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Hallwachs-Versuch

Physik

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Basiswissen


Der Hallwachs-Versuch[1] ist einer von mehreren historischen Versuchen zur sogenannten Photoemission, auch äußerer photoelektrischer Effekt genannt. Die Kernaussage der ursprünglichen Veröffentlichung von Ludwig Hallwachs aus dem Jahr 1888[2] ist recht knapp: eine bestimmte Art von Licht ist dazu in der Lage, bestimmte Platten aus Metall elektrisch auf- oder zu entladen.[12] Die volle Bedeutung im Rahmen der Quantenphysik wurde erst später, um das Jahr 1905 deutlich.

Aufbau und Durchführung des Hallwachs-Versuches


Die Beschreibung hier folgt der originalen Veröffentlichung von Ludwig Hallwachs aus dem Jahr 1888.[2] Eine geschmirgelte[8] "kreisförmige Metallplatte mit 8 cm Durchmesser"[2] aus Zink, Messing oder Aluminium[9] wird an einem isolierten Draht aufgehängt und mit einem Elektroskop[3] verbunden. Ein Elektroskop ist ein Messgerät zur Anzeige elektrischer Ladung[4]. Die Platten werden sich "bei Bestrahlung mit elektrischem Licht elektrostatisch laden"[5]. Dieser Effekt konnte verhindert werden, wenn man das Licht durch eine "Glimmerplatte"[10] hindurchgehen ließ, nicht jedoch, wenn die Glimmerplatte "mit einer viel dickeren Marienglasplatte" vertauscht wurde[12]. Für Zink erreichte Hallwachs ein "Maximalpotential" von "etwas über ein Volt", für Messing "etwa ein Volt" und für Aluminium "0,5 Volt".[2]

Kern-Aussage des historischen Hallwachs-Versuchs


Die Orignalveröffentlichung von Hallwachs aus dem Jahr 1888[2] beschreibt, dass das Licht einer bestimmten Lampe bei geeigneten Umständen dazu in der Lage ist, Metallplatten elektrisch aufzuladen. In früheren Versuchen hatte Hallwachs gezeigt, dass Licht elektrisch geladene Platten auch entladen kann.[13] Ein Fingerzeig für zukünftige Forschungen war sicherlich die Beobachtung, dass unterschiedliche Stoffe bei Einbringungen in den Lichtweg zu unterschiedlichen photoelektrischen Folgen führten, und dass dabei wohl die Art der durchgelassenen Strahlung von deren Intensität eine entkoppelte Rolle spielen kann. Hallwachs selbst stellte im Jahr 1888 seine Befunde jedoch in keinen größeren theoretischen Zusammenhang sondern blieb rein bei der Beschreibung des Phänomens. Dieses Phänomen bezeichnete man später als Hallwachs-Effekt[13] oder auch als Photoeffekt[1].

Weitere Ideengeschichte des Hallwachs-Versuchs


Auch wenn der Hallwachs-Versuch in späteren Schulbüchern[1] im Zusammenhang mit dem lichtelektrischen Effekt genannt wird, war es noch nicht Ludwig Hallwachs selbst, der die größere Bedeutung seiner Befunde erkannte oder überhaupt erkennen konnte. Seine ursprüngliche Veröffentlichung von 1888 umfasst nur drei kleine Seiten mit wenigen Worten. Bedenken muss man dabei auch, dass das Elektron als Träger kleinster negativer Ladung damals zwar schon vermutet wurde, aber erst 1897 nachgewiesen werden konnte.[16] Zunächst wurde der Hallwachs-Versuch weiter verfeinert und erst im Jahr 1905 im heutigen Sinn als Indiz für die Teilchennatur des Lichts gedeutet.

Weiterentwicklung zur Gegenfeldmethode


Das von Hallwachs beschriebene Phänomen wurde später von anderen Physikern, unter anderem Philipp Lenard, eingehend untersucht.[14] Dabei stellte man fest, dass das Licht Elektronen aus dem Metall herauslöst. Diese herausgeschlagenen Elektronen bündelte man zu sogenannten Kathodenstrahlen[17], deren Eigenschaften dann näher betrachtet wurden. Vor allem interessierte die Geschwindigkeit, mit der die Elektronen aus dem Metall austraten, denn diese ließ Rückschlüsse auf die Energie des einfallenden Lichts zu. Um das näher zu untersuchen, entwickelte man die sogenannte Gegenfeldmethode ↗

Photoemission


Eine wichtige Erkenntnis der Versuche mit der Gegenfeldmethode war, dass es von der Art und nicht der Intensität des einfallenden Lichtes abhing, ob der Effekt überhaupt auftritt oder nicht. Das hatte sich schon 1888 bei Hallwachs angedeutet, nämlich über die wahlweise Einbringung von dünnen Glimmerplatten (schlucken UV-Licht) und vieln dickeren Platten aus Marienglas (schlucken weniger oder kein UV-Licht). Was später unter den Begriffen Photoemission oder äußerer lichtelektrischer Effekt bezeichnet wurde, geht unter anderem auf die Ergebnisse der Versuche von Lenard zurück. Siehe dazu auch Photoemission ↗

