Empirismus
Wissenschaft
Grundidee
Die Physik ist eine empirische Wissenschaft, die Mathematik aber nicht: der Unterschied ist, dass man bei der Physik jede Theorie an praktischen Versuchen oder Beobachtungen der Wirklichkeit überprüfen muss. Das ist in der Mathematik nicht der Fall. Dort genügen rein logische Argumente. Das ist hier näher vorgestellt.
Definition von Empirismus
Als Empirismus bezeichnet man die Position, dass ein letztendliches Urteil über wahr oder unwahr nur durch die sinnliche Beobachtung geleistet werden kann. Solche sinnlichen Beobachtungen dürfen auch mit Hilfe von Instrumenten durchgeführt werden. Zu den Naturbeobachtungen zählen auch Experimente. Als eine Gegenposition zum Empirismus gilt der Rationalismus ↗
Arbeitsmethode: empirisch
Empirische Wahrscheinlichkeiten, Hypothesentests, Fragebögen, Experimente und die Operationalisierung von theoretischen Konstrukten sind grundlegende Methoden einer empirisch arbeitenden Wissenschaft. Lies mehr unter empirisch ↗
Beispiel für Empirismus: die Himmelssphären der Astronomie
Das katholische Denken des Mittelalters suchte in der Welt die vollendete göttliche Ordnung zu erkennen. Zu dieser Ordnung gehörte die Idee, dass die Kugel die perfekteste aller geometrischen Körper sei. Entsprechend nahm man an, dass sich alle Himmelskörper auf Kugelbahnen um die Erde bewegten (Geozentrismus). Rein denkerisch war diese Haltung weder zu widerlegen noch zu beweisen. Eindeutig widerlegt wurde sie letztendlich als Galileo Galilei mit einem einfachen Fernrohr auf den Jupiter blickte. Er sah, das, dass der Planet von vier Monden umkreist wurde. Zumindest die Monde kreisten also nicht um die Erde sondern um einen anderen Himmelskörper. Damit war die Idee von Himmelssphären empirisch widerlegt. Siehe auch Galileo Galilei ↗
Beispiel für Empirie: heilen Heilsteine wirklich?
Wie könnte man empirisch überprüfen, ob ein bestimmter Stein zuverlässig heilende Wirkungen für Menschen hat? Zur Antwort gehören genaue Definitionen, ein strenges Versuchsprogramm und statistische Auswertungen und Deutungen. Mehr dazu unter Heilstein-Empirie ↗
Naturwissenschaften als strenger Empirismus
Die modernen Naturwissenschaften sehen sich heute als streng empirisch. Ob eine Theorie als wahr oder falsch gilt, wird alleine daran gemessen, wie sehr sie durch Beobachtung und Experiment bestätigt werden kann. Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman schreibt: "The principle of science, the definition, is almost the following: The test of all knowledge is experiment. Experiment is the sole judge of scientific 'truth'." Mehr unter Naturwissenschaft ↗
Anfänge in der Scholastik?
Im Mittelalter wurde Wissenschaft in Westeuropa vor allem an Universitäten betrieben und deren Fragestellungen waren stark von theologischen Themen geprägt. Die Denkströmung, die die christliche Theologie mit der Philosophie, vor allem des Aristoteles, in Einlar zu bringen versuchte nennt man die Scholastik. Zum Ende der Scholastik, vor allem im 15ten Jahrhundert, wurden zumehmend die Frage interessant, welches Wissen (Scibilia) und in welcher Sicherheit die Natur geben kann. Hier wurden moderne erkenntnistheoretische Grundbegriffe und Probleme bereits klar ausformuliert. Die Tendenz war insofern mittelalterlich, als dass die letzte Wahrheit immer in der Logik und Vernunft zu suchen war, aber der Rückgriff auf Autoritäten (z. B. Aristoteles) als Beweis zunehmend kritisch gesehen wurde. Zudem wurde die Beobachtung der Natur zunehmend auch interessant als Quelle für Argumente und es herrschte eine Atmosphäre von "selbstbewusster Kritikfähigkeit" und "Innovationsbereitschaft"[1, Seite 538]. Siehe auch Scholastik ↗
Was ist das Novum organum?
