Wirtschaftsdarwinismus
Evolutionsökonomik
Grundidee
Der Begriff Wirtschaftsdarwinismus ist weit verbreitet und steht meist für die populärwissenschaftliche Vorstellung, dass es in einer Marktwirtschaft eine Art Überlebenskampf der Unternehmen gibt[1], dass die am besten angepassten Unternehmen überleben sollten[2] und es dabei natürlicherweise auch Verlierer geben muss[3]. Tiefere Prinzipien eines modernen, wissenschaftlichen Darwinismus, etwa die Kodierung von Unternehmens-Informationen in Genen[5], werden dabei aber nur selten mitgedacht[6]. Eine akademische Forschungsrichtung, die Wirtschaft im Sinne einer biologischen Evolution betrachten ist die Evolutionsökonomik ↗
Fußnoten
- [1] Gewinner und Verlierer: für die schnellebige IT-Branche wirft der Internet-Autor Uwe Friedrichsen die Frage auf: "Es wird Zeit, sich den Wandel einmal genauer anzusehen und zu überlegen, wie wir uns in der IT aufstellen müssen, um zu den Gewinnern im Wirtschaftsdarwinismus zu gehören." In: Überleben im Wirtschaftsdarwinismus. In: Entwicklder.de, 12te Ausgabe 2013. Online: https://entwickler.de/agile/uberleben-im-wirtschaftsdarwinismus-001
- [2] Survival of the fittes: die schweizer Wirtschaftswissenschaftler Marius Brülhart und Thomas von Ungern-Sternberg definieren: "Darwinismus heisst eigentlich, dass derjenige überleben soll, der seiner natürlichen Umgebung besonders gut angepasst ist, und nicht derjenige, der zufälligerweise weit weg vom Meteoriteneinschlag am Grasen war." In: Vom Unsinn des wirtschaftlichen Darwinismus in der Jahrhundert-Pandemie. Publiziert am 5. Mai 2020. In: Batz. Das Forum für Schweizer Wirtschaftspolitik. Online: https://batz.ch/2020/05/vom-unsinn-des-wirtschaftlichen-darwinismus-in-der-jahrhundert-pandemie/
- [3] Der Unternehmensberater und Autor Ulvi Aydin (Jahrgang 1960), hält fest, dass es auch Verlierer geben muss: "Die Wirtschaft hat eine brutale Dynamik erreicht: Neue Technologien, disruptive Geschäftsmodelle, immer anspruchsvollere Kunden und neue Wettbewerber durch globalisierte Märkte. Das Angebot besteht aus einem Markenmeer an Reizüberflutung. Wer hier herausstechen will, braucht eine glasklare Positionierung im Markt, mit Ecken und Kanten." Und: "Dass hierbei nicht jeder als Sieger hervorgehen kann, ist klar. Es herrscht eine Art Wirtschaftsdarwinismus. Die innovationsschwachen Unternehmen werden zuerst gefressen – ebenso wie die "doofen" Unternehmen, die ihre Strategie von den Marktführern kopieren, statt sich auf die eigenen Stärken zu besinnen". In: Marken-Darwinismus – was tun? In: marktforschungᵈᵉ. Veröffentlicht am 16. Dezember 2019. Online: https://www.marktforschung.de/marktforschung/a/marken-darwinismus-was-tun/
- [4] Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik (geboren 1944) misstraut einem falsch verstandenem Neo-Liberalismus und fordert: "Wir sollten, wie der Philosoph Karl Popper es empfohlen hat, die falschen Theorien ausrotten, statt unsere Unternehmen von primitivem Wirtschaftsdarwinismus in den Ruin führen zu lassen." In: Lasst falsche Theorien sterben und nicht Unternehmen. In: manager magazin. 9. Dezember 2002. Online: https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/a-226311.html
- [5] Es gibt zwar die Metapher von der Unternehmens-DNA, doch bleibt dieser Begriff meist auf der Stufe von irgendwie gearteten Informationen von Unternehmen stecken. Um aber Unternehmen zu Individuen in einem biologisch-darwinistischen Sinn zu machen, müssten sich die Unternehmen mit Hilfe einer genetisch wirksamen DNA vermehren. Nur dann dürfte man von einem Wirtschaftsdarwinismus im engeren biologischen Sinn sprechen. Siehe auch Unternehmens-DNA ↗
- [6] Jack Vromen: Generalized Darwinism in Evolutionary Economics: The Devil is in the Details. In: Papers on Economics and Evolution. 2007. Edited by: Evolutionary Economics Group, Max Planck Institute, Jena. ISSN 1430-4716. Online: https://ssrn.com/abstract=1706745