A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω
Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Zustandsvektor (Quantenphysik)

Physik

© 2025




Definition


Zustandsvektoren im Sinne der Quantenphysik beschreiben einen physikalischen Zustand der mit Hilfe von komplexen Zahlen[1] beschrieben wird. Diese Zustände sind nicht anschaulich vorstellbar, werden aber zum Beispiel im Sinne von Entwicklungsmöglichkeiten (Potentia) gedeutet.[2] Jeder Zustand, in dem sich ein Quantensystem befinden kann, kann durch einen Zustandsvektor beschrieben werden.[3] Die Zustandsvektoren beinhalten unter anderem die Information darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Wert bei einer Messung eintritt.[4][8]

Bedeutung


Den Begriff Zustandsvektor verwendet man vorwiegend in der sogenannten Quantenphysik, nicht aber in der klassischen Physik. Während man in der klassischen Physik davon ausging, dass zumindest theoretisch jeder Zustand, in dem sich ein System gerade befindet, eindeutig zu einem nächsten darauffolgenden Zustand führt[6], gilt diese Annahme in der Quantenphysik nicht mehr. In der Quantenphysik steht das Wort Zustand nicht mehr für den sinnlich erfassbaren Zustand der Welt oder eines Systems. Ein Zustand im Sinne der Quantenphysik stellt eine Verteilung von Wahrscheinlichkeiten dar, das man durch Messungen bestimmte Ergebnisse erhält. Diese Verteilung der Wahrscheinlichkeiten über alle Möglichkeiten Messergebnisse ist im sogenannten Zustandsvektor (implizit) enthalten.

Schreibweise als Vektor


Man kann einen quantenphysikalischen Zustandsvektor als Spaltenvektor schreiben. Die Einträge, die Vektorkoordinaten oder Vektorkomponenten dürfen reelle oder auch komplexe Zahlen sein. Der Spaltenvektor[7] (0 1)ᵀ könnte dann zum Beispiel einen Zustnad ψ beschreiben. Aus der ersten Zahl, einer sogenannten Wahrscheinlichkeitsamplitude, kann man die Wahrscheinlichkeit berechnen, den Messwert zu erhalten, für den die erste, oberste Zeile des Zustandsvektors steht. Ein solcher Messwert könnte zum Beisiel der Spin aufwärts (↑) eines Elektrons sein. Aus der zweiten Zahlen kann man die Wahrscheinlichkeit berechnen, den Messwert zu erhalten, für den die zweite, untere Zeile des Zustandsvektors steht. Das könnte etwa der Spin abwärts (↓) eines Elektrons sein. Da der Spin eines Elektrons nur immer einen von zwei möglichen Werten haben kann, genügt hier für eine vollständige Beschreibungen ein Vektor mit zwei Zeilen.

Schreibweise in Dirac-Notation


Den Zustandsvektor (0 1)ᵀ kann man auch in der sogenannten der Dirac-Notation schreiben schreiben: |ψ⟩ = 0|↑⟩ + 0|↓⟩. Die Pfeile kennzeichnen die Zustände Spin-up und Spin-down beziehungsweise mathematisch für die zur Kodierung nötigen Basisvektoren (1 0) und (0 1). Siehe mehr unter Dirac-Notation ↗

Zustand nicht gleich Zustand


Das Wort Zustand wird für zwei hierarchisch miteinander verbundene Bedeutungen verwendet. Es gibt sogenannte Basiszustände. Jeder tatsächlich beobachtbare Messwert ist ein eigener Basiszustand. Und dann kann man aus diesen Basiszuständen durch Linearkombinationen physikalische Zustände zusammenbauen:

"Ein physikalischer Zustand |ψ⟩ ist eine Linearkombination der up- und down-Zustände |ψ⟩=α|↖⟩+β|↘⟩"[9]

Zustand kann also einen Basiszustand oder einen daraus zusammengefügten physikalischen Gesamtzustand meinen. Für die Gesamtzustände werden meist kleine griechische Buchstaben wie das kleine griechische φ (phi) oder das kleine griechische ψ (psi) benutzt.

Zustände nicht immer messbar


Ein Zustand |ψ⟩ kann als Linearkombination der Zustände α|↖⟩ und β|↘⟩ aufgefasst werden, wobei α und β hier für beliebige komplexe Zahlen stehen.

How can you possibly measure the linear combination of two distinct values, up and down? What does that even mean Answer: You can't. Such a concept is meaningless.



Basis- und Eigenvektoren


  • Wenn |ψ⟩ = ∑ᵢ cᵢ|eᵢ⟩, dann heißen die Zahlen (oder komplexen Werte) cᵢ = ⟨eᵢ|ψ⟩ die Komponenten von |ψ⟩ in der Basis {|eᵢ⟩}.
  • Jeder Vektor |eᵢ⟩ ist ein Eigenvektor, wenn gilt: Â |eᵢ⟩ = λᵢ |eᵢ⟩ für ein λᵢ ∈ ℂ (Eigenwert).
  • Die Basis {|eᵢ⟩} ist eine Eigenbasis von Â, wenn alle Vektoren der Basis Eigenvektoren von  sind.
  • Eine Basis, die keine Eigenbasis ist, beschreibt Zustände, die Superpositionen von Messwerten sind. Beispiel: Für den Spin-z-Operator S_z ist die Eigenbasis {|↑⟩, |↓⟩}. Ein Vektor |ψ⟩ = (|↑⟩ + |↓⟩)/√2 ist kein Eigenvektor → Messung von S_z liefert mit 50% ↑ und 50% ↓.

