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Unternehmens-DNA


Evolutionsökonomik


Basiswissen


Der Begriff Unternehmens-DNA hat sich in den frühen 2000er Jahren in der Fachsprache von Unternehmensberatern etabliert[1]. Das Kürzel DNA wird damit meist im Sinne von Bausteinen eines Unternehmens benutzt. Dies entspräche der Genexpression oder Exprimierung im biologischen Vorbild. Nicht vom biologischen Vorbild auf Wirtschaftsprozesse übertragen wurde jedoch weitere wesentliche Eigenschaften von DNA. Die Metapher bleibt damit zu großen ungenutzt in ihrem Potential. Die Metapher könnte noch weiter genutzt werden.

DNA als Unternehmens-Genotyp====

Die DNA im biologischen Sinn ist ein materiell festgelegter Code. Was entspräche diesem Code in Unternehmen? Software? Betriebsanleitungen für Maschinenführer? Work Flow-Diagramm? QM-Dokumente? Patente? Anweisungen für Ketten- oder Franchise-Unternehmen. Nutzt man weiter die biologische Vorlage, taucht die Frage auf, ob diese Information verteilt im Unternehmen existieren darf oder in einer Art Zellkern vereinigt werden sollte. Sollen Unternehmen tatsächlich als Analogie zu Individuen im Sinne einer darwinistischen Evolution funktionieren, so muss die Unternehmens-DNA sozusagen den gesamten Genotyp des Unternehmens darstellen[4]. Siehe dazu auch Genotyp ↗

Generationenfolgen in der Biologie und Wirtschaft


Die DNA spielt in der Biologie die Rolle des Trägers von Erbinformation. Ihre Funktionalität ist eng an die Idee von Generationenfolgen gebunden. Keine höherkomplexe Lebensform hat individuelle Wesen ausgebildet, die auf Unsterblichkeit angelegt sind. Vielmehr scheint der Tod biologisch vorprogrammiert und gewollt zu sein. Man kann vermuten, dass auf extreme Langlebigkeit angelegte Lebensformen einen Nachteil haben. Das trifft jedoch nicht auf alle Unternehmen zu. Während es zwar projektartig angelegte Unternehmen als Einzelfall gibt (z. B. Bergbausanierung), sind vor allem Aktiengesellschaften auf eine möglichst lange Lebensdauer hin eingerichtet. Für eine konsequente Modellierung einer Unternehmens-DNA wäre hier zu fragen, inwiefern Unternehmen gezielt in ihrer Lebenszeit begrenzt werden sollten, um (heuristische) Optimierungspotentiale einer DNA-getragenen Erbinformation nutzen zu können. Erst wenn es zu einer Generationenfolge kommt und die Unternehmens-DNA den Bauplan für die Unternehmen der Folgegeneration abgibt[5], kann eine darwinistische Evolution einsetzen.

Mutationen und Variation


Jede darwinistische Evolutionsprozess benötigt Variationen, das heißt Vielfalt in der Ausprägung konkurrierender Individuen. Diese Vielfalt kann durch zufällige Mutationen oder durch kontrollierte Prozesse bei der Mitose oder Meiose erzeugt werden. Die Frage wäre hier, welche Prozesse im Zusammenhang mit einer Unternehmens-DNA darwinistisch selektionsfähige DNA erzeugen. Dass die Erbinformation keine exakten Kopien der Eltern herstellen darf, sondern eine gewisse Variation nötig ist, das ist die Kernidee von einem evolutionsbiologisch gedachten Replikator ↗

Unternehmen und der zelluläre Flaschenhals


Der Zoologe und Evolutiosbiologe Richard Dawkins wies auf das beachtliche Phänomen hin, dass die Zellen eines biologischen Organismus nur einen gemeinsamen genetischen Ausgang in die Zukunft besitzen: die Ei oder Samenzelle. Alle anderen Zellen gehen mit dem Gesamtorganismus oder meist schon früher zugrunde. Dawinks legt dar[2], dass dieser zelluläre Flaschenhals eine Optimierung im Sinne des Genegoismus bewirkt. Überträgt man die biologische Wirkklichkeit auch hier auf die Ökonomie, ergäbe sich als eine mögliche Folgerung, dass Unternehmen a) eine begrenzte Lebensdauer haben und b) alles was in die nächste Generation gelangt nur eine einzige Instanz des genetischen Codes sein darf. Siehe auch zellulärer Flaschenhals ↗

Fußnoten