Probleme für die Wellennatur


Als der Versuch um das Jahr 1888 gemacht wurde, galt es als sicher, dass Licht ein wellenartiges Phänomen ist. Damals sprach man auch von der Undulationstheorie des Licht[6]. Mit dieser Wellen-Vorstellung ließen sich die später von Lenard und anderen gemachten Befunde mit Kathodenstrahlröhren[18] aber nicht mehr stimmig erklären. Zur historischen Wellentheorie des Lichts siehe unter Undulationstheorie ↗

Im Jahr 1905 legte Albert Einstein dann eine Erklärung vor, in dem er die Wellennatur des Lichts in Frage stellte und stattdessen Licht im Sinne eines Teilchens, eines Lichtquants erklärte.[7] Dabei bezog sich Einstein namentlich nicht auf Ludwig Hallwachs sondern auf Philipp Lenard. Für diese Arbeit, nicht für seine Relativitätstheorie, erhielt Einstein später den Nobelpreis. Für politisch interessierte Leser sie hier angemerkt, dass Lenard in späteren Jahren, ab etwa 1920 als glühender Antisemit auftrat und zum Beispiel Einsteins Relativitätstheorie als "jüdische Physik" scharf ablehnte.[15] Zu Einsteins Deutung des Effekts, siehe den Artikel zum Lichtquant ↗

Probleme für die Wellen- und die Teilchennatur


Wenn Albert Einstein den Hallwachs-Effekt und die darauf aufbauenden weiteren Befunde damit erklärte, dass er das Licht als teilchenhaft deutete, hatte er den größeren Problemkreis der "wirklichen Natur von Licht" keineswegs gelöst. Denn es gibt viele andere Experimente, die eindeutig zeigen, dass Licht Eigenschaften von Wellen. Diese gleichzeitige Berechtigung zweiter widersprüchlicher Sichtweisen bezeichnet man heute als Welle-Teilchen-Dualismus ↗

