Reversibler Prozess
Thermodynamik
Basiswissen
Als reversible bezeichnet man einen Prozess, der in einem abgeschlossenen System vollständig so umkehrbar ist, dass am Ende keine Veränderungen im System gegenüber dem Anfangszustand bestehen bleiben. Ein System im Sinne der Physik gilt als abgeschlossen, wenn keinerlei Austausch zwischen dem System und seiner Umwelt möglich ist. Das ist hier kurz mit einem historischen Zitat vorgestellt.
Originalzitat auf Englisch von 1875
Die thermodynamischen Gesetze wurden in den 1840er bis 1850er Jahren entwickelt und ausformuliert. Sie bildeten eines der Fundamente der sogenannten klassischen Physik. Gute Erklärungen zu Prinzipien findet man oft aus Büchern der Zeit, in denen ein Prinzip neu entwickelt wurde. Eine solche Beschreibung irreversibler Prozesse gaben zum Beispiel die zwei schottischen Naturwissenschaftler Balfour und Tate: "The term reversible is not here used in the popular sense in which a mere reversal of the direction of motion of each part ist contemplated, i. e. what would be more properly termed 'backing', it is used in the higher sense of taking an engine which converts a certain quantity of heat spent on it into work, while it lets the rest down from the boiler to the condenser, and then changing or converting it into an engine upon which the same amount of work is spent with the result of taking back the heat from the condenser, adding to it the heat-equivalent of the work so spent, and thus restoring the whole of its original loss in heat to the boiler; simply in fact reversing all the results of the direct action."[1]
Eigene Übersetzung ins Deutsche
Das Wort reversibel wird hier nicht in seiner umgangssprachlichen Bedeutung als bloße Umkehrung einer Bewegungsrichtung betrachtet. Es wird benutzt im allgemeineren Sinn einer Maschine welche eine bestimmte Menge an Wärme in Arbeit umwandelt, während der Rest der Wärme vom Kessel in den Kondensator übergeht. Und dann wird diese Menge Arbeit in einer Maschine wieder so verwendet, dass im Endergebnis die Wärme aus dem Kondensator zurückgewonnen wird. Ergänzt um die Wärmemenge der verwendeten Arbeit, wird der ganze ursprüngliche Wärmeverlust wieder dem Kessel zugeführt, was im Endeffekt einfach alle Aktionen wieder rückgängig macht.
Fußnoten
- [1] Balfour Stewart and Peter Tait: The Unseen Universe. Or Physical Speculations on a Future State. Macmillan and Company. London. 1875. Seite 84.
- [2] Eine längere Herleitung der Idee reversibler rozesse gab Max Planck im Jahr 1908: "Während das Energieprinzip den Ablauf der natürlichen Vorgänge dadurch begschränkt, daß es niemals Schöfpung oder Vernichtung von Energie, sondern nur Umwandlugnen von Energie zuläßt, geht der zweite Hauptsatz in der Beschränkung noch weiter, indem er nicht alle Arten von Umwandlungen, sondern gewisse nur unter gewisen Bedingungen gestattet so läßt sich mechanische Arbeit ohne weiteres in Wärme verwandeln, zum Beispiel durch Reibung, aber nicht umgekehrt Wärme ohne weiteres in Arbeit. Wäre das nämlich mögich, so könnte man etwa die Wärme des Erdbodens, die uns ja unbeschränkt zur Verfügung steht, zum Antrieb eines Motors verwenden und hätte dabei den doppelten Vorteil, diesen Motor, da er den Erdboden abkühlt, zugleich als Kältmeaschine benutzen zu können. Aus der erfahrungsgemäßen Unmöglichkeit eines derartigen Motors, der auch als ein Perpetuum mobile zweiter Art bezeichnet wird, geht nun mit Notwendigkeit hervor, daß es Vorgänge in der Natur gibt, die auf keinerlei Weise vollständig rückgängig gemacht werden können. Denn ließe sich zum Beispiel ein Reibungsvorgang, durch welchen mechanische Arbeit in Wärme verwandelt worden ist, mit Hilfe irgendeines, wenn auch noch so komplizierten Apparats auf irgendeine Weise wirklich vollständig rückgängig machen, so wäre eben der betreffene Apparat nichts anderes als der vorhin geschilderte Motor: ein Perpetuum mobile zweiter Art. Dies erhellt unmittelbar, wenn man sich deutlich vorstellt, was der Apparat leisten würde Verwandlung von Wärme in Arbeit ohne jegliche anderweitig zurückbleibende Veränderung. Nennen wir einen solchen Vorgang, der sich auf keinerlei Weise vollständig rückgängig machen lässt, einen irreversiblen Prozeß, alle übrigen Vorgänge reversible Preozesse, so treffen wir gerade den Kernpunkt des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie, wenn wir sagen, daß es in der Natur irreversible Prozesse gibt. Demnach haben die Veränderungen in der Natur eine einseitige Richtung mit jedem einzelnen irreversiblen Prozeß macht die Welt einen Schritt vorwärts, dessen Spuren unter keinen Umständen vollständig zu verwischen sind. Beispiel für irreversible Prozesse sind außer der Reibung die Wärmeleitung, die Diffusion, die Elektrizitätsleitung, die Emission von Licht- und Wärmestrahlung, der Atomzerfall radioaktiver Substanzen u. a. Beispiele reversibler Prozesse sind dagegen die Planetenbewegung, der freie Fall im luftleeren Raum, die ungedämpfte Pendelbeweung, die Fortpflanzung von Licht- und Schallwellen ohne Absorption und Beugung, die ungedämpften elektrischen Schwungen u. a." In: Die Einheit des physikalischen Weltbildes. Vortrag, gehalten am 9. Dezember 1908 in der naturwissenschaftlichen Fakultät des Studentenkorps an der Universität Leiden.