Operatoren


  • Ê dasselbe wie der Ĥ-Operator

Fußnoten


  • [1] "In quantum mechanics a physical state-for example, a silver atom with a definite spin orientation-is represented by a state vector in a complex vector space. Following Dirac, we call such a vector a ket and denote it by |α⟩. This state ket is postulated to contain complete information about the physical state; everything we are allowed to ask about the state is contained in the ket. " In: J. J. Sakurai: Modern Quantum Mechanics. Addison-Wesley Publishing Company. 1985. ISBN: 0-8053-7501-5. Dort auf Seite 11. Siehe auch Dirac-Notation ↗
  • [2] Zustandsvektoren werden unter anderem im Sinne aristotelischer Potentiale gedeutet: "The notion of potentiality has played a major role within the history of quantum physics. Its explicit introduction within the theory goes back to the late 1950’ when several authors discussed —independently— the possibility to understand Quantum Mechanics (QM), in close analogy to the Aristotelian hylomorphic metaphysical scheme, through the consideration of a potential realm —different to that of actuality." Und: "The elements of the basis, |αᵢ⟩, are interpreted in terms of powers. The coordinates of the elements of the basis in square modulus, |cᵢ⟩², are interpreted as the potentia of the power |αᵢ⟩, respectively. Given the PSA [Potential State of Affairs] and the context, the quantum situation, QS_Ψ,B, is univocally determined in terms of a set of powers and their respective potentia." In: Christian de Ronde — Immanent Powers versus Causal Powers (Propensities, Latencies and Dispositions) in Quantum Mechanics (2017). Siehe auch Potentia ↗
  • [3] "Jeder mögliche, reine Zustand in dem sich das Quantensystem befinden kann, werde durch ein Element (Zustandsvektor oder kurz Vektor) des Hilbertraums beschrieben." In: Gerhard Soff: Quantentheorie I. Vorlesungsskript Sommersemester 2002. Technische Universität Dresden. Dort im Kapitel "4.1 Die Dirac-Schreibweise" auf Seite 101.
  • [4] Quantensysteme können bei Messung in einen der Basiszustände kollabieren: "Das Quanten-Superpositionsprinzip stellt den entscheidenden Schritt beim Übergang von der klassischen zur Quantenmechanik dar. In der Hilbertraumformulierung der Quantentheorie manifestiert sich dieser Schritt in der Möglichkeit, jeden physikalischen Zustand in einer Basis zu entwickeln. Jeder dieser Basiszustände ergibt eine mögliche Realisierung, in die das System unter bestimmten Bedingungen im Messprozess kollabieren kann. Alternativ kann das System, während es mit der Umgebung wechselwirkt, mit dieser verschränkt werden, wenn Superpositionen verschiedener Kombinationen von System- und Umgebungzuständen entstehen." In: Thomase Gasenzer: Quantenmechanik. Kursvorlesung Theoretische Physik IV (PTP4). Sommersemester 2024. Thomas Gasenzer. Dort im Kapitel "7.1. Die Feynmansche Pfadintegral-Darstellung" auf Seite 203.
  • [5] "Bezuglich der vollständigen Orthonormalbasis |vₖ⟩ können wir den Zustandsvektor |φ⟩ auch darstellen durch den Spaltenvektor |φ⟩ → (φ₁ φ₂ … φₘ …)ᵀ, dessen Elemente gerade die Projektionen von |φ⟩ auf die Basiszustände |𝑣ₖ⟩ darstellen: φₖ = ⟨𝑣ₖ|φ⟩". Im Original ist der Vektor senkrecht geschrieben, hier wurde aus typographischen Gründen die waagrechte Schreibweise als Zeilenvektor mit dem hochgestellten großen T (transponierter Vektor) gewählt. Der Buchstabe 𝑣 ist ein kursiv geschriebener kleiner lateinischer Buchstabe v. In: Gerhard Soff: Quantentheorie I. Vorlesungsskript Sommersemester 2002. Technische Universität Dresden. Dort im Kapitel "4.3 Matrixdarstellung von Operatoren" auf Seite 109.
  • [6] In der klassischen, mechanististisch gedachten Physik bestand die gesamte Welt aus kleinsten Bausteinen, den Teilchen. Kennt man den Ort und den Bewegungszustand eines jedes dieser Teilchen ganz genau, dann, so der Gedanke, sollte es damit möglich sein, jeden zukünftigen und jeden vergangenen Zustand der Welt mit hundertprozentiger Zuverlässigkeit zu berechnen. Dieses Ideal der klassischen Physik wird näher betrachtet im Artikel Laplacescher Dämon ↗
  • [7] (0 1)ᵀ für eine eigentlich senkrechten Spaltenvektor ist ein häufige Schreibweise. Das hochgestellte große T steht für "transponiert" und heißt, dass man bei der angegebenen Matrix alle Zeilen zu Spalten machen soll. Deutet man einen Vektor als einzeilige oder einspaltige Matrix dann heißt (0 1)ᵀ also, dass man eigentlich die 0 oben und die 1 unten in einem Spaltenvektor vor sich hat. Siehe mehr unter transponierte Matrix ↗