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Wirkungsquerschnitt


Physik


Basiswissen


Der Wirkungsquerschnitt σ ist in der Molekül-, Atom-, Kern- und Teilchenphysik ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen einer einfallenden Wellenstrahlung oder einem einfallenden Teilchen („Projektil“) und einem anderen Teilchen (Streukörper oder Target) ein bestimmter Prozess wie z. B. Absorption, Streuung oder eine Reaktion stattfindet. Das übliche Formelzeichen ist ein kleines sigma.

Der Wirkungsquerschnitt als Fläche gedeutet


Betrachtet man Geschossteilchen x, die auf Targetkerne X[3] geschossen werden, so kann man sich um jeden Targetkern eine Fläche senkrecht zur Flugrichtung der Geschossteilchen denken, sodass es immer zu einer Wechselwirkung kommt, wenn das Geschoss durch die Fläche fliegt und niemals wenn es an der Fläche vorbeifliegt. "Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreter einer Kernreaktion ist daher direkt proportional zum Wirkungsquerschnitt dieser Reaktion". Dabei setzt man voraus, dass die Targetkerne X mit ihren Wirkungsquerschnitten sich nicht gegenseitig abdecken. So betrachtet, macht es Sinn, das die Dimension des Querschnitts die Fläche ist.

1.0 Der Wirkungsquerschnitt σ kann modellhaft als eine Fläche um einen Targetkern gedacht werden, der senkrecht zur Flugbahn von Geschossenen steht. Durchdringt ein Geschoss die Fläche, kommt es immer zu einer Kernreaktion. Verfehlt das Geschoss die Fläche, kommt es niemals zu einer Reaktion.

Diese Deutung folgt dem Physik Lehrbuch Weidner-Sells[1]. Doch darf man nur bildhaft oder in einer statistischen Analogie, aber nicht für einen realen Einzelfall deuten. Denn: "Ein Teilchen kann den geometrischen Querschnitt eines Atomkerns durchfliegen, ohne dass eine Kernreaktio erfolgt. Es kann aber auch umgekehrt eine Kernreaktion auslösen, wenn es weit außerhalb des geometrischen Kernquerschnitts vorbeifliegt."[2] Verbindet man diese zwei Aussagen, so kommt man zu folgender Deutung:

2.0 Denkt man sich den Wirkungsquerschnitt als echte Fläche, so liefert sie zwar für statistisch viele Teilchen den korrekten Anteil von Geschossen, die zu einer Wechselwirkung führen. Aber im Einzelfall, der Betrachtung von einem Geschoss, das an einem Kern vorbei oder durch ihn hindurch fliegt, macht diese Deutung keinen Sinn. Denn liefert das Modell die richtigen Rechenergebnisse für große Anzahlen.

Der Wirkungsquerschnitt als Proportionalitätskonstante


Eine zweite Deutung des Wirkungsquerschnitts σ verzichtet auf eine Deutung der Querschnitts als Fläche, behält aber immer noch die Dimension der Flächen als Einheit bei, der Wirkungsquerschnitt wird also immer noch in Quadratmetern angegeben. Der Wirkungsquerschnitt wird jetzt als Maß für die "Ausbeute einer Kernreaktion"[4] gedeutet. Wenn von N Geschossteilchen eine bestimmte Anzahl ΔN zu einer Wechselwirkung mit Targetkernen gelangen, wenn sie sie eine Strecke Δx in ein Volumen V eingedrungen sind, in dem eine Anzal n an Targets gleichmäßig verstreut ist, dann gilt:

ΔN/N = σ·Δx·n/V


Um diese Formel anschaulich verstehen zu können, hilft es, sich an die Bedeutung einer Proportionalität zu erinnern[5]. Auf der linken Seite der Gleichung steht der Bruch ΔN/N. Das steht für den Anteil der reagierenden Geschosse ΔN an der Gesamtzahl aller Geschosse N. Es erscheint nun physikalisch plausibel, dass dieser Anteil proportional zur Eindringtiefe Δx ist: wenn die Geschosse doppelt so tief in das Material des Volumens V eindringen, dann verdoppelt sich auch der Anteil der reagierenden Geschosse. Der Term n/V (sprich n durch V) steht für das Verhältnis von Targetkernen n in dem Volumen V. Das n/V könnte man auch als Teilchendichte der Targetkerne bezeichnen. Es erscheint auch plausibel, dass der Anteil der reagierenden Geschosse ΔN/N proportional zu n/V ist. Diese Proportionalitäten drückt man mathematisch dadurch aus, dass die zueinander proportionalen Größen jeweils links und rechts von einem Gleichheitszeichen stehen und die Größen ansonsten nur mit Multiplikaton verbunden sein dürfen. Fügt man auf der rechten Seite der Gleichung nun noch den Wirkungsquerschnitt σ hinzu, so steht er für die Wahrscheinlichkeit der Geschosse in Verbindung mit den Targetkernen, dass es zu einer Reaktion kommt.

3.0 Der Wirkungsquerschnitt ist die Proportionalitätskonstante zwischen dem Anteil der reagierenden Geschosse einerseits und dem Produkt aus deren Eindringstiefe in ein Material mit der Teilchendichte n/V.

Interessant ist hier, wie aus dem rechten Term der Gleichung ΔN/N = σ·Δx·n/V das Δx/V sinngemäß zu einer Kürzung von Metern (für das x) gegen Kubikmeter (das V) führt: m/m³ gibt 1/m². Durch dieses Kürzehn die Quadratmeter auf rein mathematischem Wege, ohne dass bei dieser Deutung am Anfang eine Fläche ins Spiel gebracht worden ist.

Fußnoten