Gnomon
Astronomie
Basiswissen
Das Gnomon zählt mit zu den ältesten Geräten der antiken Astronomie. In der einfachsten Ausführung ist das Gnomon ein Stab, von dem man tagsüber die Länge des Schattens misst. Man konnte damit unter anderem den genauen Moment des Mittags[1], die Schiefe der Ekliptik[2] oder die eigene geographische Breite[3] bestimmen.
Fußnoten
- [1] Auch zum Problem der Genauigkeit: "Gnomon, eine schon seit den ältesten Zeiten gebräuchliche Vorrichtung zur Bestimmung der Sonnenhöhe, namentlich der Culmination der Sonne, also des wahren Mittags. Er besteht in einer auf horizontalem Boden senkrecht stehenden Stange od. Säule, deren Schatten auf der Horizontalebene zu obiger Bestimmung dient. Beobachtet man diesen Schatten vom Morgen an, so sieht man ihn allmälig an Länge abnehmen; in dem Augenblicke seiner kleinsten Länge ist es Mittag, und die Richtung des Schattens gibt die Mittagslinie an. Ist diese Mittagslinie auf der Horizontalebene bezeichnet, so gibt der Eintritt des Schattens in diese Linie die Zeit des Mittags an. Diese G.en gewähren indeß keine vollkommene Genauigkeit; sind sie niedrig, so rückt der Schatten zu langsam fort; sind sie sehr hoch, so schadet der Halbschatten. Schärfer läßt sich die Beobachtung ausführen, wenn man gegen die Spitze des Gnomon eine kleine runde Oeffnung anbringt, durch die ein Sonnenbild auf die mit der Mittagslinie bezeichnete Ebene fällt. Solche G.e wurden besonders in den hohen Kirchen Italiens errichtet (die berühmtesten zu Florenz und Bologna). – G, der Zeiger an der Sonnenuhr, auch diese selbst." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 99. Online: http://www.zeno.org/nid/20003353699
- [2] Gnomon (gr.), 1) Kenner, Beurtheiler; 2) Richtschnur; daher 3) Winkelmaß; 4) (Astron.), Vorkehrung, womit man durch den Schatten eines senkrecht stehenden Körpers, auf eine horizontale Fläche geworfen, od. auch durch den Lichtstrahl, der durch eine, in einer senkrechten Platte angebrachte kleine runde Öffnung auf eine horizontale Fläche fällt, die Höhe des leuchtenden Körpers über dem Horizont mißt. Beobachtet man am G. die Mittagshöhe der Sonne zur Zeit der beiden Solstitien, so kann man daraus die Polhöhe des Beobachtungsortes u. die Schiefe der Ekliptik bestimmen, denn die letztere ist der halben Differenz der beiden Sonnenhöhen gleich, während ihre halbe Summe die Äquatorhöhe u. mithin das Complement der Polhöhe gibt. Hierher gehört die älteste astronomische Beobachtung, die überhaupt auf uns gekommen ist; denn nach einer Mittheilung des Jesuiten Gaubil ließ der Kaiser Tschu-Kong von China im Jahre 1100 v. Chr. die Sonnenhöhe an den beiden Solstitien zu Loyang (jetzt Honan-Fu) an einem 8 Fuß hohen G. beobachten. Im klassischen Alterthum stellte zuerst Anaximander eine einfache zugespitzte Stange zu Sparta auf; nach ihr wurde zuerst die Schiefe der Ekliptik (auf 1/15 eines Kreisbogens od. zu 24°) approximativ bestimmt. In der Folge bedienten sich Pytheas u. Hipparochs zu ihren Beobachtungen über Solstitien u. Sonnenhöhen steinerner Obelisken. Die Beobachtungen darnach können aber wegen Ineinanderfließen von Schatten u. Halbschatten nicht mit Genauigkeit geschehen. Deshalb setzte P. Toscanelli 1468 in der Kathedrale zu Florenz auf die Spitze des Obelisken eine Kugel, nahm die Mitte des Schattens derselben zur Anzeige u. zog darnach eine Mittagslinie. Auf gleiche Weise erhielt Cassini seine bekannte Mittagslinie. 5) S.u. Wasser- u. Sonnenuhr, vgl. Klepsydra; 6) (Math.), so v.w. Ergänzung." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 432. Online: http://www.zeno.org/nid/20010020365
