Kältetod
Physik
Basiswissen
In der Kosmologie ist der kosmische Kältetod[1] oder der Big Freeze[2] oder auch Wärmetod[3] eine „Abkühlung aller warmen oder heißen Bestandteile (z. B. Sterne des Weltalls auf eine gemeinsame niedrige, im Weltall gleiche, Temperatur". In der Geologie steht das Wort auch für ein Erstarren der Erde, etwa in Folge eines Atomkriegs[4], geologischer Eiszeiten[5] oder für einen hypothetischen und dystopischen Endzustand der Erde.[6]
Der Kältetod der Kosmos
Im 19ten Jahrhundert, im Zeitalter der industriellen Revolution, betrachteten Physiker und Techniker, wie man Dampfmaschinen effizienter machen könnte. Eine Frage mit großer praktischer Bedeutung war es, wie man aus der Wärmeenergie des Dampfes möglichst viel nutzbare Arbeit machen kann. Die Arbeit könnte zum Beispiel dazu dienen Maschinen in Fabriken, Pumpen in Bergwerken, Lokomotiven oder Dampfschiffe anzutreiben. Über diese Betrachtungen schälte sich der zweite Hauptsatz der Thermodynamik[8] heraus. Eine Konsequenz war, dass über den gesamten Kosmos betrachtet sich die Temperaturdifferenzen mit der Zeit ausgleichen. Und wenn überall im Kosmos dieselbe Temperatur herrscht, gibt es keine Quelle an nutzbarer Energie mehr für mechanische Arbeit. Und Damit ist Leben wie wir es kennen auch die Grundlage entzogen. Diesen Endzustand nannte man den Kältetod[1], da er bei nur wenigen Grad über dem absoluten Nullpunkt liegt. Vom jetzt schon sehr kalten Universum aus gesehen wäre der Endzustand aber eine leichte Erwärmung, weshalb man denselben Zustand auch als Wärmetod bezeichnet.[3] In der heutigen physikalischen Betrachtungen spielt dabei auch die dunkle Energie eine Rolle und man spricht vom Big Freeze.[2] Siehe mehr unter Wärmetod ↗
Der Kältetod als atomarer Winter
Bei großen Explosionen werden oft auch große Mengen an Staub in hohe Schichte der Erdatmosphäre geschleudert. Dort halten die kleinen Teilchen sie viele Monate lang auf und werden dabei über die ganze Erde verteilt. Eine Folge dieser Stauwolken ist eine Verdunklung und eine Abblockung von Sonnenstrahlen. Es wird dunkler und kälter. Dies geschah sehr wahrscheinlich nach dem Einschlag des Asteroiden, der die Dinosaurier auslöschte[9], und weit zurück in der Steinzeit möglicherweise auch beim Ausbruch des Toba-Vulkans[10]. Eine ähnliche Auswirkung hätte die Explosionen vieler Atombomben, etwa in Folge eines Atomkrieges.[4] Man spricht dann auch von einem atomaren oder nuklearen Winter.
Der Kältetod als Schneeball-Erde
Über die Jahrmilliarden der Geschichte der Erde kam es mindestens zwei Mal dazu, dass die ganze oder fast die ganze Erdoberfläche von einer Eisschicht bedeckt war. In der Geologie spricht man von der Schneball-Erde (snowball earth).[5] Zu dieser Zeit gabe es auf der Erde noch keine größeren Tiere und überhaupt keine Landlebewesen. Als Ursache dieser globalen Vereisung gilt der Anstieg des Gehaltes von Sauerstoff in der Atmosphäre. Vom Kältetod befreit wurde die Erde wahrscheinlich durch starke vulkanische Aktivitäten, verbunden mit der Freisetzung von viel CO2 als wärmendes Treibhausgas. Siehe auch Schneeball-Erde ↗
Der Kältetod als dystopischer Endzustand
Im Laufe des 19ten Jahrhunderts waren die ungeheuerlich großen Zeiträume, über die sich die Vergangenheit und wahrscheinlich auch die Zukunft erstrecken, langsam ins Bewusstsein der Öffentlichkeit vorgedrungen. Man begann sich zu fragen, was das Schicksal der Menschheit in geologisch groß gedachten Zeiträumen sein könnte. In dem kleinen Roman La fin du monde[6][7], auf Deutsch das Ende der Welt, lässt der Autor Camille Flammarion die Erde verschiedene hypothetische Tode sterben.
