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Bremsleistung berechnen

Physik

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Basiswissen


Man berechnet die Bewegungsenergie (kinetische Energie) vor dem Bremsen und danach. Dann bildet man daraus die Differenz. Dieses Ergebnis teilt man durch die Dauer des Bremsvorgangs. Das Ergebnis ist die mittlere Bremsleistung, auch durchschnittliche Bremsleistung genannt. Die Bremsleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt hingegen ist die momentane Bremsleistung. Beide Varianten sind hier erklärt.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Bei etwa 22 km/h, 80 kg Masse und einer Vollbremsung in etwa 2 Sekunden: gut 700 Watt Bremsleistung. Diese Leistung kann man mit Hilfe von Hydraulik-Bremsen leicht aufbringen. Schwieriger ist es dabei, das Fahrrad kontrolliert zu steuern. © Carstor ☛


Rechenansatz


Bremens heißt: Abbau von Bewegungsenergie, also eine Vernichtung von kinetischer Energie. Berechnet man zuerst die Differenz zwischen der Bewegungsenergie direkt vor dem Bremsen und direkt danach, hat man die zu Energiemenge in Joule, die man durch Bremsen vernichten will. Dann dividiert man diese Energiemenge durch die Dauer des Bremsvorgangens, also durch die Bremszeit, zum Beispiel in Sekunden. Das Ergebnis gibt dann die Joule Energie, die man durchschnittlich in jeder Sekunde abbauen muss. Dieser Zahlenwert in J/s ist dann die zum Bremsen nötige Leistung ↗

Realistische Daten


Für Räder im Alltag ist die Bremsleistung indirekt über den maximal nötigen Bremsweg definiert. Die DIN EN ISO 4210-2, eine Norm, legt fest, dass Alltagsfahrräder bei einer Anfangsgeschwindgkeit von 25 km/h nach höchstens 7 Metern stehen müssen. Geht man von einer Masse eines Radfahrers von 70 kg und einer Masse eines Fahrrades von 10 kg aus, so kommt man auf eine Gesamtmasse von 80 kg, die abgebremst werden muss.

Gesetzliche Forderung: 25 km/h Geschwindigkeit am Anfang, maximal 7 m Bremsweg gibt etwa 3,5 m/s² als bremsende Beschleunigung

Die 25 km/h sind rund 6,94 m/s. Um bequemere Zahlen für die folgenden Beispiele zu haben, nehmen wir als Anfangsgeschwindigkeit 6 m/s an. Als Beschleunigung nehmen wir 3 m/s² an. In jeder Sekunde werden also 3 m/s Geschwindigkeit abgebaut. Damit kommt man auf eine Bremsdauer von 2 s. Das führt dann über s=½at² auf eine Bremsstrecke von 6 m.

Als einfaches Beispiel: 6 m/s Anfangsgeschwindigkeit, 3 m/s Beschleunigung, 2 s Bremsdauer, 6 m Bremsweg

Es wurde angenommen, dass die Verzögerung gleichmäßig ist, also pro Zeit immer dieselbe Menge an Geschwndigkeit abgebaut wird. Ob das zutrifft ist unsicher. Die hier gleich berechneten werden können also unter den tatsächlichen Spitzewerten liegen. Sie geben aber zumindest eine Größenordnung an. Um genauere Werte zu erhalten könnte man zum Beispiel den Bremsvorgang eines echten Radfahrers mit einer hohen Bildwiederholrate (200 fps) mit einer Kamera filmen. Damit hätte man 200 Bilder pro Sekunde. Anschließend könnte man die Änderung der Geschwindigkeit für sehr kleie Zeitdauern abschätzen. Damit käme man auf näher an die realen Spitzenwert der Bremsbeschleunigung heran.

Mittlere Leistung


Angenommen ein Radfahrer fährt eine (gemütliche) Geschwindigkeit von etwa 22 km/h, das sind umgerechnet rund 6 Meter pro Sekunde. Benutze zum rechnen am besten immer die sogenannten SI-Einheiten. Nehmen wir weiter an, Fahrer und Rad wiegen zusammen 80 kg. Die gewünschte Bremsdauer soll 2 Sekunden betragen. Dann kann man wie folgt rechnen.