- [3] "Gnomon, eine Einrichtung, die schon bei den ältesten Kulturvölkern dazu benutzt wurde, die Höhe der Sonne und damit die Tageszeit besonders im Moment des Mittags (der Kulmination) zu bestimmen. Zunächst bestanden diese Instrumente aus hohen Stäben, Säulen oder ähnlichen Einrichtungen, die durch den Schatten, den sie warfen, zur Bestimmung der Tageszeit benutzt wurden. Man zog um den Fußpunkt des Lotes von der Spitze des Gnomons auf die Erdoberfläche einige konzentrische Kreise und beobachtete dann, wann das Ende des Schattens diese Kreise erreichte. Entsprechend gelegene Schnittpunkte miteinander verbunden gaben dann durch die Orte der Sehnenmittelpunkte den Moment des wahren Mittags. Aus der Länge des Schattens zu dieser Zeit und der Höhe des Gnomons ergibt sich die anguläre Höhe der Sonne. Werden diese Längen zur Zeit ihres Maximums und ihres Minimums gemessen, so kann man einerseits mit Hilfe des daraus gebildeten Mittels die geographische Breite des Beobachtungsortes 1/2 (Hmax + Hmin) = 90 – φ, anderseits die Schiefe der Ekliptik 1/2 Hmax – Hmin = ω, wenn ω diese Schiefe bedeutet, bestimmen. Da das Ende des Schattens schlecht begrenzt erscheint, hat man später an die Stelle der Spitze der Säule oder dergl. eine Scheibe mit kleiner runder Oeffnung gesetzt, durch die hindurch dann die Sonnenstrahlen scheinen und ein kleines Sonnenbildchen erzeugt wird. Dergleichen Einrichtungen sind, abgesehen von den alten indischen und ägyptischen Gnomonen, auch in späterer Zeit wieder hergestellt worden. Bekannt ist der von Augustus in Rom aufgestellte Gnomon (ein alter ägyptischer Obelisk), dann der von Toscanelli im Dom von Florenz eingerichtete; auch im Dom zu Mailand ist eine Einrichtung der letztbeschriebenen Art angebracht. Die Genauigkeit der Angaben wächst natürlich mit der Höhe des Gnomons über der Fläche, auf der das Schattenende beobachtet wird, so daß bei 20–30 m Höhe schon auf 1–2 Sekunden der Moment des wahren Mittags sich angeben läßt. Im übrigen ist hierzu das unter Sonnenuhren Beigebrachte zu vergleichen; ebenso ist dort auf die Literatur hingewiesen." Der Artikel stammt von Ambronn. In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 583. Online: http://www.zeno.org/nid/20006033903
- [4] Kurz definiert: "Gnōmon (griech., »Anzeiger«), uraltes astronomisches Instrument zur Bestimmung der Sonnenhöhe und der Zeit des Mittags (der größten Sonnenhöhe). Vgl. Beilage zu Astronomische Instrumente, S. I., und Sonnenuhr. Gnomonik, die Kunst, Sonnenuhren zu verfertigen." In: Quelle:
- [5] Als Zeiger oder Weiser der Sonnenuhr: "Weiser, an der Sonnenuhr, gnomōn, ŏnis,m." In: Karl Ernst Georges: Kleines deutsch-lateinisches Handwörterbuch. Hannover und Leipzig 71910 (Nachdruck Darmstadt 1999), Sp. 2665. Online: http://www.zeno.org/nid/20002155206
- [6] Als Zeiger oder Weiser der Sonnenuhr: "Gnomon (grch., »Zeiger«), senkrechter Stab oder Obelisk, aus dessen Schattenlänge auf einer wagerechten Ebene die Mittagslinie und die Mittagszeit (kürzester Schatten) bei Sonnenschein ermittelt wurden, dann der schattenwerfende Stab jeder Sonnenuhr (s.d.). – Gnomōnik, Lehre von der Konstruktion der Sonnenuhren." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 693. Online: http://www.zeno.org/nid/20001148362
- [7] Als Zeiger oder Weiser der Sonnenuhr: "gnōmōn, onis, m. (γνώμων), I) der Zeiger, Weiser an der Sonnenuhr, Vitr. 9, 1, 1. – II) das Winkelmaß, Vitr. 1, 6, 14." In: Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Hannover 81913 (Nachdruck Darmstadt 1998), Band 1, Sp. 2949. Online: http://www.zeno.org/nid/20002405067