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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Euklidische Geometrie

Mathematik

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Basiswissen


Als euklidische Geometrie im engeren Sinn bezeichnet man die Geometrie, wie sie von dem antiken griechischen Denker Euklid (3. Jh. v. Chr.) in seinem Buch „Die Elemente“ dargelegt wurde. Die euklidische Geometrie deckt sich im Wesentlichen mit der Alltagserfahrung von Menschen. Das ist hier kurz vorgestellt.

Die vier euklidischen Axiome


Euklids Werk „Die Elemente“ baut auf nur vier Grundannahmen, sogenannten Axiomen auf. Aus diesen vier Axiomen kann man dann alleine durch logische Schlüsse sehr viele weitere Aussagen und Lehrsätze entwickel. Diese Methode, aus Axiomen weitere Erkenntnisse sozusagen herauszuziehne nennt man auch Deduktion. Die vier euklidischen Axiome sind:

  • 1. Axiom: zwischen zwei Punkten im Raum gibt es nur genau eine kürzeste Verbindungsstrecke.
  • 2. Axiom: zu einer Geraden lässt sich durch einen gegebenen Punkt nur genau eine parallele Gerade zeichnen.
  • 3. Axiom: es gibt kongruente Flächen, sie lassen sich durch reine Verschiebung ohne Deformation zur Deckung bringen.
  • 4. Axiom: es gibt ähnliche Figuren: sie haben gleiche Winkel und unterscheiden sich maximal in ihrer Größe.

Ein euklidischer Raum


Ein Raum, in dem diese vier Axiome gelten nennt man auch euklidisch, oder auch einen ebenen Raum. Die Räume, insbesondere die 3D-Koordinatensysteme der Vektorrechnung aus der Schulmathematik sind überlicherweise solche euklidsche Räume. Siehe auch euklidischer Raum ↗

Die Erdoberfläche als nicht-euklidische Fläche


Ein großes und praktisch sehr bedeutsames Teilgebiet der Geometrie ist die sogenannte sphärische Geometrie: man betrachtet flache Figuren auf einer Kugeloberfläche. Hier gelten Euklids Axiome nicht mehr. So gilt zum Beispiel nicht mehr das erste Axiom, dass es nämlich durch zwei Punkte nur eine kürzeste Verbindungsstrecke gibt. Betrachtet man zum Beispiel den Nordpol und den Südpol auf einem Globus, dann sieht man, dass es unendlich viele gleich lange und kürzesten Verbindungsstrecken dazuwischen gibt. Siehe mehr dazu unter sphärische Geometrie ↗

Die Erdoberfläche als nicht-euklidischer „Raum“


Zeichnet man ein großes Dreieck auf der Oberfläche eines Kugel, etwa eines Globus', dann kann man nachprüfen, ob die Summe der Innenwinkel 180° ergibt. Dabei stellt man sich vor, man lebe selbst auf der Oberfläche der Kugel und messe Strecken und Winkel nur auf der Oberfläche. Genau so würden es zum Beispiel Landvermesser tun. Betrachtet man nun ein Dreieck mit dem Nordpol, der ostafrikanischen Stadt Mogadischu und einer der Galapagos-Inseln als Eckpunkte[9], so wird man feststellen, dass dieses Dreieck fast drei perfekt 90°-Winkel hat. Die Summe der Innenwinkel liegt damit bei etwa 270°. Die Erdoberfläche ist ein Beispiel für einen „Raum“ der nicht mehr der euklidischen Geometrie gehorcht.

Gilt eines oder mehrere der euklidischen Axiome nicht mehr, dann ist der betrachtete Raum, im Beispiel die Oberfläche der Erdkugel, kein euklidischer Raum mehr. Man spricht dann von einem gekrümmten Raum: die Oberfläche der Erde ist aus einer dreidimensionalen Welt aus betrachtet gekrümmt.

In der Relativitätstheorie von Albert Einstein wird nun unser dreidimensionaler Raum in noch höherdimensionalen Räumen betrachtet. Und innerhalb dieser höherdimensionalen Räume ist unser dreidimesionaler ein gekrümmter Raum ↗

Die Flucht in höhere Dimensionen


Markiert man, wie oben vorgestellt, zwei verschiedene Punkt auf der Oberfläche der Erde, dann kann es mehrere verschiedene gleich kurze kürzeste Verbindung zwischen ihnen geben. Das sieht man leicht ein, wenn man sich als Beispiel den Nord- und den Südpol wählt: jeder einzelne Halbkreis auf einem der Längengrade ist eine der unendlich vielen kürzestmöglichen Wege, um von einem der Pole zum anderen zu kommen. Solange wir gedanklich an Bewegungen und Strecken auf der Erdoberfläche gefesselt bleiben, ist die Geometrie nicht mehr euklidisch.