In einer fernen Zukunft wird die Erde wegen fehlenden Wasserdampfes in der Luft abkühlen. Unsere Nachfahren werden eines jämmerlichen Kältetodes sterben, so eine düstere Vision aus dem Jahr 1894.
So wird zum Beispiel argumentiert, dass die geringe Anzahl von Wassermolekülen in der Luft der Erde doch für einen großen Teil der aufgenommen Wärme von der Sonne verantwortlich ist.[11] Und über die Jahrmillionen der Erdgeschichte gesehen wird der Wasserdampf in der Atmsphäre abnehmen. In einer fernen Zukunft von vielleicht 10 Millionen Jahren wird dann so wenig treibhauswirksamer Wasserdampf in der Lufthülle der Erde übrig sein, dass die Erde einen Zustand wie der des Mondes erreicht.[12]
Fußnoten
- [1] Der Kältetod ist eine "Abkühlung aller warmen oder heißen Bestandteile (z. B. Sterne) des Weltalls auf eine gemeinsame niedrige, im Weltall gleiche, Temperatur." Ein Ergebnis davon ist, dass "alle thermischen Prozesse […] zum Erliegen [kommen]. Und weiter folgt, nach "dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik […] für ein abgeschlossenes System auch, daß alle in diesem System vorkommenden Temperaturdifferenzen ausgeglichen werden" und zwar solange, bis "eine einheitliche Ausgleichstemperatur erreicht ist". In dieser Argumentation wird davon augegangen, "daß das Weltall ein abgeschlossenes thermodynamisches System ist" In: der Artikel "Kältetod". Spektrum Lexikon der Physik. 6 Bände. Greulich, Walter (Hrsg.) Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin. 1998-2000. Siehe auch Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik ↗
- [2] "It was recently found that dark energy [...] may lead to a new form of a cosmic doomsday, the Big Freeze singularity." In: Yurov, A.V., Astashenok, A.V. & González-Díaz, P.F. Astronomical bounds on a future Big Freeze singularity. Gravit. Cosmol. 14, 205–212 (2008). Siehe auch Big Freeze ↗
- [3] Von einem "Standpunkt kälterer Systeme hingegen erfolgt eine Erwärmung des Weltalls". Daher spricht man statt vom Kältetod auch vom "Wärmetod". In: der Artikel "Kältetod". Spektrum Lexikon der Physik. 6 Bände. Greulich, Walter (Hrsg.) Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin. 1998-2000. Siehe auch Wärmetod ↗
- [4] Der Kältetod als Folge eines Atomkriegs: Michael Odenwald: Nach der Explosion kommt der Kältetod. In: Focus Online. 13.11.2013. Online: https://www.focus.de/wissen/natur/katastrophen/nach-der-explosion-kommt-der-kaeltetod-atomkrieg_id_2266919.html
- [5] In einem geologischen Rahmen steht der Kältetod für eine kompletette Vereisung der Erde in früher erdgeschichtlicher Zeit. Vor rund 2,2 bis 2,4 Milliarden Jahren war die Erde auf dem Weg zu einer völligen Vereisung, aber vor "dem Kältetod “gerettet” wurde die Erde dann vermutlich durch Vulkanausbrüche, die zu erhöhter Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre führten." In: Jürgen Paeger: Schneeball Erde. Die Beinahe-Katastrophe vor 750 Millionen Jahren. Stand 2022. "Online: https://www.oekosystem-erde.de/html/klimageschichte.html
- [6] Camille Flammarion: La fin du monde. Paris. 1894. Online: https://www.ebooksgratuits.com/pdf/flammarion_fin_du_monde.pdf
- [7] Camille Flammarion: Omega: The Last days of the World. Übersetzung von: La fin du monde. Online: https://www.gutenberg.org/cache/epub/57489/pg57489-images.html
- [8] "Wärme kann nicht von selbst von einem Körper niedriger Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur übergehen". Oder: ""it is impossible by means of inanimate material agency to derive mechanical effect from any portion of matter by cooling it below the temperatur of the coldest of the surrounding objects." In: Balfour Stewart and Peter Tait: The Unseen Universe. Or Physical Speculations on a Future State. Macmillan and Company. London. 1875. Seite 84. Siehe auch zweiter Hauptsatz der Thermodynamik ↗
- [9] Der Asteroid, der die Dinosaurier vor etwa 66 Millionen Jahren auslöschte führte wahrscheinlich zu einer jahrelangen Abkühlung der Erde. Der Asteroid hinterließ den heute so genannten Chicxulub-Krater ↗
