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Goethes Farbschattenversuch


Originalanleitung mit Kerze und Dämmerlicht


Basiswissen


„63. Ein Schatten von der Sonne auf eine weiße Fläche geworfen gibt uns keine Empfindung von Farbe, solange die Sonne in ihrer völligen Kraft wirkt. Er scheint schwarz oder, wenn ein Gegenlicht hinzu dringen kann, schwächer, halberhellt, grau.

64. Zu den farbigen Schatten gehören zwei Bedingungen, erstlich, daß das wirksame Licht auf irgend eine Art die weiße Fläche färbe, zweitens, daß ein Gegenlicht den geworfenen Schatten auf einen gewissen Grad erleuchte.

65. Man setze bei der Dämmerung auf ein weißes Papier eine niedrig brennende Kerze; zwischen sie und das abnehmende Tageslicht stelle man einen Bleistift aufrecht, so daß der Schatten, welchen die Kerze wirft, von dem schwachen Tageslicht erhellt, aber nicht aufgehoben werden kann, und der Schatten wird von dem schönsten Blau erscheinen.

66. Daß dieser Schatten blau sei, bemerkt man alsobald, aber man überzeugt sich nur durch Aufmerksamkeit, daß das weiße Papier als eine rötlich gelbe Fläche wirkt, durch welchen Schein jede blaue Farbe im Auge gefordert wird."

Quelle: Goethes Farbenlehre, didaktischer Teil, Paragraphen 63 bis 66.