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Differenzieren


dy/dx als f'(x)


Basiswissen


Die erste Ableitung einer Funktion zu bilden nennt man auch differenzieren. Umgangsprachlich und in den Wirtschaftswissenschaften heißt differenzieren so viel wie die Vielfalt erhöhen oder mehrere Aspekte eines Themas erörtern. Hier wird ausschließlich die Bedeutung des Wortes Differenzieren in der Mathematik besprochen.

Einführung


y = x² differenziert ergibt dy=2x·dx oder umgeformt auch dy/dx = 2x. Das dy/dx ist die sogenanne Leibniz-Notation der ersten Ableitung. Man spricht es aus als Delta-y durch Delta-x. Es hat (fast) dieselbe Bedeutung wie das f'(x): beides steht für die erste Ableitung einer Funktion. Differenzieren heißt also: die erste Ableitung bilden. Das geschieht auch tatsächlich über die Bildung einer Differenz im Sinne einer Minus-Rechnung. Das Verfahren ist praktisch-anschaulich und wird hier kurz vorgestellt. Das eher formale Ableiten über f'(x) wie heute in der Schulmathematik üblich ist erklärt auf der Seite ableiten ↗

Die Fragestellung hinter dem Differenzieren


Die Grundidee des Differenzierens ist es, herauszufinden, wie viel mal so stark sich der y-Wert einer Funktion ändert, wenn man den x-Wert derselben Funktion an einer bestimmten Stelle um einen kleinen Betrag dx erhöht oder erniedrigt. Anders gesagt: wenn man den x-Wert sehr wenig ändert wie stark ändert sich dann davon abhängig der y-Wert? Siehe auch erste Ableitung als Änderungsverhältnis ↗

Differenzieren als Methode zum Ableiten


Man hat eine Funktion wie f(x)=x². Gesucht ist die Änderung dy des y-Wertes, wenn man den x-Wert um einen kleinen Betrag dx ändert. Vergrößert man zum Beispiel das x geringfügig um einen sehr kleinen Betrag, dann erhält man: y+dy = f(x+dx). Im konkreten Fall der quadratischen Funktion f(x)=x² erhält man dann die Gleichung: y+dy = (x+dx)². Die Klammer kann man mit der ersten binomischen Formel auflösen und man erhält: y+dy = x²+2x·dx + (dx)². Der Term (dx)² ist für sehr kleine Werte von dx auch sehr viel kleiner als 2x·dx, man sagt, er verschwindet. Damit kann er auch weggelassen werden. Man erhält also: y+dy = x²+2x·dx. Subtrahiert man hiervon nun die ursprüngliche Funktionsgleichung y=x², so bleibt lediglich eine Beziehung zwischen den zwei Änderungen dx und dy übrig. Diese Subtraktion ist das eigentliche Differenzieren (Differenz bilden): y+dy = x²+2x·dx minus y=x² gibt dy = 2x·dx. Dieses Ergebnis ist die erste Ableitung.

Interpretation von dy = 2x·dx


dy = 2x·dx kann man wie folgt wörtlich fassen: bei der Funktion y=x² kann man an einer Stelle x den x Wert um einen kleinen Betrag dx verändern. Dann ist die Änderung dy des y-Wertes in etwa 2-mal-x-mal so groß wie die Änderung dx des x-Wertes. Man versteht das besser mit einem konkreten Zahlenbeispiel.

Ein Zahlenbeispiel zur Bestätigung



dy/dx als Schreibweise für f'(x)


Man kann den Term dy=2x·dx für die Ableitung von y=x² auch umformen zu dy/dx = 2x. Formal ist dy/dx damit dasselbe wie f'(x), denn es gilt auch: f(x)=x² abgeleitet gibt f'(x)=2x. Vor allem an Hochschulen und in den angelsächsischen Ländern (England, USA) ist die sogenannte Leibniz-Notation mit dx und dy noch sehr verbreitet, in Deutschland hat sich hingegen die sogenannte Lagrange-Notation mit f'(x) durchgesetzt. Der Nachteil der Leibniz-Notation mit dx und dy ist, dass die Ausdrücke dx und dy in der modernen Mathematik als überholt gelten, da sie auf der nicht haltbaren Idee unendlich kleiner Größen beruhen, den sogenannten Infinitesimalen. Der große Vorteil der Leibniz-Notation besteht in dem praktischen Nutzen bei der Lösung naturwissenschaftlicher und ingenieurmäßier Aufgabenstellungen. Siehe dazu auch Delta x ↗

Wo ist das Verfahren ausführlich erklärt?


Ein sehr ausführliche Darlegung des Ableitens als einem Differenzieren findet sich in dem Lehrbuch "Grundlagen der Naturwissenschaften" von Franz Serafin Exner. Dort ist nicht nur das Verfahren erklärt sondern auch die anschauliche Interpretation der Differentiale dx und dy sowohl für das Ableiten wie auch für das Aufleiten (integrieren). Vor allem für Naturwissenschaflter und Ingenieure ist die Möglichkeit dx und dy anschaulich verstehen zu können ein großer praktischer Gewinn. Diese Interpretation wird aber an Schulen und Hochschulen kaum mehr vermittelt, man kann aber auf historische Lehrbücher zurückgreifen. Der Physiker Franz Exner widmete dem Differenzieren insgesamt drei Vorlesungen (12, 13 und 14). Siehe mehr dazu unter Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗

Fußnoten