Undulationstheorie Physik Basiswissen Als Undulationstheorie bezeichnete man vor allem im 19ten Jahrhundert die Vorstellung, dass Licht ein wellenartiges Phänomen sei. Der Inhalt des Begriffs entspricht weitgehend dem der heutigen Wellenoptik. Das ist hier kurz vorgestellt. Die Idee von Licht mit Welleneigenschaften Von einer Undulationstheorie des Lichts sprach man vor allem im 19ten Jahrhundert [1][2]. Undulation heißt so viel wie Welle oder Schwingung [3]. Schon im 17ten Jahrhundert hatte der Italien Francesco Maria Grimaldi (1618 bis 1663) einen Wellencharakter von Licht vermutet [4]. Auch Isaac Newton (1642 bis 1727) beschrieb dann im frühen 18ten Jahrhundert Phänomene an Licht, die nicht auf die Vorstellung von Licht aus Strahlen oder Teilchen passten [5]. Letztendlich hatte Thomas Young (1773 bis 1829) mit einem Vorläufer des heutigen Doppelspaltexperimentes den Wellencharakter von Licht eindeutig nachgewiesen [6]. Die Undulationstheorie des 19ten Jahrhunderts Nachem Thomas Young um das Jahr 1800 überzeugend die Wellennatur von Licht belegt hatte, ging man allgemein davon aus dass Licht eine Welle sei. In enger Anlehnung von der Vorstellung von Wasserwellen spitzte sich die Frage zu, was das Medium dieser Welle sein könnte. Wasserwellen im Wesentlichen Auf- und Abbewegungen, also Schwingungen, von Wasserteilchen. Jede Schwingung, so dachte man, braucht irgendwelche Teilchen die Schwingen. Diese Teilchen nennt man auch heute noch Oszillatoren. Was aber sind dann die Oszillatoren einer Lichtwelle? Irgendein Bestandteil der Luft kann es nicht sein, denn Licht kommt ja auch durch den luftleeren Welttraum von den Sternen zu uns. Die hypothetischen Oszillatoren des Lichts nannte man passend die Ätherteilchen [2]. Auf dieser Vorstellung aufbauend konnte man viele Phänomene, vor allem Intereferenz und Beugung des Lichts gut erklären. Wie eine Wasserwelle um eine Hafenmauer herum wandern kann, so kann auch Licht unter geeigneten Umständen um Hindernisse herumwandern und in den Bereich eindringen, der nach der Strahlen- oder Teilchenvorstellung von Licht im Schatten liegen müsste. Diese Vorstellung von Licht als Schwingung der Ätherteilchen nannte man die Undulationstheorie. Siehe auch Lichtäther ↗ Was brachte diese Theorie Ende des 19ten Jahrhunderts zu Fall? Nachdem die Wellenvorstellung des Lichts allgemein akzeptiert worden war, wurde die Frage interessant, wie denn der hypothetische Lichtäther beschaffen sein könnte. Man stellte ihn sich als widerstandslos und den ganzen Weltraum durchdringend vor [7]. Bildlich entspricht das vielen kleinen an sich ruhenden, Teilchen, durch die die Lichtwellen so hindurchgehen, wie Windstöße durch ein Kornfeld. Dieser Theorie zufolge, müsste man Effekte unterschiedlicher Geschwindigkeiten des Lichts festellen, je nachdem wie sich die Erde relativ zum Äther bewegt [8]. Solche Effekte konnten aber experimentelle nicht nachgewiesen werden [9]. Damit geriet die gesamte Äthertheorie in Zweifel. Ein Problem, das erst im Jahr 1905 durch Albert Einstein gelöst wurde. Zum Problem rund um die Undulationstheorie und den Äther siehe auch Michelson-Morley-Experiment ↗ Was ersetzte die Undulationstheorie? Statt von einer Undulationstheorie des Lichts spricht man heute von der sogenannten Wellenoptik [10] oder noch weiter verallgemeinert auch von der Quantenelektrodynamik (QED) [11]. Wie bei der Undulationstheorie geht modelliert man auch in der Wellenoptik und in der QED Licht als ein Wellenphänomen, man verzichtet dabei jedoch auf die Frage nach den Oszillatoren. Man spricht dabei von Schwingungen, Wellenlängen und Frequenzen, gibt aber nicht mehr an, was denn die schwingenden Teilchen sind. Ob man damit näher an die Wirklichkeit kommt oder ob das Ausblenden der Frage nach den Oszillatoren eine unzulässige Auslassung ist, wird vielleicht erst die Zukunft zeigen. Auf jeden Fall richtig ist, dass man heute nicht mehr von einer Undulationstheorie (mit Äther) spricht, sondern von einer Wellenoptik ↗ Fußnoten [1] In einem Lexikon aus dem Jahr 1838 heißt es: "Die Undulationstheorie erklärt Licht jenseits der Strahlenoptik: "Der erste Augenschein rechtfertigt die Annahme, daß das Licht von den leuchtenden Körper nach allen Seiten zu in geraden Linien ausgeht, und demgemäß ist die gewöhnliche Vorstellung