Rechnung

  • Gegeben: 6 m/s, 80 kg, 2 s
  • Bewegungsenergie am Anfang: ½mv² also ½·80·6² gibt 1440 Joule ↗
  • Bewegungsenergie am Ende: ½mv² also ½·80·0² gibt 0 Joule ↗
  • Statt 720 Joule pro Sekunde sagt man auch 700 Watt ↗

Vergleich

Für einen Radfahrer wären 700 Watt als Tretleistung eine enorm große Leistung. Radprofis bringen über mehrere Stunden 200 Watt auf, bei Sprints auch 500 Watt. Normale Menschen erreichen auf einem Hometrainer in einer Fitnesseinrichtung selten über 300 Watt, für die meisten sind 100 Watt auf dem Hometrainer schon ganz ordentlich. Siehe auch Fahrradprofi ↗

Deutung

Die hier beschriebene Rechenweise gibt nicht die momentane Bremsleistung zu jedem genauen Zeitpunkt wieder. Das Ergebnis steht vielmehr für die mittlere, das heißt die durchschnittliche Bremsleistung über die Gesamtdauer des Bremsvorgangs. Wie groß der Unterschied zwischen der momentanen und der mittleren Bremsleistung sein kann, verdeutlicht folgende Betrachtung.

Wir gehen von einer konstanten, das heißt gleichmäßigen Verzögerung aus: wenn die Anfangsgeschwindigkeit von 6 m/s in 2 Sekunden mit einer konstanten Verzögerung abgebaut werden soll, kommt man auf eine Verzögerung von 3 m/s². Betrachten wir nun zwei sehr kleine Zeiträume, die erste tausendstel Sekunde am Anfang und die letzte tausendstel Sekunde am Ende des Bremsvorgangs mit dieser angenommenen konstanten Verzögerung:

Erste 1/1000 s

  • Gebremste Masse: 80 kg
  • Verzögerung: 3 m/s²
  • Bremsdauer: 0,001 s
  • Anfangsgeschwindigwindig: 6,000 m/s
  • Endgeschwindigkeit: 5,997 m/s
  • Kinetische Energie am Anfang: 1440,000000 J
  • Kinetische Energie am Ende: 1433,560360 J
  • Mittlere Bremsleistung: 1439,64 W

Letzte 1/1000 s

  • Gebremste Masse: 80 kg
  • Verzögerung: 3 m/s²
  • Bremsdauer: 0,001 s
  • Anfangsgeschwindigwindig: 0,3 m/s
  • Endgeschwindigkeit: 0,0 m/s
  • Kinetische Energie am Anfang: 3,6 J
  • Kinetische Energie am Ende: 0,0 J
  • Mittlere Bremsleistung: 36 W

Benutzte Formeln


Am Anfang des Bremsvorgangs bremst man also mit fast 1400 Watt oder 1,4 Kilowatt. Am Ende des Bremsvorgangs hingegengen geht die Bremsleistung Richtung 0 Watt. Bei konstanter Bremskraft und damit auch konstanter Verzögerung (F=m·a) ist die Bremsleistung also am Anfang am höchsten nimmt dann linear mit der Zeit weiter ab.

Bei gleichmäßiger Bremskraft ist die Bremsleistung am Anfang doppelt so hoch wie die mittlere Bremsleistung!

Die größtmögliche momentane Bremsleistung zu kennen kann sehr wichtig werden. Wenn man zum Beispiel die Erhitzung der Radfelgen oder der Bremsbacken berechnen möchte, und die Hitze nicht sehr schnell vom Material abtransportiert werden kann, interessiert eher die momentane Bremsleistung. Es droht eine Beschädigung des Materials, zum Beispiel erkennbar an Rauch- oder Geruchsentwicklung. Kann die Bremswärme aber schnell an ein großes Wärmereservoir abgegeben werden, interessiert eher die mittlere Bremsleistung. Hier muss man sich im Einzelfall sehr genau überlegen, was physikalisch wichtig ist.

