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Bohrsches Atommodell

Quantenphysik

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Basiswissen


In diesem Modell aus dem Jahr 1913 bestehen Atome aus einem schweren, positiv geladenen Atomkern und leichten, negativ geladenen Elektronen, die den Atomkern ähnlich wie die Planeten die Sonne[6] auf geschlossenen Bahnen in einer gemeinsamen Ebene[8]. Bohr stellte sich dabei vor, dass mehrere Elektronen auf einem gemeinsamen Ring umlaufen können.[11]. Durch drei Postulate setzte Bohr innerhalb des Modells die klassische Physik teilweise außer Kraft. Er versuchte vor allem die Stabilität der Atome zu erklären.

Welches Problem versuchte Bohr zu lösen?


Die Stabilität der Atome: Ausgangspunkt für Bohrs Atommodell war die Atomvorstellung von Rutherford. Rutherford hatte mit seinem Goldfolienversuch gezeigt, dass Atome aus einem sehr schweren elektrisch positiven Kern (+) bestehen. Die sehr viel kleineren und elektrisch negativen (-) Elektronen schienen sich weit entfernt vom Kern aufzuhalten. Man nahm damals an, dass sich die Elektronen wie die Planeten um die Sonne auf Kreisbahnen bewegen, ein (falsches) Bild, das sich noch Jahrzehnte später erhielt.[3]

MERKSATZ:

1.0 Bohrs Ausgangspunkt war eine Art Mini-Sonnensystem.

Doch klassisch als Sonnensystem[6][8][11] gedachte Kreisbahnen von Elektronen würden kein stabiles Atom ergeben. Dafür gab es mehrere Gründe:

  • a) Auf einer Kreisbahn sich bewegende Ladungen würden nach den Gesetzen der klassischen Elektrodynamik ständig Energie abstrahlen. Damit würden sie letztendlich in den Atomkern stürzen.
  • b) „Kein Planetensystem, das den Gesetzen der Newtonschen Mechanik folgt, würde jemals nach dem Zusammenstoß mit einem anderen derartigen System in seine Ausgangskonfiguration zurückkehren. Aber ein Kohlenstoffatom zum Beispiel wird ein Kohlenstoffatom bleiben, auch nach dem Zusammenstoß mit andere Atomen oder nachdem es in einer chemischen Bindung mit andere Atomen in Wechselwirkung gestanden hat.“[3, Seite 8].

Wie kann es dann also sein, dass Elektronen ähnlich wie Planeten um den Atomkern kreisen, und dieses Gebilde am Ende stabil ist? Das ist die zentrale Frage, die das Bohrsche Atommodell zu lösen versuchte.

Wie löste Bohr das Problem der Atomstabilität?


Bohrs Lösung fasste der Quantenphysiker Werner Heisenberg kurz zusammen: „Die Erklärung für diese ungewöhnliche Stabilität wurde im Jahre 1913 durch Niels Bohr gegeben, indem er die Plancksche Quantenhypothese auf das Rutherfordsche Atommodell anwandte.[9] Wenn das Atom seine Energie nur um diskrete [gequantelte, sprunghafte] Energiebeträge ändern kann, so muß das bedeuten, daß das Atom nur in diskreten stationären[7] Zuständen existieren kann, deren energiemärmster eben der »normale« Zustand des Atoms ist. Deshalb wird das Atom nach irgendeiner Wechselwirkung wieder in diesen Normalzustand zurückfallen “[3, Seite 8].

MERKSATZ:

2.0 Bohr nahm an, dass es nur ausgewählte Energiezustände von Elektronen in Atomen gibt.

Nun ist das noch keine Erklärung, eher eine Festellung von beobachteten Tatsachen. Entsprechend bezeichnete Bohr sein Gedanken auch nicht als Theorie oder Erklärung sondern als Postulate, das heißt sinnvoll annehmbare Forderungen, wie etwas gedacht werden sollte. Bohr fasste seine Gedanken in drei solchen Postulaten zusammen.