Nun aber stellen wir uns die Oberfläche der Erde eingebettet in eine dreidimensionale Welt vor. Der Verlust der euklidischen Axiome wird dann geheilt. So gibt es aus Sicht einer dreidimensionalen Welt nur eine einzige kürzeste Strecke zwischen dem Nord- und dem Südpol, nämlich geradewegs durch den Mittelpunkt der Erde. Und genauso geht der Gedankengang in der Relativitätstheorie, wenn man feststellt, dass unser Raum aus unserer Sicht gekrümmt sein soll. Man denkt ihn sich eingebettet in einer noch höhere Dimensionalität.[4]

Fußnoten


  • [1] Franz Serafin Exner: Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke Verlag. 1919. Hier vor allem das Kapitel 3: Die Euklidischen Axiome, Krümmungsmaß, mögliche Formen unseres Raume, unendlicher Raum. Siehe Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗
  • [2] Richard Feynman: Feymnan Vorlesungen über Physik. Band 2. Elektromagnetismus und Struktur der Materie. Oldenbourg Verlag. 2007. ISBN:978-3-486-58107-2. Hier das Kapitel 42 Der gekrümmte Raum. Siehe Feynman Lectures ↗
  • [3] Dieses extreme Beispiel ist näher betrachtet im Artikel zum von uns so genannten Galapagos-Dreieck ↗
  • [4] Die Erdoberläche ist gekrümmt und zeigt eine nicht-euklidische Geometrie, eine sogenannte sphärische Geometrie. Alternativ kann man sich die zweidimensionale Welt der Erdoberfläch e auch eingebettet in einen dreidimensionale Welt vorstellen. In diese 3D-Welt eingebettet, ist die Erdoberfläche wieder euklidisch zu deuten. "Non-Euclidean Geometry. I have been encouraging you to think of space-time as curved; but I have been careful to speak of this as a picture, not as a hypothesis. It is a graphical representation of the things we are talking about which supplies us with insight and guidance. What we glean from the picture can be expressed in a more non-committal way by saying that space-time has non-Euclidean geometry. The terms "curved space" and "non-Euclidean space" are used practically synonymously; but they suggest rather different points of view. When we were trying to conceive finite and unbounded space the difficult step was the getting rid of the inside and the outside of the hypersphere. There is a similar step in the transition from curved space to non-Euclidean space—the dropping of all relations to an external (and imaginary) scaffolding and the holding on to those relations which exist within the space itself. If you ask what is the distance from Glasgow to New York there are two possible replies. One man will tell you the distance measured over the surface of the ocean; another will recollect that there is a still shorter distance by tunnel through the earth. The second man makes use of a dimension which the first had put out of mind. But if two men do not agree as to distances, they will not agree as to geometry; for geometry treats of the laws of distances. To forget or to be ignorant of a dimension lands us into a different geometry. Distances for the second man obey a non-Euclidean geometry of two dimensions. And so if you concentrate your attention on the earth's surface so hard that you forget that there is an inside or an outside to it, you will say that it is a two-dimensional manifold with non-Euclidean geometry; but if you recollect that there is three-dimensional space all round which affords shorter ways of getting from point to point, you can fly back to Euclid after all. You will then "explain away" the non-Euclidean geometry by saying that what you at first took for distances were not the proper distances. This seems to be the easiest way of seeing how a non-Euclidean geometry can arise—through mislaying a dimension—but we must not infer that non-Euclidean geometry is impossible unless it arises from this cause. In our four-dimensional world pervaded by gravitation the distances obey a non-Euclidean geometry. Is this because we are concentrating attention wholly on its four dimensions and have missed the short cuts through regions beyond? By the aid of six extra dimensions we can return to Euclidean geometry; in that case our usual distances from point to point in the world are not the "true" distances, the latter taking shorter routes through an eighth or ninth dimension. To bend the world in a super-world of ten dimensions so as to provide these short cuts does, I think, help us to form an idea of the properties of its non-Euclidean geometry; at any rate the picture suggests a useful vocabulary for describing those properties. But we are not likely to accept these extra dimensions as a literal fact unless we regard non-Euclidean geometry as a thing which at all costs must be explained away." In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort im Kapitel "Gravitation - The Explanation". Die Seiten 157 und 158. Das Buch gibt es auch auf Deutsch Das Weltbild der Physik und ein Versuch seiner philosophischen Deutung ↗