Sonnenzeit
Astronomie
Basiswissen
Die Sonnenzeit ist die Einteilung und Ordnung der Zeit, die im Alltagsleben, im sogenannten bürgerlichen Leben, üblicherweise verwendet wird. Die grundlegende Einheit ist der Sonntag, die Dauer von Mitternacht zu Mitternacht oder von Mittag zu Mittag[1]. Da die Erde aber nicht auf einer perfekten Kreisbahn um die Sonne läuft und auf dieser elliptischen Bahn ihre Geschwindigkeit (geringfügig) ändert, sind die Sonnentage eines Jahres nicht alle gleich lang[2]. Siehe auch Sonnentag ↗
Fußnoten
- [1] 1857: "Sonnenzeit nennt man, im Gegensatz zur Sternzeit, die nach dem scheinbaren täglichen Umlauf der Sonne abgemessene Zeit. Man unterscheidet wahre und mittlere S. Der Zeitraum von einem Mittag bis zum folgenden, also die Zeit zwischen 2 obern Culminationen der Sonne, heißt ein wahrer Sonnentag. Diese wahren Sonnentage des Jahres sind indeß einander nicht genau gleich, theils wegen des ungleichförmigen Laufes der Sonne, theils wegen der schiefen Stellung der Ekliptik. Um nun genau gleichförmige Sonnentage zu erhalten, denkt man sich eine Sonne mit vollkommen gleicher Geschwindigkeit u. im Aequator, statt in der Ekliptik laufend. Die Zeit nun zwischen 2 obern Culminationen dieser gedachten Sonne heißt ein mittlerer Sonnentag; die se sind alle einander gleich, und jeder genau das Mittel aus allen wahren Sonnentagen des Jahrs. Beide Zeitbestimmungen differiren 2mal im Jahr um beinahe eine Viertelstunde, nämlich am 11. Febr. und Anfangs Novbr., dort der wahre Mittag eine Viertelstunde zu spät, hier so viel zu früh." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 251. Online: http://www.zeno.org/nid/20003521133
- [2] 1863, Sonnenzeit als mittlere Zeit: "Mittlere Zeit, in der Tagsbestimmung eine völlig gleichmäßige Periode von genau 24 Stunden, wie solche astronomische Uhren u. Chronometer zeigen, verschieden von der wahren Sonnenzeit, weil erstlich die Sonne wegen der elliptischen Gestalt der Erdbahn sich mit veränderlicher Geschwindigkeit in der Ekliptik bewegt u. weil zweitens, selbst wenn diese Bewegung gleichförmig wäre, doch die auf den Äquator bezogenen Orte der Sonne, die doch bei der Drehung der Erde um ihre Achse allein in Betracht kommen, wegen der Neigung der Ekliptik nicht gleiche Abschnitte begrenzen, folglich die Zwischenzeit zwischen zwei auf einander[333] folgenden Culminationen der Sonne im Jahre veränderlich sein würde. Die M. Z. ist demnach solche Zeit, nach welcher regelmäßig 24 Stunden zwischen zwei auf einander folgenden Culminationen einer eingebildeten (imaginären) Sonne verfließen, welche mit der wahren Sonne immer gleichzeitig durch den Frühlingsnachtgleichenpunkt geht, sonst aber sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit durch den Äquator bewegt." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 333-334. http://www.zeno.org/nid/20010451404
- [3] 1909: "Sonnenzeit, die durch die scheinbare tägliche Bewegung der Sonne bestimmte Zeit im Gegensatz zur Sternzeit, deren Grundlage der Sterntag (s. Tag) bildet. Der wahre Sonnentag oder die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden obern Kulminationen der Sonne ist länger als der Sterntag, weil die Sonne unter den Fixsternen von W. nach O. sich bewegt; kulminiert heute die Sonne gleichzeitig mit einem Fixstern, so wird sie morgen, wenn der letztere wieder kulminiert, noch etwas östlich vom Meridian stehen und diesen erst später erreichen. Die Bewegung der Sonne in ihrem Parallelkreis bildet die Grundlage für die Bestimmung der wahren S. (wahren Zeit). Es ist wahrer Mittag, wenn die Sonne im Meridian steht; nachmittags 1 Uhr, 2 Uhr etc. wenn die Sonne in ihrem Parallelkreis 15°, 30° etc. westlich vom Meridian steht. Diese wahre S. wird von den Sonnenuhren angegeben. Die Dauer eines wahren Sonnen tags ist im Laufe eines Jahres veränderlich, weil die Sonne nicht alle Tage um dasselbe Stück am Himmel nach O. rückt; am größten, 24 Stunden 0 Minuten 30 Sekunden, ist er 23. Dez., am kleinsten, 23 Stund. 59 Min. 39 Sek., 15.