und Redeweise vom Lichte so, als bestehe dasselbe in einem seinen Stoffe, welcher in unendlich vielen und unendlich dünnen Strahlen von den leuchtenden Körpern ausgesendet werde. Die einfachern Lichtphänomene lassen sich auch recht deutlich von dieser Vorstellungsweise aus erklären, und nur erst bei den zusammengesetzteren zeigt es sich, daß jene Vorstellung falsche Begriffe enthält. Von den beiden angegebenen, der Lehre vom Licht zu Grunde gelegten Vorstellungsweisen hat man die erste die Emanationstheorie (d.h. Ausflußlehre), die zweite die Vibrations- oder Undulationstheorie (d.h. Erzitterungs- oder Wellenlehre) genannt." In: Der Artikel Licht im Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 740-742. Online: http://www.zeno.org/nid/20000840858 [2] 1858 werden vor allem auch Farben über die Undulationstheorie erklärt: "Farben (Phys.), verschiedene Arten des Lichtes, welche sich nach der gegenwärtig allgemein angenommenen Undulationstheorie dadurch unterscheiden, daß die Athertheilchen, deren Vibrationen den Eindruck des Lichts überhaupt auf unser Auge hervorbringen, in einer Secunde mehr od. weniger Schwingungen ausführen. In jeder Secunde sind 481 Billionen Schwingungen der Äthertheilchen erforderlich, um rothes, u. 764 Billionen Schwingungen, um violettes Licht zu erzeugen. Da sich alle farbigen Lichtstrahlen mit gleicher Geschwindigkeit ungefähr 42,000 Meilen in einer Secunde fortpflanzen, so ergibt sich die Länge einer rothen Lichtwelle 0,00002541 Zoll u. die einer violetten 0,00001464 Zoll." Der Artikel geht dann noch tiefer auf die Physik der Farben ein. In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 110-115. Online: http://www.zeno.org/nid/2000990381X [3] 1911: "Undulation (lat.), Wellenbewegung; Undulationstheorie, s. Licht; undulatōrisch, wellenförmig; undulieren, sich wellenförmig bewegen." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 888. Siehe auch Undulation ↗ [4] Francesco Maria Grimalid: Physicomathesis de lumine, coloribus, et iride, aliisque annexis, Bologna 1665. Siehe auch Francesco Maria Grimaldi [1618 bis 1663] ↗ [5] Newton beschrieb, wie der Schatten eines dünnen Haares in einem dünnen Lichtsstrahl viel größer ist, als nach der Theorie von Strahlen vorhergesagt. In: Opticks. Kapitel: The Third Book of Opticks Part I. Zum Beispiel die Ausgabe des Jahres 1730 (London). Siehe auch Newtons Lichtbeugung ↗ [6] Thomas Young, Experimental Demonstration of the General Law of the Interference of Light, "Philosophical Transactions of the Royal Society of London", vol 94 (1804). URL: https://royalsocietypublishing.org/doi/pdf/10.1098/rstl.1804.0001 [7] 1904, der Äther: "Äther (aithêr, aether): die schwerlose, widerstandslose, unwägbare, feinste Materie, die als Substrat der strahlenden Wärme, des Lichtes und der elektromagnetischen Energien gedacht wird, als ein alle Körper durchdringender, den Weltraum erfüllender Stoff, der sich in Elemente, Äther-Atome, gliedert." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 97-98. Online: http://www.zeno.org/nid/20001781510 [8] 1871, die Lichtgeschwindigkeit im Äther: George Biddell Airy: On the Supposed Alteration in the Amount of Astronomical Aberration of Light, Produced by the Passage of the Light through a Considerable Thickness of Refracting Medium. Proceedings of the Royal Society of London. 20 (130–138): 35–39. 1871. [9] 1887, der Äther ist nicht greifbar: Albert Abraham Michelson; Edward W. Morley: On the Relative Motion of the Earth and the Luminiferous Ether. American Journal of Science. 34 (203). 1887. pages 333–345 [10] 1993, Wellenoptik: C. Gerthsen: Wellenoptik. In: Physik. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-87839-8_11 [11] 1992, das Buch beschreibt gut nachvollziehbar, wie nicht nur Licht, sondern Materie überhaupt wellenartige Eigenschaften hat: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Siehe auch QED (Feynman) ↗ Doppelspaltexperiment nach Young [um 1800] Doppler-Effekt [1842] Francesco Maria Grimaldi [1618 bis 1663] Isaac Newton [1642 bis 1726] Licht [allgemein] Lichtäther [hypothetischer] Michelson-Morley-Experiment [1887] Newtons Lichtbeugung Physik-Lexikon QED (Feynman) Thomas Young [1773 bis 1829] Undulation Welle Wellenoptik Undulationstheorie auf Wikipedia Zurück zur Startseite