Photonenimpuls
h·f:c oder p = h/l
Basiswissen
Photon heißt so viel wie Lichtteilchen und steht für die Teilcheneigenschaften von Licht. Einem Teilchen kann man einen Impuls (Geschwindigkeit mal Masse) zuordnen. Drei Formeln erlauben es, einem gedachten Lichtteilchen (Photon) einen Impuls zuzuordnen[2], wenn man seine Wellenlänge oder Frequenz kennt.
Formeln für den Photonenimpuls
- p = h·f:c
- p = E:c
- p = h:l
Legende zum Photonenimpuls
- p = z. B. in Newtonmeter ist der Impuls ↗
- h = 6,6262 mal 10 hoch -34 Joulesekunden Planck-Konstante ↗
- f = z. B. in Hertz Frequenz ↗
- l = z. B. in Meter Wellenlänge ↗
- E = z. B. in Joule Photonenenergie ↗
Haben Photonen auch eine Masse?
Wenn man Photonen einen Impuls zuordnet, haben sie dann auch eine Masse? Üblicherweise verbindet man die Idee eines Impulses mit Massen. Fliegende Gewehrkugeln, sich bewegende Raketen oder fließendes Wasser haben alle einen Impuls und auch eine Masse. Tatsächlich gilt Masse in der Physik aber nicht mehr als einziger Träger eines Impulses. Auch Wellen ordnet man etwa einen Impuls zu. Damit ist auch der Schluss vom Impuls eines Photons auf eine Photonenmasse nicht zwingend. Photonen gelten in der Physik eindeutig als masselos[1], sie haben keine sogenannte Ruhemasse. Kurz: jede Masse kann einen Impuls haben. Aber nicht alles was einen Impuls hat, muss auch Masse haben. Lies mehr dazu unter Lichtmasse ↗
Welche Beobachtungen und Experimente belegen den Impuls von Photonen?
Photonen haben keine (Ruhe)Masse. Man ordnet ihnen nicht sinnvoll eine Masse in Kilogramm, Gramm oder sonst einer Einheit zu. In der klassischen Physik aber ist der Impuls als Produkt von Masse m und Geschwindigkeit v definiert. So gesehen, könnte man einem Photon keinen Impuls zuordnen. Dass Photonen einen Impuls haben wurde spätestens in den 1910er Jahren erwogen[2] und später durch mehrere Beobachtungen und Experimente auch empirisch bestätigt.
a) Der Schweif eines Kometen
Im Jahr 1619 veröffentlichte Johannes Kepler eine Schrift über Kometen. Darin beschrieb er die auch heute noch gültige Beobachtung, dass der Schweif eines Kometen stets von der Sonne weg zeigt, unabhängig von der Richtung, in die sich der Komet bewegt. Kepler argumentierte richtig, dass dies durch eine mechanische Kraft vermittelt sein könnte, die vom Licht der Sonne ausgeht. Siehe auch Komet ↗
b) Die Lichtmühle als vermeintlicher Nachweis
Im Jahr 1874 veröffentlichte de Londoner Physiker Crooke die Gedanken zu einer von ihm konstruierten Lichtmühle[4]. Diese Lichtmühlen kann man noch heute, etwa in Glasbläsereien kaufen: die auf einer senkrechten Welle montierten Flügel sind auf einer Seite schwarz und auf der gegenüberliegenden Seite hell. Die schwarze Seite absorbiert Licht, die helle reflektiert es. Durch Bestrahlung mit Licht beginnt sich das Rad zu drehen. Crooke hatte das als Nachweis des Lichtdruckes gedeutet. Eine genauere Betrachtung der übertragenen Impulse aber zeigte, dass das nicht die Erklärung gewesen sein konnte.