1. Bohrsches Postulat


1. Dem Elektron stehen nicht alle klassisch möglichen Bahnen zur Verfügung, sondern nur bestimmte ausgewählte von ihnen. Auf diesen Bahnen erzeugt es keine elektromagnetische Strahlung, sondern behält seine Energie. Dies sind die stationären Zustände des Atoms.

2. Bohrsches Postulat


2. Das Elektron kann von einem stationären Zustand in einen anderen springen. Dieser als Quantensprung bezeichnete Vorgang liegt außerhalb des Gültigkeitsbereichs der klassischen Mechanik und der Elektrodynamik. Beim Quantensprung zwischen stationären Zuständen mit verschiedener Energie, den Energieniveaus, wird elektromagnetische Strahlung emittiert oder absorbiert. Dabei wird die Frequenz f der Strahlung nicht durch die Umlauffrequenz des Elektrons bestimmt, sondern ausschließlich durch die Energiedifferenz ΔE der beiden Zustände nach der von Max Planck für die Wärmestrahlung entdeckten Formel f = ΔE/h.

3. Bohrsches Postulat


3. Die Frequenz der erzeugten oder absorbierten Strahlung nähert sich der Umlauffrequenz des Elektrons an, wenn sich das Elektron im Anfangszustand nur langsam bewegt und in den energetisch nächstgelegenen Zustand springt.

Das Bohrsche Atommodell zwischen klassischer und Qantenphysik


Zur Zeit von Niels Bohr herrschte in der Physik noch das Weltbild der klassischen Physik vor: Teilchen bewegen sich auf kontinuierlichen Bahnen, sie haben jederzeit einen klar benennbaren Aufenthaltsort und Zuständsänderungen verlaufen auch kontinuierlich, das zeißt, zwischen zwei Zuständen werden sozusagen fließend unendlich viele Zwischenzustände eingenommen. Rutherford versuchte die Ergebnisee seine Goldfolienversuchs noch ganz in dieser klassischen Denkweise zu lösen. Damit brach der damals erst 27-jährige Bohr radikal. In einem Physikbuch[4] werden Bohrs Ausgangsgedanken dazu zusammengefasst:

  • a) Die negativ geladenen Elektronen bewegen sich so um den positiv geladenen Atomkern, dass ihre Fliehkraft der elektrostatischen Anziehungskraft des Atomkerns das Gleichgewicht hält.Wärend Rutherford jedoch die Elektronen auf beliebigen, nach den Gesetze dre Mechanikmöglichenkreisförmigen Bahnen sich bewegen ließ, gestattte oihnen Bohr nur den Aufenthalt auf ganz bestimmten Bahnen.
  • b) Das Gesetz der klassischen Elektrodynamik, nach dem Elektronen auf einer Kreisbahn ein elektromagnetisches Wechselfeld erzeugen, ist in der Atomhülle ungültig. Auf den Quantenbahnen bewegen sich die Atome ohne Energieverluste.
  • c) Die Elektronen können von einer Quantenbahn auf die nächste springen. Dabei ändert sich auch die Energiestufe des Atoms. Sprünge nach weiter außen benötigen eine Energiezufuhr, etwa durch die Absorption (Aufnahme) eines Lichtteilchens, auch Photon genannt. Bei Sprüngen nach innen, zum Atomkern hin, wird wieder ein Lichtteilchen frei gegeben.

Zwei verschiedene Frequenzen Photonen und Bahnfrequenzen


Im Bohrschen Atommodell kommen zwei Arten von Frequenzen vor: a) die Frequenzen ν (kleines ny) aufgenommener oder ausgesandter Lichtquanten, auch Photonen genannt, sowie b) die Frquenzen der Elektronen auf ihren vermeintlichen klassischen Umlaufbahnen, die sogenannten Bahn- oder Umlauffrequenzen. Man könnte nun denken, dass diese zwei Frequenzen auch von den Zahlenwerten her gleich sind. Das sind sie aber nicht: „in dem einfachsten Fall des Wasserstoffatoms konnte man […] aus der Bohrschen Theorie die Frequenzen des emittierten Lichtes berechnen, und die Übereinstimung mit den Beobachtungen war vollständig. Allerdings waren diese Frequenzen verschieden von den Bewegungsfrequenzen der Elektronen in ihren Bahnen […] diese Tatsache zeigte sofort, daß die Theorie noch voll von Widersprüchen steckte.“[3, Seite 9]. Die Frequenz der ausgesandten Photonen berechnet man mit der sogenannten Bohrschen Frequenzbedingung.