–16. Sept. Diese Ungleichförmigkeit hat zwei Ursachen. Einmal bewegt sich die Erde in ihrer elliptischen Bahn mit veränderlicher Geschwindigkeit, in der Sonnennähe rascher als in der Sonnenferne; dementsprechend ist auch die scheinbare Bewegung der Sonne in der Ekliptik ungleichförmig. Ferner sind aber auch die verschiedenen Stücke der scheinbaren Sonnenbahn (Ekliptik) ungleich geneigt gegen den Äquator. In der Nähe der Solstitialpunkte liegt sie parallel zum Äquator, in den Äquinoktien schneidet sie denselben unter 231/2°; an den letztern Punkten wird daher das Vorrücken nach O. (die Zunahme der Rektaszension) nur einen Bruchteil der scheinbaren Bewegung in der Ekliptik betragen, während in den Solstitien beide Bewegungen gleich sind. Deshalb eignet sich die wahre S. nicht für die Zwecke des bürgerlichen Lebens; man kann auch keine mechanischen Uhren herstellen, die dieselben angeben. Andernteils würde es unzweckmäßig sein, im bürgerlichen Leben nach Sternzeit zu rechnen, da der Anfang des Sterntags bald auf den Tag, bald auf die Nacht fällt. Deshalb rechnet man nach mittlerer S. (mittlerer Zeit). Die Sonne braucht, um in der Ekliptik vom Frühlingspunkt bis wieder zu demselben Punkte zu gelangen (tropisches Jahr), 366,2422 Sterntage; sie selbst geht in dieser Zeit einmal weniger durch den Meridian als ein beliebiger Fixstern, und man teilt daher diesen Zeitraum in 365,2422 gleichlange Abschnitte, die man mittlere Tage nennt, und deren jeder wieder in 24 gleichlange Stunden zu 60 Minuten zu 60 Sekunden zerfällt. Da 365,2422 mittlere Tage = 366,2422 Sterntagen sind, so ist ein mittlerer Tag = 1 Tag 3 Min. 56,56 Sek. Sternzeit und 1 Sterntag = 1 Tag weniger 3 Min. 55,91 Sek. mittlerer Zeit. Viermal im Juhre, nämlich 15. April, 14. Juni, 31. Aug. und 24 Dez., fällt die wahre S. mit der mittlern Zeit zusammen, in den Zwischenzeiten ist abwechselnd die eine oder die andre voraus. Den Unterschied beider nennt man die Zeitgleichung. Man gibt dieselbe in mittlerer Zeit an und mit demjenigen Zeichen, daß sie immer zur wahren Zeit zu addieren ist, um die mittlere zu finden. Gibt also eine Sonnenuhr nachmittags 4 Uhr 30 Min. an, und ist die Zeitgleichung +12 Min., so ist es nach mittlerer Zeit um 4 Uhr 42 Min.; wäre aber die Zeitgleichung -12 Min., so hätte man 4 Uhr 18 Min. mittlere Zeit Die astronomischen Jahrbücher geben die Zeitgleichung für den[610] wahren Mittag eines bestimmten Meridians (z. B. von Berlin) von Tag zu Tag an. Statt dessen findet man in vielen Kalendern die mittlere Zeit im wahren Mittag verzeichnet, die man durch Addition der Zeitgleichung zu 12 Uhr erhält; statt Zeitgleichung +12 Min. 30 Sek. findet man also mittlere Zeit im wahren Mittag 12 Uhr 12 Min. 30 Sek. Die folgende Tabelle gibt die Zeitgleichung für den Anfang jeden Monats und für die Tage, an denen sie ihre größten Werte erreicht: [hier zeigt das Original eine Tabelle] Eine Folge der Zeitgleichung ist der Umstand, daß die Zeiten des Auf- und Unterganges der Sonne, wenn sie in den Kalendern nach mittlerer Ortszeit verzeichnet sind, nicht gleichweit von mittags 12 Uhr abstehen. So findet man z. B. für Berlin 1. Nov. den Sonnenaufgang um 7 Uhr 1 Min. früh und den Untergang 4 Uhr 27 Min. abends angegeben; das Mittel aus beiden Zeiten ist 11 Uhr 44 Min. mittags. Dies ist aber annähernd die Zeit des wahren Mittags (11 Uhr 43 Min. 40 Sek.). Ganz genau gleichweit vom wahren Mittag entfernt sind übrigens die Momente des Auf- und Unterganges nicht wegen der ungleichen Bewegung der Sonne in der Ekliptik." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 610-611. Online: http://www.zeno.org/nid/20007493576
- [4] 1911: "Sonnenzeit, im Gegensatz zur Sternenzeit, die durch die scheinbare Bewegung der Sonne gemessene und bestimmte Zeit. Der Zeitraum zwischen 2 aufeinanderfolgenden Mittagen (s.d.) heißt ein Sonnentag. Da dieser verschieden lang ist (größte Differenz fast eine Minute), wegen der elliptischen Bahn, nimmt man eine wahre und mittlere Zeit (S.) an; erstere wird von den Sonnenuhren, letztere von richtiggehenden Uhren angegeben. Der Unterschied zwischen beiden heißt Zeitgleichung." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 726. Online: http://www.zeno.org/nid/20001573578