c) Lichtdruck experimentell nachgewiesen
Im Jahr 1901 erschienen eine Veröffentlichungen des russischen Physiker Lebedev[5] sowie eine weitere Veröffentlichung von Nichols und Hull[5] über den experimentellen Nachweis des sogenannten Lichtdrucks, ein Beleg dafür, dass Licht (das Wort Photon war damals noch unbekannt) einen Impuls übertragen kann. Heute spricht man allgemeiner auch von Strahlungsdruck ↗
d) Einsteins Atom-Rückstoß
Im Jahr 1916 veröffentlichte Albert Einstein Gedankenexperimente zum Rückstoß den Atome beim Einfangen (Absorption) und Aussenden (Emission) von Lichtquanten erfahren müssten[7]. Dabei warf Einstein einen Widerspruch auf: wenn die einfallenden Photonen, die absorbiert werden, eine bestimmte Richtung haben, müsste das absorbierende Atom einen Impuls in genau dieser Richtung erfahren. Wenn ein Atom aber ein Photon in Form einer räumlich völlig symmetrischen Kugelwelle aussendet, dürfte sich der Impuls des emittierenden Atoms nicht verändern.
e) Die Compton-Streuung
Im Jahr 1923 zeigt der Amerikaner Arthur Holly Compton (1892 bis 1962), dass die Quanten der Röntgenstrahlung Impuls an Elektronen übertragen können.[8] Gleichzeitig verliert das Photon Impuls und ändert dadurch wiederum messbar seine Wellenlänge. Compton erhielt dafür später den Nobelpreis. Siehe auch Compton-Streuung ↗
f) Der Strahlungsrückstoß
Im selben Jahr als Deutschland den Weg hin zur nationalsozialistischen Diktatur beschritt, veröffentlichte der österreichisch-britische Wissenschaftler Otto Frisch über eine experimentelle Bestätigung des Rückstoßes von Atomen durch Photonen.[9] Später, in den Jahren 1938 und 1939, war Otto Frisch zusammen mit seiner Tante, Lise Meitner, an der Entdeckung der Kernspaltung beteiligt. Später wirkte Frisch als britischer Staatsbürger an der Entwicklung der Atombombe mit.
g) Die optische Pinzette
Im Jahr 1970 wurde erstmals die sogenannte optische Pinzette vorgestellt: mit Hilfe von Laserlicht kann man kleine transparente Objekte in einem eng umgrenzten Raumbereich festhalten.[11]
h) Die Rückstoßtemperatur
Man kann Gase mit Hilfe von Laserstrahlen bis fast an den absoluten Nullpunkt abkühlen. Das Prinzip beruht darauf, dass die Gase durch Absorption und Emission von Photonen Impuls verlieren.[11] Siehe auch Rückstoßtemperatur ↗
i) Photonenantrieb und Lichtsegel in der Raumfahrt
Im Jahr 1956 hatte der Raumfahrtpionier Eugen Sänger vorgeschlagen, den Druck von Gammastrahlung als Antrieb für interstellare Reisen zu nutzen. Während diese Idee noch Vision bleibt, konnte inzwischen aber gezeigt werden, dass Raumfahrzeuge durch Lichtdruck gesteuert werden können. Von 2019 bis 2022 befand sich eine kleiner Satellit mit einem Sonnensegel in einer Erdumlaufbahn. Der Satellit diente nur dazu zu zeigen, dass alleine mit Hilfe des Lichtdrucks eine Änderung der Bewegung errreicht werden konnte. Das dazu aufgespannte Sonnensegel hat eine Fläche von 32 Quadratmetern. Der Versuch war ein Erfolg.[12]
Tipp
- Für Wellen kann man immer zwischen Frequenz und Wellenlänge umrechnen.
- Es gilt allgemein für Wellen: c = l·f
- Dabei ist c die Wellengeschwindigkeit ↗
- l ist die Wellenlänge und f die Frequenz ↗
- Mehr unter lf-Formel ↗
Fußnoten
- [1] Philip Gibbs: Does light have matter? Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY. FAQ Seiten Physik. 1997. Online: https://www.desy.de/user/projects/Physics/Relativity/SR/light_mass.html
- [2] Albert Einstein geht davon aus, dass Photonen Impuls auf Moleküle übertragen. Im Jahr 1917 schreibt er: "Bei Absorption und Emission von Strahlung findet […] auch eine Impuls-Übertragung auf die Moleküle statt; diese führt dazu, daß sich durch die bloße Wechselwirkung von Strahlung und Molekülen eine bestimmte Geschwindigkeitsverteilung der letzteren einstellt." In: Albert Einstein: Zur Quantentheorie der Strahlung. Physikalische Zeitschriften. XVIII. 1917. Dort ab Seite 121. Online: https://hannah2.be/optische_communicatie/EINSTEIN/EINSTEIN.PDF
- [3] Johannes Kepler: De cometis. 1619.
