kommt man dann auch immer auf die physikalisch korrekten Ergebnisse. Für den Impulserhaltungssatz wichtig und gleichzeitig sehr einfach sind die Regeln zur Vektoraddition ↗
Der Impulserhaltungssatz ist kein Bewegungserhaltungssatz
Der Satz von der Erhaltung des Impulses ist kein Satz von einer Erhaltung von Bewegung. Schon antike Denker wie der Grieche Aristoteles[2] und der Römer Lukrez[3] dachten darüber nach, ob Bewegung aus Ruhe entstehen könne. Falls nicht, so entsteht ein unendlicher Regress: wenn jede Bewegung durch einen Beweger angestoßen worden sein muss, wie entstand dann überhaupt die erste Bewegung?[5] Tatsächlich aber ist die Annahme falsch, dass Bewegung nur aus Bewegung entstehen kann. Um das zu zeigen genügt ein einfaches Beispiel.
MERKSATZ:
Ein Tischfeuerwerk erzeugt Bewegung aus unbewegten Teilen. Wo vorher nur Ruhe war, sieht man beim Abbrennen bewegte glühende Teile durch die Luft fliegen. Nach dem Erlöschen sieht man auf dem Tisch Asche an Stellen wo vorher keine war. Offensichtlich ist Bewegung entstanden aus etwas, das vorher nicht bewegt war.
Ein Tischfeuerwerk erzeugt Bewegung aus unbewegten Teilen. Wo vorher nur Ruhe war, sieht man beim Abbrennen bewegte glühende Teile durch die Luft fliegen. Nach dem Erlöschen sieht man auf dem Tisch Asche an Stellen wo vorher keine war. Offensichtlich ist Bewegung entstanden aus etwas, das vorher nicht bewegt war.
Die antike Vorstellung, dass Bewegung nur aus Bewegung enstehen kann, ist also falsch. Richtig ist aber, dass jede Änderung von Impuls, einen anderen Impuls benötigt, der sich genau entgegengesetzt ändert. Beim Tischfeuerwerk war der Gesamtimpuls vorher genau Null. Und auch während des Brennens bleibt der Gesamtimpuls die ganze Zeit über bei Null. Es gibt zwar viel sichtbare Bewegung, aber die Teilchen fliegen so in unterschiedichen Richtungen davon, dass sich ihre einzelnen Impulse gegenseitig zu Null ausgleichen.
Der Impulserhaltungssatz und der Schwerpunktsatz
Zum Schluss soll noch der sogenannte Schwerpunktsatz erwähnt werden. Nicht nur einzelne Körper haben einen Schwerpunkt. Auch Systemen von Körper, etwa den Bruchstücken eines zerborstenen Asteroiden, kann man einen gemeinsamen Impuls zuordnen. Der Schwerpunksatz besagt nun, dass auch dann, wenn ein bewegter Körper, etwa eine Feuerwerksrakete, zerbricht oder explodiert, der Schwerpunkt sich so weiter bewegt, wie es der Schwerpunkt des einzelnen Körper getan hätte. Wesentlich ist, dass keine äußeren Kräfte auf den Körper oder seine Bruchstücke einwirken. Siehe mehr unter Schwerpunktsatz ↗
Die Impulserhaltung in der Quantenphysik
Im Kriegsjahr 1917 stellte der damals rund 38 Jahre alte Albert Einstein eine interessante Frage: man wusste zu dieser Zeit, dass Licht einen Impuls hat. Man spricht heute vom sogenannten Licht- oder Strahlungsdruck. Wenn nun aber ein Atom oder Molekül Licht aussendet, so stellt man sich diesen Prozess in Verbindung mit einer Kugelwelle vor. Der Gesamtimpuls der Kugelwelle wäre aber Null, da sie keine Bewegungsrichtung bevorzugt. Wenn nun ein Atom erst ein Lichtteilchen mit Impuls einfängt, und anschließend eine Kugelwelle ohne Impuls aussendet, so kann das zu Widersprüchen mit der Impulserhaltung führen.[4]
Fußnoten