Fußnoten


  • [1] In einem Schulbuch wird der historische Versuch von Wilhelm Hallwachs als "Hallwachs-Versuch" bezeichnet und als einleitendes Beispiel für den äußeren Photoeffekt beschrieben: In: Dorn.Bader. Physik SII Gesamtband Gymnasium. Westermann Bildungsmedien. Braunschweig. 2023. ISBN: 978-3-14-152376-8. Dort das Kapitel "8.1 Der Fotoeffekt: Licht als Teilchen" auf Seite 304.
  • [2] Wilhelm Ludwig Franz Hallwachs (1859 bis 1922): Ueber die Electrisierung von Metallplatten durch Bestrahlung mit electr. Licht. In: Annalen der Physik, Bd. 270 (Wiedemann's Annalen. 34) 1888, S. 731–734. Auch in: Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen. 1888. Dort die Seiten 174 bis 176.
  • [3] Ein Elektroskop zeigt die Menge elektrischer Ladung an. Eine typische Einheit ist das Coulomb. Die Ladung kann dabei positiv oder auch negativ sein. Siehe mehr unter Elektroskop ↗
  • [4] Wenn man von elektrischer Ladung spricht, so meint man oft damit die Menge an elektrischer Ladung. Im Fall von negativer Ladung entspricht das zum Beispiel der Menge von Elektronen, deren negative Ladung nicht durch nahegelegene positive Ladungen ausgeglichen wird. Die Ladung bezeichnet also enen Netto-Überschuss. Siehe mehr unter elektrische Ladung ↗
  • [5] In Lehrbüchern der Physik wird als Lampe heute meist eine Quecksilberdampflampe erwähnt. Diesen Lampen haben einen hohen Teil an ultraviolettem Licht auch UV-Strahlung genannt. Dieses Licht ist für Menschen nicht sichtbar und besteht aus besonders energiereichen Photonen, den Teilchen des Lichts. Hallwachs beschrieb seine Lichtquelle als "elektrisches Licht" und als "Lichtbogen". Siehe auch Quecksilberdampflampe ↗
  • [6] Noch Albert Einstein sprach in seiner Erklärung des Hallwachs-Effektes im Jahr 1905 von der Undulationstheorie ↗
  • [8] Dass die Oberfläche der bestrahlten Metallplatte "sehr gut geputzt" sein müsse, um elektrisiert werden zu können, beschrieb Hallwachs in seiner Originalveröffentlichung aus dem Jahr 1888 wiederholt, zum Beispiel: "Einigermaßen alte Oberflächen zeigen die Erscheinung nicht mehr." Und auch die Bestrahlung selbst scheint die Fähigkeit der Platten zur Elektrisierung herabzusetzen: "Das Bestrahlen selbst drückt ebenfalls das Potential, bis zu welchem die Platten elektrisiert werden können herab, so daß bei jedem folgenden mit derselben Oberfläche angestellten Versuch das zu erreichende Maximalpotential geringer wird, während der Anstieg zu demselben schneller erfolgt; und zwar ist die Abnahme stärker, wie wenn bei gleichem Zeitintervall zwischen zwei Versuchen die Platte unbeleuchtet bleibt."
  • [9] In Hallwachs' Originalveröffentlichung aus dem Jahr 1888 wurde der Versuch mit gleichen Ergebnissen mit Zink-, Messing- und Aluminiumplatten beschrieben: "Bei allen dreien trat bei sehr gut geputzter Oberfläche positive Elektrisierung beim Bestrahlen ein."
  • [10] Glimmer ist ein durchscheinendes Mineral, das sich leicht in flache Platten spalten lässt. Das Wort Glimmer wird in Verbindung mit Sonnenschutzmitteln erwähnt. Vermutlich absorbiert Glimmer UV-Strahlung recht wirksam: "Sunlight consists of beams of light of broad wavelength ranges, including infrared, visible, and ultraviolet (UV) radiation; X-rays; and γ-rays. Although the UV content of sunlight is relatively low, the human body, especially the human skin, is sensitive to UV rays. Mica is known to be effective in protecting the human skin from sunlight". In: Kim, J.H., Choi, J., Choi, S., Kim, W. and Lee, S. (2020), Study on the Dependence of Sun Protection Factor on Particle Size Distribution of Mica Using Gravitational Field-Flow Fractionation. Bull. Korean Chem. Soc., 41: 66-72. Siehe auch Glimmer ↗
  • [11] Marienglas ist eine durchsichtige Varietät von Gips. Wie auch Glimmer hat Marienglas eine gute Spaltbarkeit in Platten. Es scheint UV-Strahlung deutlich schlechter als Glimmer oder sogar gar nicht zu absorbieren oder von seiner Bahn abzulenken.
  • [12] "Ob die Elektricitätserregung durch Bestrahlung mit elektrischem Licht in direktem Zusammenhang seht mit dem Elektricitätsverlust elektrostatisch geladener Körper bei der Bestrahlung, darüber kann ich noch gar nichts aussagen, da es mir bisher nicht möglich war Versuche in dieser Richtung anzustellen." In: Wilhelm Ludwig Franz Hallwachs (1859 bis 1922): Ueber die Electrisierung von Metallplatten durch Bestrahlung mit electr. Licht. In: Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen. 1888. Dort der schließende Satz des Artikels auf Seite 176.
  • [15] Philipp Lenard (1862 bis 1947) und Johannes Stark (1874 bis 1957) waren die zwei herausragenden Befürworter eines sogenannten Deutschen Physik. Nur eine "arische" Physik könne zu echter Naturerkenntnis führen. Dabei wurden die Relativitätstheorie genauso abgelehnt wie die abtrakten Deutungen der Quantentheorie. Stattdessen wurde eine mehr oder minder anschauliche, klassische Physik gefordert, etwa mit der Äthertheorie als Grundlange von Wellenphänomen des Lichts. Lenard und Stark bemühten sich, vor allem in Dritten Reich, ihr Programm durchzusetzen. Das aber konnte durch das gemeinsame Auftreten anderer Physiker und mit Hilfe von Lobby-Arbeit bei NS-Führungsgrößen verhindert werden. Der entscheidende Hinweis dabei war, dass die "Deutsche Physik" keinen brauchbaren Ergebnisse liefere, unter anderem nicht für die damals nötige Kriegswirtschaft. Einen guten Einblick in diese Kapitel der Geschichte der Physik bietet: Michael Eckert: Die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die »Deutsche Physik«. In: Dieter Hoffmann, Mark Walker (Herausgeber): Physiker zwischen Autonomie und Anpassung: Die Deutsche Physikalische Gesellschaft im Dritten Reich. Wiley-VCH. 2007. 676 Seiten. ISBN: 978-3527405855. Siehe auch Philipp Lenard ↗
  • [16] Ein Elektron als Träger einer kleinsten negativen elektrischen Ladung wurde schon 1881 vorgeschlagen (George J. Stoney: On the Physical Units of Nature. In: Phil. Mag. Vol. 5, no. 11. 1881. Seiten. 381–390), aber der Nachweis erfolgte erst im Jahr 1897 (J. J. Thomson: Cathode Rays. In: Philosophical Magazine. Band 44, 1897, S. 293). Siehe auch Elektron ↗
  • [17] Als Kathode bezeichnet man Quellen von Elektronen. Wenn eine Metallplatte Elektronen freigibt, wie beim Hallwachs-Versuch, ist sie entsprechend eine Kathode ↗
  • [18] Unter den Stichworten Kathodenstrahl (cathode ray) und Kathodenstrahlröhre (cathode ray tube) wird man in der wissenschaftlichen Literatur der Zeit von etwa 1890 bis 1920 eine große Anzahl von Veröffentlichungen finden. Siehe auch Kathodenstrahlung ↗