Contradictio in adiecto
Wiederspruch in sich
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Basiswissen|
Beispiel Vakuumenergie|
Gegenbeispiel Atom|
Weitere Beispiele|
Aufruf zur Vermeidung|
Unterschied zum Oxymoron|
In der Mathematik und Physik|
Fußnoten
Basiswissen
Der Freie Fall mit Luftwiderstand ist ein Beispiel: freier Fall ist definiert als eine Fallbewegung ohne jegliche Widerstände. Ein Freier Fall mit Luftwiderstand ist also begrifflich unmöglich beziehungsweise unsinnig. Eine Contradictio ad adiecto, auch Contradictio ad adjecto[1] verbindet zwei Worte auf widersprüchliche Weise.
Beispiel Vakuumenergie
In der Philosophie und speziell auch den modernen (Natur)Wissenschaften, gibt es viele solche inneren begrifflichen Widersprüche. Wo der Widerspruch unbewusst bleibt, kann er schnell zu Verwirrung führen. So spricht man in der modernen Physik von einer sogenannten Vakuumfluktuation und einer sogenannten Vakuumenergie. Fasst man aber Vakuum als das absolut Leere, ein vollkommenes Nichts auf, so entsteht der Widerspruch: wo nichts ist, kann nicht flukturieren (sich ändern) und kann es auch keine Energie geben.[3] Siehe dazu auch Vakuumenergie ↗
Gegenbeispiel Atom
Keine Contradictio in adiecto ist das Wort Atom. Auch dieses Wort ist ein zusammengesetzter Begriff: a-tomos ist altgriechisch und heißt unteilbar. Aber das was wir heute als Atom bezeichnen, ein Gebilde aus einem Kern mit Elektronen darum, ist teilbar. Daher auch berechtigte Begriffe wie Atomzertrümmerung, Kernspaltung oder Atomzerall. Doch obwohl das Atom in Verbindung mit dem was es heute bezeichnet irreführend ist, ist es keine Contradictio in adiecto. Der Begriff Atom in sich alleine produziert ja noch nicht den Widerspruch. Ein solches Wort, das nur ungeschickt oder unpassend zum seinem Gegenstand, bezeichnet man im Englischen treffend als Misnomer. Im Deutschen könnte man ganz allgemein von einer Fehlbezeichnung. Sofern ein Atom die Gesamtheit von Atomkern und Atomhülle meint, ist es eine solche Fehlbezeichnung. Weitere Beispiele für solche Fehlbezeichnung sind das Elektronenvolt (ist keine elektrische Spannung) oder das Lichtjahr (ist keine Zeitdauer). In irgendeiner Weise verwirrende Worte werden hier ganz allgemein bezeichnet als Alogismen ↗
Weitere Beispiele
Aufruf zur Vermeidung
Schon im Jahr 1764 warnte der elsässer Universalgelehrt Johann Heinrich Lambert vor solchen widersprüchlichen Begriffen. Speziell für den Zweck des Erkenntnisgewinns, des sauberen Denkens, forderte er:
ZITAT:
"Hiezu wird nun vor allem erfordert, daß in den Begriffen an sich betrachtet, nichts widersprechendes sey, damit man nicht etwann runde Vierecke, krummgerade Linien, Dinge, die gestern geschehen werden, und dergleichen Ungereimtheiten gleich anfangs in die Begriffe menge."[2]
"Hiezu wird nun vor allem erfordert, daß in den Begriffen an sich betrachtet, nichts widersprechendes sey, damit man nicht etwann runde Vierecke, krummgerade Linien, Dinge, die gestern geschehen werden, und dergleichen Ungereimtheiten gleich anfangs in die Begriffe menge."[2]
Unterschied zum Oxymoron
Eile mit Weile, stummer Schrei oder gelenkte Demokratie: solche rhetorischen Wendungen nennt man Oxymora. Bei einem Oxymoron werden zwei Worte auf widersprüchliche Weise verbunden. Während bei einer Contradictio ad adiecto eines der Worte ein Adjektiv sein muss, ist das bei einem Oxymoron nicht der Fall. Siehe auch unter Oxymora ↗
In der Mathematik und Physik
In der Mathematik und Physik gibt es viele Redewendungen oder Begriffe, die von der reinen Begrifflichkeit in sich widrsprüchlich sind. Der Grund ist meistens, dass zwei in Wirklichkeit gegenläufige Prozesse unter ein und derselben Rechenart oder Formel zusammengefasst werden können. Hier stehen einige Beispiele:
- Ein Elektron zeigt Teilchen- und Wellencharakter Teilchenwelle ↗
- Die Vielzahl konkurrenzloser Universen Multiversum ↗
- Der Graph von y=2^(-x) hat überall negative Steigung ↗
- Die Formel y=-2x+3 beschreibt ein Negatives Wachstum ↗
- Die Formel y=400 beschreibt ein Nullwachstum ↗
- Eine Kreisscheibe als 2D-Körper ↗
- Unsichtbares Licht Dunkellicht ↗
- Ein 2D-Würfel ↗
Fußnoten
- [1] Eine Contradictio in adiecto oder "Contradictio in adjecto" "bezeichnet einen begrifflichen Wiederspruch, der durch die Verbindung zweier konträrer Termini entsteht". Als Beispiele genannt werden "rundes Viereck" und "demokratische Diktatur". In: Metzler Philosophie Lexikon. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz-Peter Burkard. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart, Weimar, 1999. ISBN: 3-476-01679-X.
- [2] Beim Beispiel der Vakuumfluktuation muss man aber beachten, dass Physiker mit einem Vakuum nicht unbedingt ein vollkommenes Nichts bezeichnen. Das Vakuum im Sinne der modernen Quantenphysik hat durchaus Eigenschaften und es nicht vollkommen leer. Daher sind Begriffe wie Vakuumfluktuation oder Vakuumenergie nicht zwingend ein Contradictio in adiectio, nämlich dann nicht, wenn man Vakuum anders als ein perfektes Nichts definiert. Siehe auch Vakuumenergie ↗
- [3] Vor in sich widersprüchlichen Begriffen warnte schon um 1764 der Elsässer Physiker Lambert: "Hiezu wird nun vor allem erfordert, daß in den Begriffen an sich betrachtet, nichts widersprechendes sey, damit man nicht etwann runde Vierecke, krummgerade Linien, Dinge, die gestern geschehen werden, und dergleichen Ungereimtheiten gleich anfangs in die Begriffe menge." In: Johann Heinrich Lambert: Neues Organon oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein. Leipzig 1764. Dort im § 2 des Ersten Hauptstücks der Alethiologie: Von den einfachen oder für sich gedenkbaren Begriffen. Erkennt man die Widersprüchlichkeit des Wortes nicht, so entsteht als Effekt möglicherweise eine intelligent confusion ↗