- [1] Die Impulserhaltung der Mechanik "sagt aus, dass der Gesamtimpuls P eines Systems von Masseteilchen erhalten bleibt." In: der Artikel "Impulserhaltung". Spektrum Lexikon der Physik. Stand 22. November 2024. Siehe auch Impuls ↗
- [2] Ob Bewegung aus etwas Unbewegtem entstehen könne und ob Bewegung letztendlich auch wieder ganz verschwinden könne, frug bereits der antike Philosoph Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.): "Ist einst geworden die Bewegung, da sie zuvor nicht war, und geht sie wiederum unter, so daß sich nichts bewegt: oder ward sie weder, noch geht sie unter, sondern war stets und wird stets sein; und kommt dieß unsterblich und unaufhörlich allem was ist, zu; wie ein Leben inwohnend allem, was von Natur besteht?" Seine Antwort entwickelt er über mehrere Kapitel in: Aristoteles: Physik. Achtes Buch. Dort sehr ausführlich in den Kapiteln 1 bis 10. Aristoteles: Physik. Leipzig 1829, S. 191 ff. Online: http://www.zeno.org/nid/20009149295
- [3] Schon der antike römische Dichter und Naturphilosoph Lukrez nahm an, dass Bewegung an sich weder entstehen noch vergehen kann. Damit nahm er schon zu Lebzeite von Cäsar die moderne Idee eines Erhaltes von Impulsen vorweg. Lukrez schrieb: "Nie war des Urstoffs Masse zu dichteren Klumpen geballet Oder durch weiteren Abstand der einzelnen Teilchen gelockert; Denn nichts mehrt sich darin und nichts geht hiervon verloren. Deshalb waren die Körper der Urelemente von jeher Stets in derselben Bewegung wie jetzt und sie werden wohl immer Auch in künftiger Zeit auf die nämliche Art sich bewegen, Und was gewöhnlich entsteht, das wird auch künftig entstehen Unter derselben Bedingung, und leben, erwachsen und blühen, Je nachdem das Gesetz der Natur es für jedes bestimmt hat. Auch kann keine Gewalt die Welt im ganzen verändern; Denn da ist ja kein Ort, wohin sich ein Teilchen des Urstoffs Aus dem Bereiche des Alls zu entfernen vermöchte, noch gibt es Orte, woher in das All sich neue Gewalten ergössen, Um die Natur der Wesen und ihre Bewegung zu ändern." In: Lukrez: Über die Natur der Dinge. Berlin 1957, S. 69-70. Online: http://www.zeno.org/nid/20009209085
- [4] Wie der Impulserhaltungssatzung in der Quantenphysik zu betrachten sie, untersuchte theoretisch Albert Einstein im Jahr 1917: "Findet durch Bestrahlung […] mit einem Strahlenbündel durch Einstrahlung […], so wird auf das Molekül [ein] Impuls in der Fortpflanzungsrichtung des Bündels übertragen." Aber auch: "Bei der Energieabgabe durch Ausstrahlung wird im Falle des Planckschen Resonators im ganzen kein Impuls auf den Resonator übertragen, weil nach der klassischen Theorie die Ausstrahlung in einer Kugelwelle erfolgt. Es wurde aber bereits bemerkt, daß wir zu einer widerspruchsfreien Quantentheorie nur gelangen können, indem wir voraussetzen, daß auch der Prozeß der Ausstrahlung ein gerichteter Prozess sei." In: Albert Einstein: Zur Quantentheorie der Strahlung. Physikalische Zeitschriften XVIII, 1917. Dort der §2 Hypothese über den Energieaustausch durch Strahlung. Siehe dazu auch den Artikel zum Wellenimpuls ↗
- [5] Um die Frage nach dem Ursprung jeder Bewegung beantworten zu können, forderten die antiken Denker einen sogenannten unbewegten Beweger. In der späteren christlichen Philosophie setzte man diesen unter anderem auch mit Gott gleich. Siehe mehr zu diesem Gedanken im Artikel unbewegter Beweger ↗