- [10] - [1] Chesner, C.A.; Westgate, J.A.; Rose, W.I.; Drake, R.; Deino, A: Eruptive History of Earth's Largest Quaternary caldera (Toba, Indonesia) Clarified. In: Geology. 19 (3): 200–203. 1991. Siehe auch Toba-Vulkan ↗
- [11] "C'est la vapeur d'eau invisible répandue dans l'air qui exerce la plus grande influence sur la température. Sans doute, la quantité de cette vapeur parait faible et presque négligeable, puisque l'oxygène et l'azote forment à eux seuls les 99 centièmes et demi de l'air que nous respirons, et que dans le demi centième restant il y a, outre la vapeur d'eau, de l'acide carbonique, de l'ammoniaque et d'autres substances. Il n'y a guère plus d'un quart de centième de vapeur d'eau. En considérant les atomes constitutifs de l'air, le physicien constate que, sur deux cents atomes d'oxygène et d'azote, il y en a à peine un de vapeur aqueuse. Mais cet atome a quatre-vingts fois plus d'énergie absorbante que les deux cents autres." Dann wird Wasserdampf als Treibhausgas beschrieben: "La chaleur rayonnante du Soleil vient échauffer la surface de la Terre après avoir traversé l'atmosphère. Les ondes de chaleur qui émanent de la Terre échauffée ne vont pas se perdre dans l'espace extérieur : elles se heurtent aux atomes de vapeur d'eau comme à un plafond qui les arrête et les conserve à notre planète." Ein Molekül Wasser hat die 6000-fache Klimawirkung wie ein Molekül der sonstigen Luft: "Les molécules d'oxygène et d'azote d'air sec, ne s'opposent pas à la déperdition de la chaleur. Mais, comme nous venons de le dire, une molécule de vapeur d'eau a quatre-vingts fois plus d'énergie absorbante que les deux cents autres d'air sec et, par conséquent, une telle molécule a seize mille fois plus de puissance qu'une molécule d'air sec pour conserver la chaleur!" Der Autor extrapoliert dann, dass über die Zeiten der Erdgeschichte der Wassergehalt ständig zurück gegangen sei. Entsprechend wird eine Zeit kommen, in der auch weniger Wasserdampf in der Atmosphäre sein wird. Und das führt dann zum Kältetod, dem auch die Menschheit nicht entgehen kann: "Dans les habitations humaines, le fer et le verre s'étaient substitués à la pierre et au bois, et les villes comme les villages semblaient être de cristal. Aux avantages de cette architecture s'était imposée, vers la fin des temps, une obligation climatologique ; car, la vapeur d'eau atmosphérique ayant sensiblement diminué avec la diminution des mers, l'air s'était considérablement refroidi. Le plus important avait été désormais de capter les rayons solaires et de les conserver. Partout de hautes salles vitrées emmagasinaient la chaleur solaire. Les anciens édifices n'étaient plus que des ruines abandonnées." In: Camille Flammarion: La fin du monde. Paris. 1894. Dort im Kapitel IV. Online: https://www.ebooksgratuits.com/pdf/flammarion_fin_du_monde.pdf
- [12] In einer englischen Übersetzung heißt es zum klimatologischen Kältetod der Erde nach Flammarion: "“As to the time which must elapse before this reign of cold caused by the diminution of the aqueous atmosphere which surrounds the globe, I also would adopt the period of 10,000,000 years, as estimated by the speaker who preceded me. Such, ladies, are the stages of world-life which nature seems to have marked out, at least for the planetary system to which we belong. I conclude, therefore, that the fate of the earth will be the same as that of the moon, and that when it loses the airy garment which now guarantees it against the loss of the heat received from the sun, it will perish with cold.” In: Camille Flammarion: Omega: The Last days of the World. Dort die Seite 104. Übersetzung von: La fin du monde. Online: https://www.gutenberg.org/cache/epub/57489/pg57489-images.html
In einer fernen Zukunft wird die Erde wegen fehlenden Wasserdampfes in der Luft abkühlen. Unsere Nachfahren werden eines jämmerlichen Kältetodes sterben, so eine düstere Vision aus dem Jahr 1894.