So hieß das im Jahr 1620 veröffentlichte Hauptwerk des englischen Naturphilosophen Francis Bacon. In diesem auf Latein geschriebenen Buch legte Bacon die Grundprinzipien einer streng empirischen Forschung dar. Siehe auch Novum organum ↗
Fußnoten
- [1] Hans Ulrich Wöhler: Die Erfurter via moderna im Spiegel der Naturphilosophie? In: Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln. Herausgegeben von Jan A. Aertsen und Martin Pickavé. Band 31. „Herbst des Mittelalters“? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts. Verlag Walter de Gruyter. 2004. Seite 520 ff. ISBN 3-11-018261-0.
- [2] T. C. Chamberlin: The method of multiple working hypotheses. In: Science. 15 (366) 1890. Seiten 92 bis 96. doi:10.1126/science.ns-15.366.92
- [3] Die Kernidee des Empirismus, nämlich die enge Bindung an Versuche und Beobachtungen, formulierte schon früh Isaac Newton (1642 bis 1727) in seinem berühmten Buch Opticks: "As in Mathematicks, so in Natural Philosophy, the Investigation of difficult Things by the Method of Analysis, ought ever to precede the Method of Composition. This Analysis consists in making Experiments and Observations, and in drawing general Conclusions from them by Induction, and admitting of no Objections against the Conclusions, but such as are taken from Experiments, or other certain Truths. For Hypotheses are not to be regarded in experimental Philosophy. And although the arguing from Experiments and Observations by Induction be no Demonstration of general Conclusions; yet it is the best way of arguing which the Nature of Things admits of, and may be looked upon as so much the stronger, by how much the Induction is more general. And if no Exception occur from Phænomena, the Conclusion may be pronounced generally. But if at any time afterwards any Exception shall occur from Experiments, it may then begin to be pronounced with such Exceptions as occur. By this way of Analysis we may proceed from Compounds to Ingredients, and from Motions to the Forces producing them; and in general, from Effects to their Causes, and from particular Causes to more general ones, till the Argument end in the most general. This is the Method of Analysis: And the[Pg 405] Synthesis consists in assuming the Causes discover'd, and establish'd as Principles, and by them explaining the Phænomena proceeding from them, and proving the Explanations." In: Isaac Newton: OPTICKS: OR, A TREATISE OF THE Reflections, Refractions, Inflections and colours OF LIGHT. The FOURTH EDITION, corrected. By Sir ISAAC NEWTON, Knt. LONDON: Printed for WILLIAM INNYS at the West-End of St. Paul's. MDCCXXX (1730). Dort die Seiten 404 und 405.
- [4] Theorien der Physik sind oft gut an einfachen Systemen unter gut kontrollierbaren Bedingungen in einem Labor prüfbar. Dass dies nicht automatisch für Systeme aus vielen Teilchen mit vielen Wechselwirkungen gelten muss, das betonte der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988), als er schrieb: "Wenn ich behaupte, daß sich alle Phänomene der physikalischen Welt mit dieser Theorie erklären lassen, so nehme ich den Mund ewas voll, Bei den meisten uns vertrauten Erscheinungen ist eine so gewaltige Zahl Elektronen im Spiel, daß unser armer kleiner Verstand Mühe hat, dieser Vielfalt zu folgen. In solchen Situationen können wir mit Hilfe der Theorie ungefähr angeben, was passieren sollte und was dann unter diesen Umständen auch in etwa passiert. Stellen wir dagegen im Labor ein Experiment mit nur wenigen Elektronen unter einfachen Bedingungen zusammen, können wir mit großer Genauigkeit berechnen, was eintreten wird und können das mit ebenso großer Genauigkeit messen." In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort die Seite 18. Zu speziell diesem Beisiel siehe auch Quantenelektrodynamik [QED] ↗