Momentane Leistung


Die momentante Bremsleistung gibt direkt die beim Bremsen umgesetzte Energie pro Zeit für einen Zeitpunkt. Die Formel dafür ist:

  • P = F·v
  • P = m·a·v

Mit

  • P = die momentane Bremsleistung [z. B. in Watt]
  • F = die momentan wirkende Bremskraft [z. B. in Newton]
  • a = die momentane Verzögerung [z. B. in m/s²]
  • v = die momentane Geschwindigkeit [z. B. in m/s]

Zusammenhang

Nach Newtons drittem Axiom gilt F=ma. Damit kann man bei der ersten Formel oben die Kraft F auch durch das Produkt von Masse und Beschleunigung erstetzen. Siehe auch F=ma ↗

Rechenbeispiel

Wir betrachten wieder den Radfahrer mit 80 kg und einer Anfangsgeschwindigkeit von 6 m/s. In ingesamt 2 Sekunden soll er mit einer gleichbleibenden Verzögerung von 3 m/s² zum Stillstand kommen. Da er in jeder Sekunde 3 m/s an Geschwindigkeit verliert oder in ½ Sekunde 1,5 m/s, kann kan folgende Reihe aufstellen:

  • Nach 0,0 s: v=6,0 m/s -> P=1440 W
  • Nach 0,5 s: v=4,5 m/s -> P=1080 W
  • Nach 1,0 s: v=3,0 m/s -> P=720 W
  • Nach 1,5 s: v=1,5 m/s -> P=360 W
  • Nach 2,0 s: v=0,0 m/s -> P=0 W

Bei konstanter Bremskraft ist auch die Verzögerung Konstant. Damit wird die Bremsleistung zu einer linearen Funktion der Bremsdauer. Das kommt durch die obige Rechenreihe gut zum Ausdruck. Siehe mehr unter Bremsleistung ↗

Einheitenbetrachtung

Interessant ist es noch, die Einheiten ganz losgelöst von den Zahlenwerten zu betrachten. Wenn die Einheiten einer Seite einer Gleichung so umgewandelt werden können, dass sie identisch mit den Einheiten auf der anderen Seite des Gleichheitszeichens sind, dann kann die Gleichung stimmen. Gelingt die Umwandlung nicht, ist die Gleichung auf jeden Fall falsch.

P = m·a·v

Die Einheit der Leistung P ist das Watt oder auch J/s. Die Einheit der Masse m ist kg, die Beschleunigung a hat die Einheit m/s². Und die Geschwindigkeit v hat die Einheit m/s. Damit kann man für die Einheite schreiben:

  • J/s = kg·(m/s²)·(m/s) | Joule in SI-Einheiten umwandeln (nachschlagen)
  • kg·(m/s²)·m/s = kg·(m/s²)·(m/s) | vereinfachen
  • kg·m²/s³ = kg·m²/s³ ✓

Ein sicherer Weg um die Gleichheit von Termen mit vielen verschiedenen Einheiten zu vergleichen ist es, die Einheiten wie Joule, Watt oder Newton immer auf die 7 sogenannten SI-Eineiten zurückzuführen. Siehe auch SI-Einheiten ↗

Hitzewirkung


Für mehrere Fragestellung ist es nützlich, die Bremsleistung zumindest grob abgeschätzt zu haben. Mechanische Bremsen, aber auch Wirbeltrombremsen erhitzen sich beim Bremsen. Sie wandeln die Bewegungsenegie um in Wärme. Dabei erhitzen sich die Bremsen selbst. Die Bauteil können dabei rotglühend werden und sich selbst zerstören (schmelzen). Auch etwa Bremsfett bei Rücktrittbremsen von Fahrrädern kann verbrennen. Hier interessiert also letztendlich die Frage: wie heiß wird eine Bremse bei einem bestimmten Bremsvorgang. Halten die Bauteile das aus?

Raumfähren


Tritt eine Raumfähre oder ein anderes Raumschiff vom Weltraum kommend in die Erdatmosphäre ein (etwa 100 km Höhe über dem Boden), dann wird es sehr schnell und sehr stark durch die Luftmoleküle abgebremst. Die durchschnittliche Bremsleistung für die Raumfähre Space Shuttle kommt dabei in den Bereich der Leistung eines Standard-Atomkraftwerkes, rund 800 Megawatt. Siehe dazu unter Wiedereintritt ↗

Meteoriten


Schlägt ein Meteorit oder Asteroid (sehr groß) auf die Erdoberfläche ein, werden in kürzester Zeit extrem hohem Bewegungsenergien abgebaut. Das sich die Energie nicht sofort ausreichend weit räumlich verteilen kann, kommt es momentan zu sehr hohen Energiedichten. Diese haben eine explosive Kraft mit großer zerstörerischer Wirkung. Lies dazu unter Impakt ↗

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