WH54 20160101 Inventar Wurfrutsche
Physik
Lernwerkstatt
Basiswissen
Die Wurfrutsche Experimentiergerät für den horizontalen und schiefen Wurf im Einsatz in der Lernwerkstatt Mathematik in Aachen. Das Teil ist hier kurz beschrieben.
Grundidee der Wurfrutsche
In der Lernwerkstatt Mathematik in Aachen wird eine Wurfrutsche verwendet.
Sie ist etwa einen halben Meter hoch und einen halben Meter breit.
Die Rutschbahn ist näherungsweise parabelförmig.
Sie kann magnetisch an Tafeln befestigt werden.
Aussehen der Wurfrutsche
Der Grundkörper ist aus 20 mm starker Stegpappe gebaut.
Der eine parabelförmige und die 3 geraden Ränder der Stegpappe sind 2 mm starker Furnierholz verstärkt.
Auf der Rückseite sind etwa 30 cm lange selbstklebende Magnetstreifen angebracht.
Der gesamte Körper ist mit weißer Wandfarbe bestrichen.
Die Rollbahn ist gut 1,6 cm breit.
Als Kugelführung sind Balsa-Holz-Streifen am Bahnrand aufgeklebt.
Die Parabel ist gegeben über: y=65/2355x²
Die verwendeten Kugeln bestehen aus Stahl.
Es werden Durchmesser von 5 bis 15 mm verwendet.
Das Auffangen der Kugel
Hierzu dient der WH54 Lamellenfänger ↗
Eine gut 1 Meter lange schmale "Kiste" wird mit Magneten an der Tafel befestigt.
Sie ist in 5-cm breite Auffangsegmente unterteilt.
Die Unterteilung erfolgt mit Moosgummi-Lammellen.
Basteltipps
Die Furnierholzstreifen konnten gut mit UHU-Kleber befestigt werden.
Beim Streichen wölbt sich die Pappe. Gut ist: dünne Farblagen mit langer Trockenzeit auftragen.
Die Knickfreiheit der Rollbahn hat einen sehr, sehr großen Einfluß auf die Flugweite der Bälle.
Das aufgeklebte Furnierholz glättet Unebenheiten sehr gut.
Die Glattheit der Rollbahn hat einen sehr, sehr großen Einfluß auf die Flugweite der Bälle.
Die Bastelzeit inklusive einiger Fehlversuche betrug etwa 40 Stunden.
Ein Neubau würde vermutlich bei etwa 5 Stunden liegen.
Was ließe sich verbessern?
Vor allem die Reibung der Kugel beim Anrollen.
Es werden etwa 75 % der theoretisch erreichbaren Abfluggeschwindigkeit erreicht.
Bei typischen Skiflugschanzen liegt der Wert mit etwa 78 % in der Nähe.
Wäre eine andere (statt parabelförmig) Anlaufform besser?
Sollte man die Seitenführungen aus Holz durch anderes Material ersetzen?
Wäre eine Teflonkugel (kann man kaufen) auf einer Teflonbahn reibungsärmer?
Beispieldaten
- Datum: 24. Oktober 2018
- Ort: Wilhelmstraße 54, Aachen
- Raumtemperatur: etwa 20 Grad Celsius
Kugel
- Edelstahl
- Durchmesser: 12 Millimeter
- Masse: 7,0 Gramm
Wurfart
- Parabelförmige Rutsche
- Waagrechter Wurf
- Fallhöhe: 40 cm
Messung der Flugweite
- Die Kugel wurde von 5 cm langen Quaderbechern aufgegangen.
- Das heißt: die Flugweite wurde in 5 cm-Intervallen gemessen.
- Flugweite meint hier: die horizontale Komponente der Flugbahn.
Daten
- Spalte 1: Vertikale Höhe der Anlaufstrecke bis zum Abflugpunkt in cm
- Spalte 2: Gemessene horizontale Flugweite bei einer Fallhöhe von 40 cm
- Spalte 3: Theoretische Abfluggeschwindigkeit in Metern pro Sekunde
- Spalte 4: Theoretische Flugweite unter Vernachlässigung von Reibung gerundet auf cm
- Spalte 5: Korrigierte Flugweite, bei mit Faktor 0,75 reduzierter Abfluggeschwindigkeit
55 | 65-70 | 3,31 | 94 | 70
50 | 60-65 | 3,16 | 89 | 67
45 | 60-65 | 3,00 | 85 | 64
40 | 55-60 | 2,83 | 80 | 60
35 | 50-55 | 2,65 | 75 | 56
30 | 50-55 | 2,45 | 69 | 52
25 | 40-45 | 2,24 | 63 | 48
20 | 40-45 | 2,00 | 57 | 42
15 | 35-40 | 1,73 | 49 | 37
10 | 30-35 | 1,41 | 40 | 30
05 | 20-25 | 1,00 | 28 | 21
Berechnung der Flugweite
- Das ist die Zahl in Spalte 3.
- Anrollhöhe aus Spalte 1 liefert über 0,5mv²=mgh die theoretische Abfluggeschwindigkeit.
- Fallhöhe 0,4 m liefert über s=0,5*g*t² die Falldauer
- Abfluggeschwindigkeit mal Falldauer gibt die theoretische Flugweite:
- Theoretische Flugweite = 2 mal Wurzel aus (Anrollhöhe mal Falltiefe).
Vergleich mit Skisprungschanze
- Daten einer typischen Skisprungschanze:
- Anlauflänge (der geneigten Bahn): etwa 90 m
- Neigungswinkel etwa 35 Grad, also Höhenunterschied beim Anlauf von etwa 52 Meter.
- Das ergibt eine theoretische Abfluggeschwindigkeit von etwa 32 m/s.
- Typische gemessene Abfluggeschwindigkeiten von 90 km/h, also 25 m/s.
- Der kinetische Wirkungsgrad liegt also bei etwa 78 %.
- 78 % der theoretischen Geschwindigkeit wird erreicht.
Zeitlupenaufnahme
- Von einzelnen Kugelflügen wurden Zeitlupenaufnahmen gemacht.
- Vom bloßen Ansehen scheinen die Flugbahnen gute Parabeln darzustellen.
- Das heißt, dass der Luftwiderstand vermutlich keine große Rolle spielt.
Diskussion
- Die gemessenen Werte weichen deutlich von den theoretischen Werten ohne Reibungsverluste ab.
- Eine Korrekturfaktor von 0,67 bezüglich der Abfluggeschwindigkeit ergibt eine sehr gute Annäherung.
- Etwa 67 % der theoretischen Abfluggeschwindigkeit wird auch tatsächlich erreicht.
Fazit
- Der Versuch kann über einen Korrekturfaktor einigermaßen brauchbare Formeln liefern.
- Möglicherweise können die Reibungsverluste auf der Rollbahn verringert werden.
- Als mögliches Ziel können bessere Wirkungsgrade von Skisprungschanzen dienen.
Fußnoten
- [1] Schon Galileo hat recht exakte Versuche über den waagrechten Wurf angestellt. Bei vierfacher Absprunghöhe würde sich die Flugweite verdoppeln. Das passt gut auf die modernen Gesetze. In: Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Mit Beiträgen von Volker Bialas und Felix Schmeidler. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Dort die Seiten 143 und 144.
- [2] Von Galilei sind Skizzen überliefert, aber keine Messreihen, in denen man verschiedene Flugbahnen von einem gemeinsamen Absprungpunkt am Ende einer waagrechten Absprungschanze sieht. In: St. Drake: Galileo's experimental confirmation of horizontal inertia: Unpublished manuscripts. In: Isis, Band 64, 1973, Seiten 291 bis 305.