Seepocke
Krebs
Basiswissen
Als Seepocke bezeichnet man kleine Krebse mit fester Schale. Seepocken sind an der Nordsee sehr häufig und vielen Urlaubern gut bekannt. Sie überziehen Steine, Muschelschalen oder Buhnen mit einem scharfkantigen Belag. Die Seepocken gehören zu den Rankenfußkrebsen (Cirripedia).
Was ist eine Seepocke?
- Eigentlich ist das ein sehr kleiner Krebs.
- Das Fachwort ist Rankenfußkrebese, Latein: Cirripedia
- Dieser Krebs lebt in einer scharfkantigen kleinen Schalen.
- Die Schalen überwuchern oft massenhaft Steine und Bunen.
- Im Trockenen kann man den Krebs selbst nicht sehen.
- Unter Wasser öffent er aber oft sein Gehäuse.
Wie lebt die Seepocke?
- Wenn Wasser über die Schalen kommt, dann öffnen sie sich.
- Dann streckt der Krebs fischend kleine Füße, die Cirren, nach außen aus.
- Diese Art der Nahrungsbeschaffung heißt filtrieren.
Wo kann man lebende Seepocken beobachten?
Ein guter Ort für eine Beobachtung ist ein Seewasseraquarium. Viele größere Museen auf dem Festland (etwa Wilhelmshaven) sowie auch die Nationalparkhäuser an der Nordseeküste haben oft ein Seewasseraquarium. Aber auch Gezeitentümpel sind ein guter Ort für Beobachtungen.
Seepocken im Seewasseraquarium des Nationalparkhauses Wangerooge sowie in freier Wildbahn in einem Gezeitentümpel.[6]
Beobachtet man lebende Rankenfußkrebse während ihrer Fangtätigkeit, kann man interessante Variationen der Bewegungen erkennen. Im Juli 2023 hat der Autor Ruderfußkrebse sowohl in einem Aquarium wie auch einem Gezeitentümpfel beobachtet.
- Die Tiere im Aquarium bewegten sich auffällig langsamer als die Tiere im Gezeitentümpel.
- Die Tiere im Aquarium bewegten die Gehäuseklappen mit, die Tiere im Gezeitentümpel nicht.
Sind die Tiere unter Wasser immer aktiv?
Nein, an Gezeitentümpeln auf der Nordseeinsel Wangerooge machten wir die Beobachtung, dass sie oft lange Zeit die Schalen geschlossen haben, obwohl sie von Wasser überspült sind. Möglicherweise nehmen sie wahr, ob noch Nahrung im Wasser vorhanden ist. Ist ein Tümpel dann sozusagen leergefischt, könnten sie das Filtrieren einstellen. Das ist aber nur eine Vermutung.
Ist die Seepocke "degeneriert"?
Im Vergleich zu den aktiven, manchmal neugierig erscheinenden Krabben und Garnelen, häufige Nachbarn in den Gezeitentümpeln, erscheint das Leben der Seepocken dumpf und ereignislos. Sind sie vielleicht eine "degenerierte" Lebensform? I
Degeneriert heißt so viel wie zurück entwickelt, primitiver geworden. Es gibt einerseits die Vorstellung, dass die biologische Evolution zu immer komplexeren Lebensformen führt, es also eine ständige "Höherentwicklung" gibt. Die aber Seepocke ist möglicherweise ein Gegenbeispiel für eine ständige Höherentwicklung in der Evolution.
Das Phänomen wurde bereits von Charles Darwin ausführlich untersucht.[3] An der Seepocke kann man verschiedene Degenerationen ursprünglich vorhandener Fähigkeiten erkennen. Als Krebstiere hatten die Vorfahren der Seepocken die Fähigkeit sich schnell bewegen zu können. Auch hatten sie wahrscheinlich ausgeprägte Sinnesorgane, zum Beispiel Augen. Beide Fähigkeiten, die Bewegung und das Sehen, sind bei der Seepocke stark zurückgebildet. Beweglich ist sie nur noch als sehr jungens Tier. Und die Sehfähigkeit ist wahrscheinlich beschränkt auf eine einfache Hell-Dunkel-Wahrnehmung. Trotz oder gerade durch diese Degeneration konnte sie sich aber umso besser an ihren heutigen Siedlungsraum anpassen: brandungsumtoste Uferbereiche der Weltmeere. Die oft genannte Fitness der Evolution, lebenstüchtige Anpassung an den Lebensraum, kann also auch mit einer Degeneration einher gehen. Im Zusammenhang mit der erdgeschichtlichen Entwicklung von Lebewesen bezeichnet man eine solche Art der Degeneration als regressive Evolution ↗
Fußnoten
- [1] Lindell Bromham: Comparability in evolutionary biology: The case of Darwin’s barnacles. In: Linguistic Typology, vol. 24, no. 3, 2020, pp. 427-463. https://doi.org/10.1515/lingty-2020-2056
- [2] Charles Darwin: Living Cirripedia, A monograph on the sub-class Cirripedia, with figures of all the species. The Lepadidae; or, pedunculated cirripedes. London: The Ray Society 1852.
- [3] Charles Darwin: Living Cirripedia, The Balanidae, (or sessile cirripedes); the Verrucidae. The Ray Society, London 1854.
- [4] Charles Darwin: Fossil Cirripedia of Great Britain: A monograph on the fossil Lepadidae, or pedunculated cirripedes of Great Britain. London: Palaeontographical Society 1851.
- [5] Charles Darwin: A monograph on the fossil Balanidae and Verrucidae of Great Britain. Palaeontographical Society, London 1855.
- [6] Eine ausführliche Beschreibung zu dem kurzen Film steht auf: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rankenfußkrebse_(lebend).webm