Die Bohrsche Frequenzbedingung


  • ΔE = h·ν
  • ΔE = h·c:l
  • ΔE = Eₙ-Eₘ

Legende:

  • Eₙ = die Energie des höheren Energiezustandes
  • Eₘ = die Energie des niedrigeren Energiezustandes

Wie wechseln Elektronen zwischen den Bahnen?


  • Es gibt die Vorstellung von Sprüngen, ohne Zeitbedarf.
  • Diese Vorstellung gilt heute als nicht mehr zutreffend.
  • Die Elektronen bewegen sich nicht auf Bahnen um den Atomkern.
  • Sie existieren eher als Wolken von Aufenthaltswahrscheinlichkeiten.
  • Ein Wechsel von Bahnen im Bohrschen Modell ist dann tatsächlich ein Wechsel der Form dieser Wahrscheinlichkeitswolken.
  • Ein solcher Wechsel ist stetig und braucht Zeit.

Die Erklärungskraft des Bohrschen Atommodells



Fußnoten


  • [2] Niels Bohr: On the Constitution of Atoms and Molecules, Part II Systems Containing Only a Single Nucleus. In: Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 476–502
  • [3] Werner Heisenberg: Quantentheorie und Philosophie. Reclam Universal-Bibliothek. 1983. ISBN:3-15.009948-X.
  • [4] Walter R. Fuchs: Moderne Physik. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching. Seite 106.
  • [5] "Today, we trace Bohr's rules to the fact that the proper quantum-mechanical description of electrons involves wave functions, the oscillation patterns of which are standing waves. The equations that govern electrons in atoms are similar to those for vibrations in musical instruments, which produce scales of distinct tones." In: F. Wilczek: The enigmatic electron.: Nature 498, 31–32 (2013). https://doi.org/10.1038/498031a
  • [6] Bohrs Atom als Sonnensystem: "Atome kann man sich nach NIELS BOHR modellmäßig als kleine Sonnensysteme vorstellen. Um einen positiv geladenen Kern (die „Sonne“) Kreisen auf vorgegebenen Bahnen die „Planeten“, in Form von Elektronen, deren jedes eine negative Ladung trägt." In: Krebs, A. (1968). Ionisierende Strahlen. In: Strahlenbiologie. Verständliche Wissenschaft, vol 95. Springer, Berlin, Heidelberg. Dort die Seite 13. https://doi.org/10.1007/978-3-642-88279-1_3
  • [8] Der Physiker und Nobelpreisträger Max Born bestätigt sinngemäß, dass Bohrs Atommodell saturnisch war. Born sprach von "ebenen Elektronenbahnen". In den 1960er Jahren kommentierte er rückblickend seinen Briefwechsel mit Albert Einstein aus dem Jahr 1921: "Waren vielleicht die Erfolge der Bohrschen Theorie beim Wasserstoff und in ähnlichen einfachen Fällen eine Art Zufall? Gab es vielleicht eine andere, bessere Theorie?" Born berichtet dann rückblickend weiter welches Ziel er mit dem jungen Werner Heisenberg verfolgen wollte: "wir suchten systematisch nach Fällen, wo die Bohrsche Theorie versagt und fanden einen solchen beim Heliumatom. (Andere Fälle hatte mir schon die Dynamik der Kristallgitter gegeben; Atomgitter aus Bohrschen Atomen mit ebenen Elektronenbahnen führten zu ganz falschen Kompressibilitäten." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort auf der Seite 91.
  • [9] Bohr war aber nicht der erste, der die Planck-Konstante für den inneren Aufbau von Atomen ins Spiel brachte. Bereits im Jahr 1910 vermutete der österreichische Physiker Arthur Erich Haas, dass die Planck-Konstante eine Rolle im inneren Aufbau von Atomen spielte. Arthur Erich Haas: Über die elektrodynamische Bedeutung des Planck'schen Strahlungsgesetzes und über eine neue Bestimmung des elektrischen Elementarquantums und der Dimension des Wasserstoffatoms. In: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Abt. IIa, Bd. 119, S. 119–144 (1910).
  • [10] Eine Folgerung, die Bohr aus seinem Modell zog, war, dass freie Elektronen ihre Energie nur in Paketen einer Mindestgröße an Elektronen in Atomen abgeben. Genau das sollte im Jahr 1914 der Franck-Hertz-Versuch auch bestätigen: "Experiments on the phenomena of X-rays suggest that not only the emission and absorption of radiation cannot be treated by the help of the ordinary electrodynamics, but not even the result of a collision between two electrons of which the one is bound in an atom. This is perhaps most clearly shown by some very instructive calculations on the energy of β-particles emitted from radioactive