Goethes Polarität
Weltprinzip
Einführung
Tages Arbeit, abends Gäste; Saure Wochen, frohe Feste! Sei dein künftig Zauberwort[1]: Goethe sieht in der Welt ein ständiges Wechselspiel, ein Hin- und Her, Annähern und Abstoßen zwischen zwei Polen. Aus dieser ewigen Bewegung ergibt sich das gesamte sinnvolle Geschehen der menschlichen Welt.
Polarität als Bewegung zwischen zwei Extremen
Goethe sieht überall in der Natur aber auch in der menschlichen Welt eine ständige Bewegung der Dinge zwischen zwei extremen Polen:
- Pole im Sinne des Magnetismus ↗
- Gelb und Blau in der Farbenlehre ↗
- Hell und Dunkel in der Farbenlehre ↗
- Säuren und Basen als Polarität (Chemie) ↗
- Plus und Minus in der Elektrizität ↗
- Die Zweigestaltigkeit im Gedicht Gingo biloba ↗
- Das Hin und Her im Gedicht Parabase (Goethe) ↗
- Sinneslust und Geistigkeit
- Und so weiter …
Die Natur als Lehrmeisterin
Die Natur versteht Goethe als eine Lehrmeisterin, die uns das Prinzip der Polarität in all ihren Erscheinungen deutlich vor Augen führt. Diesen Gedanken hat er detailliert und mit vielen Versuchen in seiner Farbenlehre ausgearbeitet: treten weiß und schwarz auf geeignete Weise zusammen, lassen sich daraus alle Farben hervorbringen, die Vielfalt der Welt entsteht aus zwei gegensätzlichen Polen. Mehr dazu Goethes Farbenlehre ↗
Komplementarität als verwandtes Konzept
Während eine Polarität zwei logisch denkkbare und verträgliche Extreme einer eindimensionalen Denkkategorie bezeichnen, steht der Begegriff der Komplementarität in der Deutung des Physikers Niels Bohr für zwei sich theoretisch ausschließende Prinzipien, die aber dennoch beide zusammengehörig ein sinnvolles Ganzes ergeben. Das klassische Beispiele ist die gleichzeitige Gültigkeit des Wellen- und des Teilchenbildes in der Quantenphysik. Siehe mehr zu diesem Gedanken im Artikel zum Komplementaritätsprinzip ↗
Fußnoten
- [1] Johann Wolfgang von Goeht: Der Schatzgräber ist eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe. Mai 1797; Erstdruck in Schillers Musen-Almanach für das Jahr 1798.