- [4] Im Jahr 1874 veröffentlichte der Londoner Physik Crooke die Idee einer Lichtmühle zum Nachweis von Strahlungsdruck. Obwohl zunächst einleuchtend, kann die Lichtmühle aber nicht über Strahlungsdruck erklärt werden. Crookes ursprüngliche Argumentation war falsch: Crookes, William: On Attraction and Repulsion Resulting from Radiation". Philosophical Transactions of the Royal Society of London. 164: 501–527. Veröffentlicht im Jahr 1874.
- [5] Lebedew, P. (1901), Untersuchungen über die Druckkräfte des Lichtes. Ann. Phys., 311: 433-458. https://doi.org/10.1002/andp.19013111102
- [6] E. F. Nichols and G. F. Hull: A Preliminary Communication on the Pressure of Heat and Light Radiation. In: Phys. Rev. (Series I) 13, 307 – Published 1 November 1901.
- [7] Im Jahr 1916 veröffentlichte Albert Einstein theoretische Gedanken zum Rückstoß, den Atome bei der Aussendung und beim Einfang von Photonen erfahren müssten: Albert Einstein: Zur Quantentheorie der Strahlung. Zuerst abgedruckt in den Mitteilungen der Physikalischen Gesellschaft Zürich. Nr. 18. 1916. Später auch veröffentlich in: Physikalische Zeitrschrift. XVIII. 1917.
- [8] 1923 veröffentliche Compton den Nachweis, dass Quanten von Röntgenstrahlung Impuls auf Elektronen übertragen. Dafür erhielt Compton später den Nobelpreis: Arthur H. Compton: A Quantum Theory of the Scattering of X-Rays by Light Elements. In: The Physical Review. Vol. 21, No. 5. May, 1923. Siehe unter Compton-Streuung ↗
- [9] Otto Frisch: Experimenteller Nachweis des Einsteinschen Strahlungsrückstoßes. In: Zeitschrift für Physik 86, 42-48 (1933). In der Zusammenfassung heißt es: "Ein langer dünner Strahl von Na-Atomen wird mit Resonanzlicht bestrahlt; die Ablenkung der Atome infolge der Impulsübertragung bei der Absorption und Emission wird nachgewiesen."
- [10] Bei einer optischen Pinzette übertragen Photonen Impuls auf transparente Teilchen und halten sie darüber in einem engen Raumbeeich fest: A. Ashkin: Acceleration and Trapping of Particles by Radiation Pressure. In: Physical Review Letters. Band 24, Nr. 4, 26. Januar 1970, S. 156–159, doi:10.1103/PhysRevLett.24.156.
- [11] Mit Hilfe einer Übertragung von Impulsen können Atome bis sehr nahe an den absoluten Nullpunkt heran gekühlt werden. In der Zusammenfassung eines Artikel anläßlich der Verleihung des Nobelpreises zu dieser Methode heißt es: "Methods have been developed to trap atoms and to cool them to very low temperatures". In: Claude N. Cohen-Tannoudji: Nobel Lecture: Manipulating atoms with photons. In: Rev. Mod. Phys. 70, 707 – Published 1 July 1998. Online: https://journals.aps.org/rmp/abstract/10.1103/RevModPhys.70.707
- [12] Bericht über das Projekt LightSail2 der Planetary Society der USA (Know the cosmos and our place within it.): LightSail, a Planetary Society solar sail spacecraft. Abgerufen am 5. Juni 2024. Online: https://www.planetary.org/sci-tech/lightsail
- [13] Eugen Sänger: Zur Mechanik der Photonen-Strahlantriebe. München. 1956.