substances recently published by Rutherford. These calculations strongly suggest that an electron of great velocity in passing through an atom and colliding with the electrons bound will loose energy in distinct finite quanta. As is immediately seen, this is very different from what we might expect if the result of the collisions was governed by the usual mechanical laws. The failure of the classical mechanics in such a problem might also be expected beforehand from tile absence of anything like equipartition of kinetic energy between free electrons and electrons bound in atoms." Und: "two colliding electrons, bound or free, will, after the collision as well as before, be in mechanical states. Obviously, the introduction of such an assmnption would not make any alteration necessary in the classical treatment of a collision between two free particles. But, considering a collision between a free and a bound electron, it would follow that the bound electron by the collision could not acquire a less amount of energy than the difference in energy corresponding to successive stationary states, and consequently that the free electron which collides with it could not lose a less amount." Und als Ausdruck wissenschaftlicher Vorsicht: "The preliminary and hypothetical character of the above considerations needs not to be emphasized." In: Niels Bohr: On the Constitution of Atoms and Molecules, Part I. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf Seite 15. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf Seite 19. Siehe auch Franck-Hertz-Versuch ↗
  • [11] Bohr stellte sich seine Atome ähnlich einem Planetensystem vor: die Elektronen umlaufen den Kern in einer gemeinsamen Ebene: "Considering systems in which more electrons are bound by a positive nucleus, a configuration of the electrons which presents itself as a permanent state is one in which the electrons are arranged in a ring round the nucleus." Und: "Let us consider a ring consisting of n electrons rotating round a nucleus of charge E, the electrons being arranged at equal angular intervals around the circumference of a circle of radius a." Aber auch mehrere Ringe sind denkbar: "there may be stationary configurations of a system urn electrons and a nucleus of charge E in which all the electrons are not arranged in a single ring. The question, however, ot' the existence of such stationary configurations is not essential for our determination of the permanent state, as long as we assume that the electrons in this state of the system are arranged in a single ring." In: Niels Bohr: On the Constitution of Atoms and Molecules, Part I. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf Seite 15. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf den Seiten 20 bis 22. Siehe auch Saturnisches Atommodell ↗
  • [12] Die Bohrsche Vorstellung, dass mehrere Elektronen in einem gemeinsamen Ring angeordnet sind, ist jedoch nicht ohne Probleme: "The question of stability of a ring of electrons rotating round a positive charge is discussed in great detail by Sir J. J. Thomson. [J. Thomson, Phil. Mag. xxiii, p. 456 (1912)] An adaption of Thomson's analysis for the case here considered of a ring rotating round a nucleus of negligibly small linear dimensions is given by Nicholson [J. W. Nicholson, Month. Not. Astr. Soc. xxii. PP- 49, 189, 677, 693, 729 (1912)]. The investigation of the problem in question naturally divides in two parts : one concerning the stability for displacements of the Electrons in the plane of the ring; one concerning displacements perpendicular to this plane. As Nicholson's calculations show, the answer to the question of stability differs very much in the two cases in question. While the ring for the latter displacements in general is stable if the number of electrons is not great; the ring is in no case considered by Nicholson stable for displacements of the first kind." In: Niels Bohr: On the Constitution of Atoms and Molecules, Part I. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf Seite 15. Philosophical Magazine. 26, 1913, S. 1–25. Dort auf der Seite 23. Siehe auch Thomsonsches Atommodell ↗